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Innsbruck, deine Plätze … Munding-Platz

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Weil in ein paar Tagen Weihnachten ist, wollen wir uns heute dem in dieser Zeit weihnachtlichsten Platz in Innsbruck zuwenden. Der Mundingplatz, direkt im Herzen der Altstadt, gebildet von den Enden der Kiebach- und der Schlossergasse und erst seit kurzem benannt nach dem den Platz beherrschenden Café Munding, das vorzügliche süße Köstlichkeiten anbietet, ein schon seit 1803 bestehender Traditionsbetrieb der Innsbrucker Gastlichkeit ist. Ein nettes Café, dessen Einrichtung von Walter und Ewald Guth stammt, einem Architektenbrüderpaar, das unter anderem auch das Befreiungsdenkmal am Landhausplatz entworfen hat.

Das Haus, in dem sich das schöne alte Café befindet, ist übrigens das Wohnhaus der Innsbrucker Baumeisterfamilie Gumpp , die es um 1680 erworben und die Fassade neu gestaltet hat. Auffallend daran ein schönes Christophorusfresko von Toni Kirchmaier von 1932 und ein Medaillon mit einer Kopie des berühmten Mariahilfbildes von Lukas Cranach im Innsbrucker Dom. Die reich mit Butten und Ornamenten verzierte Fassade zählt sicher zu den schönsten aus der Barockzeit, die Innsbruck zu bieten hat.

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Gehen wir die Kiebachgasse ein kleines Stück hinunter, dann stoßen wir auf ein weiteres schönes Haus mit einer stattlichen barocken Fassade. Es ist das Gebäude der ehemaligen Theresianischen Normalschule, die darin in den Jahren 1769-1878 bestand und wohl eine der ersten Innsbrucker Schulen war . Es war ja die die Zeit Kaiserin Maria-Theresias, die bekanntlich die Allgemeine Schulpflicht in Österreich eingeführt hat. Später wurde das Gebäude als evangelisches Pfarrhaus verwendet. Das Haus besitzt einen schönen Innenhof mit schönen barocken Treppen und verglasten Holzbalkonen und einem Renaissancebrunnen, der wahrscheinlich von Christoph Gumpp stammt. Auf alle Fälle sehenswert!

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Im Gebäude ist auch eine Kapelle, die noch aus der Zeit der Theresianischen Schule stammt, später als erste Innsbrucker evangelische Kirche diente, 1905 leider profaniert wurde und daher nicht mehr besichtig werden kann. Sie war die erste protestantische Kirche, ehe sie geräumt und als Schlosserwerkstätte eingerichtet wurde, als welche sie noch heute dient. Lediglich das Kuppelfresko von Franz Anton Zeiler – einem bekannten Tiroler Barockmaler – ist noch erhalten, wenn es auch von einer im 19. Jahrhundert im Zuge der Profanierung der Kirche eingefügten  Zwischendecke abgedeckt wurde und daher nicht mehr zu sehen ist.

Ein reizendes Türmchen mit einem Zwiebelhelm, das an der Rückseite des Hauses, von der Schlossergasse aus, noch zu sehen ist, zeugt noch von dem früheren Sakralbau, und ein interessantes Madonnenfresko, das über das Leben der engen Gasse wacht, in der früher viele Handwerksbetriebe waren. Über deren Tätigkeiten geben an der Fassade angebrachte gemalte Bildtafeln Aufschluss.

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Kehren wir wieder auf den Platz zurück und wenden wir uns dem sich gegenüber dem Café Munding befindenden Torturm zu, Einer der wenigen, die Innsbruck noch hat. Es ist der Ansitz Kolbenturm, und er stammt aus dem 14. Jahrhundert. Interessant ist seine Fassadengestaltung. Auf seiner Westseite ist sie im Stile der Renaissance gestaltet, und auf seiner Ostseite mit barocker Architekturmalerei, was beim Queren des Durchgangs den Eindruck erweckt, man würde durch ein Jahrhundert gehen.Immerhin ist der Kolbenturm bereits auf Albrecht Dürers bekannter Ansicht von Innsbruck verewigt.

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Was diesem Straßengeviert einen zusätzlichen malerischen Eindruck verleiht, sind die schönen Wirtshausschilder, die von der Innsbrucker Gastlichkeit künden, die aufgrund des Wirtshaussterbens in den letzten Jahren leider nicht mehr so ist wie sie einmal war. Erinnert sei hier nur an den Gasthof Hirschen, der erst kürzlich zu einem Wohnhaus umgebaut wurde, aber sein schönes Schild aus dem 17 Jahrhundert prangt noch an seiner Erkerfront. Aber auch das Café Munding besitzt ein sehr originelles Schild. Es zeigt wohl einen Konditorjungen mit einer Palette Kuchen.

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Aber nicht nur Altes Historisches begegnet uns auf unserem Rundgang, wir sind vielleicht überrascht auch immer wieder auf kleinere Spuren der Moderne in diesem Alt-Innsbrucker Geviert zu entdecken, wie eben die Einrichtung und ein Fresko im schon erwähnten Café Munding oder eine kleine Galerie nicht weit davon entfernt. Voll in Beschlag nimmt sie uns wenn wir durch das Tor des Kolbenturms wieder zurückgehen hinaus in die belebte Herzog-Friedrich-Straße, und dann überrascht vor dem doch sehr gelungenen Umbau des  Einwallerhauses stehen. Der Umbau erfolgte 2001 nach Plänen der Architekten Dieter Mathoi und Jörg Streli, und hatte damals sicher zu lebhaften Diskussionen geführt.

Ich finde ihn einen durchaus interessanten Ansatzpunkt für einen modernen Geschäftsumbau am Eingang der Altstadt, der ja schon viel früher immer wieder durch der jeweiligen Zeit entsprechenden Um- und Neubauten sein Gesicht verändert hat. Man erinnere sich nur an die noch in vielen Innsbruck-Publikationen abgebildeten ursprünglichen geschwungenen pylonenartigen Fassaden der beiden Häuser am Beginn der Herzog-Friedrich-Straße, die dort noch im 19. Jahrhundert zu sehen waren.

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So überlassen wir uns am Ende unseres Rundgangs der winterlichen Melancholie an einem der vielen Glühweinstände des Innsbrucker Christkindlmarktes, lassen uns von den riesenhaften Märchengestalten am und um den Mundingplatz in unsere eigene angstbesetzte Kindheit zurückbeamen oder gehen doch gleich zurück ins schöne Café Munding und genehmigen uns dort eine der vielen Torten oder sonstigen Leckereien und trinken dazu einen Verlängerten, genießen den Tag. im Sinne des Carpe diem!

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Helmut Schiestl

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