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Innsbruck, deine Plätze … Claudiaplatz

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Wohl einer der schönsten Plätze Innsbrucks, wenn nicht der schönste, aber das ist ja wie immer Geschmacksache. Jedenfalls ein Platz, der nach einer Frau benannt ist, was meines Wissens in Innsbruck auch einzigartig ist, nicht mal die berühmte Margarethe Maultasch, ehemals Gräfin von Tirol hat es in Innsbruck zu einem Platz gebracht, aber da war Innsbruck ja auch noch nicht Hauptstadt Tirols. das wurde es ja erst 1420 als Sitz der Landesfürsten, und erst 1859 eigentlich Hauptstadt der damaligen Grafschaft Tirol.

Die Namensgeberin dieses Platzes, dem wir uns heute widmen wollen, ist die Tiroler Landesfürstin Claudia von Medici. Sie war die Tochter des Großherzogs der Toskana, Ferdinando I. und heiratete 1626 den Tiroler Landesfürsten Leopold V., dem Innsbruck etwa dem Leopoldsbrunnen und den Hofgarten, so wie wir ihn heute kennen, verdankt. Sie brachte wohl so etwas wie „italienisches Lebensgefühl“ nach Innsbruck, den Geist der Renaissance zumindest, von dem sie in Florenz geprägt worden war. Die Jesuitenkirche wurde unter ihrer Ägide fertig gebaut und die Ausstattung des schönen Claudiasaals im Palais Claudia, dem ehemaligen Sitz der Landesregierung, wurde von ihr veranlasst. Das damalige Hoftheater wurde unter ihrer Regentschaft zu einem Hotspot italienischer Opernkultur.

Da ihr Mann, Leopold bereits nach fünf Jahren starb, und ihr Sohn noch unmündig war, wurde sie selbst Regentin des Landes, und regierte mit Hilfe des Kanzlers  Wilhelm Biener. auch das damalige Vorderösterreich. Trotz des von der Herrscherin gepflegten barocken opulenten Lebensstils war diese Zeit für das sogenannte „gemeine Volk“ alles andere als ruhig. und beschaulich. Es war die Zeit des Dreißigjährigen Krieges.  Es herrschten für den Großteil der Bewohnerinnen und Bewohner des Landes Not und Elend, religiös verbrämte Auseinandersetzungen, die von der Glaubensüberzeugung des jeweiligen Herrschers abhingen.

Nun was den Platz so schön macht, ist einmal die Anlage, es ist ein schöner runder Platz, von dem mehrere Straßen weggehen, und die ihn umgebenden Häuser sind eigentlich alle aus der Gründerzeit und Jugendstil , und zwar vom Feinsten, was in dieser Zeit in Innsbruck gebaut worden ist. Interessant ist vielleicht auch der Umstand, dass der Platz weder über ein Denkmal noch einen Brunnen verfügt, sondern lediglich einen bewachsenen Leitungsmasten. So gesehen könnte man diesen Platz auch als Platz der Elektrizität nennen. 1930 hatte der Platz auch schon einen neuen Namen bekommen. Er hieß damals Hindenburgplatz, nach dem damaligen deutschen Reichspräsidenten. 1945 wurde das wieder rückgängig gemacht und der Claudiaplatz bekam wieder seinen alten Namen zurück.

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Gehen wir ein Stück weiter die dem Platz mündende Claudiastraße hinunter, so stoßen wir bald mal auf ein mächtiges Gebäude, das durchaus als Landhaus oder Rathaus durchgehen könnte, wäre es nicht so dezentral gelegen. Es ist das Gebäude der ehemaligen K.u.K.  Staatsbahndirektion und heutigen Bundesbahndirektion und vermittelt wohl den Eindruck, staatlicher Opulenz. War die Eisenbahn in den Zeiten der Monarchie noch das weitaus wichtigste Verkehrsmittel auf dem Lande.

Fertig gestellt wurde dieses nach Plänen des Wiener Architekten Starelka errichtete Gebäude, 1898 und ist ein dreiflügeliger Monumentalbau, ähnlich wie das alte Gerichtsgebäude oder die ehemalige Hauptpost. Auch das Innere verfügt über reich dekorierte Treppenhäuser und Marmorstiegen, einen Sitzungssaal mit reichhaltiger Ausstattung aus dem sogenannten zweiten Rokoko oder Neurokoko , eine Stil-Epoche in der zweiten Hälfte des Neunzehnten Jahrhunderts.

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Gehen wir nochmals zurück zum Claudiaplatz, und dann Richtung Norden die Conradstraße – benannt nach dem Feldherrn des Erste Weltkrieges, Franz  Graf Conrad von Hötzendorf – so zieht uns bald mal ein wunderschönes Jugendstilhaus in seinen Bann: Es trägt die Hausnummer 6 und wurde von Baumeister Josef Mayr für den Pflastermeister und Porphyrwerksbesitzer Josef Leutsch errichtet und ist sehr stark an die Jugendstilhäuser von Otto Wagner in Wien orientiert. Für mich eines der schönste Jugendstilhäuser Innsbrucks. Besonders zur Zierde gereichen dem Haus ein schöner Balkon mit einem reizvoll verzierten Gitter  und ein schön geschwungenem terrassierten Giebelvorbau. Auch das Innere des Hauses kann sich sehen lassen. Ein wunderschönes Treppenhaus mit Marmortreppe zeugt wohl vom Reichtum seiner ehemaligen Besitzer.

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Nicht zuletzt aber hatte es auch einen bekannten Bewohner, und zwar den aus der Steiermark stammenden Nobelpreisträger für Physik Viktor Franz Hess, den Entdecker der kosmischen Höhenstrahlung, der in den Jahren 1931 bis 1937 an der hiesigen Universität lehrte, ehe er 1937 an die Universität Graz berufen wurde. Auf dem Hafelekar hatte er eine Forschungsstation betrieben, in der er seine Forschungen betrieb. Eine Gedenktafel an eben diesem Haus erinnert an seinen wohl berühmtesten Bewohner.

Und noch einen berühmten Sohn der Stadt hat diese Straße aufzubieten. Ein paar Häuser weiter findet sich das Geburtshaus des später in Italien zu Ruhm gekommene Mathematikers Bruno de Finetti, der 1906 in einem Haus dieser Straße geboren wurde und die ersten Jahre seiner Kindheit hier verbracht hatte, ehe seine Eltern mit ihm 1910 nach Trient gezogen waren. Finetti machte sich dann an der Universität Rom auf dem Gebiet der Wahrscheinlichkeitsrechnung einen Namen. Er gehört zu den Begründern der sogenannten Subjektiven Wahrscheinlichkeit. Kurz besagt diese Theorie, dass es keine objektive Wahrscheinlichkeit gibt, da alle Wahrscheinlichkeiten nur Produkte unserer unzureichenden Information sind. Das klingt schon sehr nach dem sogenannten Laplacesche Dämon. Wir sehen schon, dass wir uns hier auch in einer Wiege Innsbrucker Geistes- und Wissenschaftsgeschichte befinden. Inspirieren diese vielen schönen Häuser und die mächtigen Baumreihen doch zu vielen Ideen und Spekulationen.

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Wenden wir uns noch mal dem Platz und lassen wir unseren Blick über die schönen Häuserfassaden des sogenannten „Blocksaggens schweifen. Die vielen Türmchen und Giebel, die da ein nach rückwärts gerichteter Bürgersinn errichten ließ, rückwärts in eine längst untergegangene Zeit. Und wird uns nicht gerade jetzt in diesen Tagen, wo so viel vom Ersten Weltkrieg, der vor hundert Jahren begonnen hat, und der eben das unwiderrufliche Ende eben dieses „bürgerlichen Zeitalters“ eingeleitet hat, erst bewusst, dass auch viel Schönes darin seinen Anfang und vielleicht auch seine frühe Vollendung fand.

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So, und wenn wir jetzt müde geworden sind vom vielen Schauen und Entdecken, dann gönnen wir uns doch eine Rast und ein gutes Essen im nahe gelegenen Gasthaus Lewisch. Eines der wenigen noch alten Innsbrucker Gasthäuser mit einer schönen Stube und einer netten Atmosphäre. Allerdings hat es bis 1. September wegen Urlaub geschlossen.

Quellen: Josefine Justic. Innsbrucker Straßennamen. Woher sie kommen und was sie bedeuten. Tyrolia Verlag. Innsbruck, 2012.

Gertraud Pfaundler-Spat: Tirol Lexikon. Sudien Verlag Innsbruck 2005

Felmayer , Johanna : Die profanen Kunstdenkmäler der Stadt Innsbruck. 1986 . (Österreichische KUNSTTOPOGRAPHIE . Bd . 38 . ) Verlag Schroll. Wien 1972 :

Helmut Schiestl

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