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Braucht die Universität Innsbruck einen „Künstlernamen“ aus dem Vormärz?

 

 

 

 

 

 

An 350 Tagen dieses Jahres erinnert die Universität in Innsbruck an ihre 350jährige Geschichte. Seit dem Vormärz (1826) trägt sie den „Namen ihrer beiden Gründer: Leopold-Franzens Universität Innsbruck“. Einen Unterbruch in dieser Namensgebung hat es 1941 bis 1945 unter dem NS-Regime gegeben. In dieser Zeitspanne nannte sich die „Leopold-Franzens Universität“ „Deutsche Alpenuniversität“.

Die Titulatur nach innen und außen hat sich für Rektor und Dekane der Universität, wie sollte es anders sein, seit der Habsburgischen Herrschaft nicht geändert. Die Eindeutschung von „Rector Magnificus“ und „Spectabilis“ haben sich die „Herrlichkeiten und Ehrwürden“ in der Nazizeit ersparen können, gehörten sie doch zu den Repräsentationsfiguren auch dieses Systems.

Was will die Universität Innsbruck heute mit ihrer allumfassenden Erinnerung an die habsburgischen Kaiser Leopold I. (1640-1705) und an Kaiser Franz II. (I.) (1768-1835) aussagen? Gut, Leopold I. hat 1669 die Errichtung einer Universität in Innsbruck genehmigt. Aber im selben Jahr hat er als wahrhaft römisch katholischer Herrscher die Vertreibung der Juden aus Wien angeordnet.

In dieser Gesinnung war die neue universitäre Bildungseinrichtung in Innsbruck als römisch katholische Schule ausschließlich zum Erhalt und Ausbau der führenden Klasse gedacht. Die aus der bäuerlichen und kleinbürgerlichen Bevölkerung rekrutierten Studenten hatten der Ergänzung des Apparats im Dienste der habsburgischen Herrschaft zu dienen, jedenfalls nicht der Förderung der Wissenschaft.

1702 hatte die Errichtung der jesuitischen Universitätsfakultäten für Theologie und Philosophie in Breslau („Leopoldina“) durch Leopold, der in Ungarn die Protestanten grausam verfolgen ließ, dieselbe Zielsetzung (bis 1773). Und Kaiser Franz II. (I.), der zweite „Gründer“, ließ sich 1826 nolens volens aus Staatsräson zu einer Wiedererrichtung der Universität Innsbruck nach ihrer Aufhebung durch die Bayern herab. Er selbst war gegenüber der Wissenschaft misstrauisch und feindlich eingestellt.

Franz II. (I.) verlangte Demokraten zu köpfen, was auch geschehen ist, und er forcierte, wie das u. a. die jüdische Historikerin Eva Priester in der englischen Emigration festgehalten hat, einen Feldzug des Staatsapparats gegen die ganze Intelligenz. Schwamm darüber, meint die Innsbrucker „Leopold-Franzens Universität“. Oder doch eine in Wendezeiten gefällige Tradition?

Gerhard Oberkofler

 

Foto: https://www.facebook.com/uniinnsbruck/

Gast

2 Comments

  1. Lux aeterna luceat eis

    Aus Anlass und in Ergänzung eines Leserbriefes des Rektors der Universität Innsbruck Univ. Prof. i. R. Dr. Dr. h. c. mult. Tilman Märk in der TT vom 11. März d. J. zur „Aufarbeitung“ der universitären Ehrungspolitik seiner Universität bringen wir einen Auszug aus dem Büchlein von Gerhard Oberkofler: Universitätszeremoniell. Ein Biotop des Zeitgeistes. Passagen Verlag 1999.

    Vorausgeschickt sei die Bemerkung, dass Hanns Martin Schleyer in der schwarzen Uniform der SS an der Universität Heidelberg Kameradschaftsführer im Corps Suevia war, mit den deutschen Besatzungstruppen nach Innsbruck gekommen ist, um hier in enger Zusammenarbeit mit dem SD Heinrich Himmlers an der Universität Innsbruck das Studentenwerk aufzubauen. In Innsbruck promoviert (1939) richtete Schleyer im Auftrag von Reinhard Heydrich in Prag das Präsidialbüro des Zentralverbandes der Industrie für Böhmen und Mähren ein und hat sich 1940 in seiner Anhänglichkeit an Innsbruck Zeit genommen, um in Innsbruck im Auftrag des Reichsstudentenführers den Innsbrucker Kameradschaftsführern eine Urkunde zu verleihen mit der Begründung: „Besonders die Studenten der Ostmark waren es, die den Kampf [Georg Ritter von] Schönerers um ein judenfreies Deutschland unterstützten und die Rassenfrage erkannten. Im Andenken dieses Mannes, immer besonders aktiv für die Bewegung einzutreten, wird stets heilige Pflicht der Angehörigen dieser Kameradschaft sein“ (Innsbrucker Nachrichten vom 26. Februar 1940). Schleyer war in Prag einer der letzten SS Kampfkommandanten und hat sich dann in Westdeutschland rasch wieder etablieren können.

    >Der Akademische Senat [der Universität Innsbruck] befasste sich in seiner Sitzung am 12. Februar 1970 mit der vom Deutschen Freundeskreis eingeforderten Ehrung für Hanns Martin Schleyer aus Anlass der 300-Jahrfeier des Bestehens der Universität. Nur wenige Wochen später, am 24. März 1970, findet sich in den Protokollen desselben Senats die lakonische Ablehnung einer vom österreichischen Unterrichtsministerium angeregten Gedenkfeier am 27. April 1970 aus Anlass des 25-jährigen Bestandes der Zweiten Republik. Die zeitliche Nähe beider Entscheidungen mag zufällig sein, nicht zufällig ist die beiden Entscheidungen zugrundeliegende geistige Haltung der Universität. Das staatsbürgerliche Pflicht- und Treueverhältnis zur demokratischen, unabhängigen, souveränen und neutralen Republik Österreich wird an der Universität nicht als eine vorrangige Aufgabe angesehen. Deshalb war sie auch bereit, an ihre schon in die Vergessenheit gedrängte großdeutsche Vergangenheit anzuknüpfen und einen der Totengräber von Österreichs Unabhängigkeit im Jahre 1938 zum Ehrensenator zu promovieren. Seit 1973 war Schleyer dann auch Vorsitzender des Deutschen Freundes- und Fördererkreises der Universität, am 19. Oktober 1977 wurde er von RAF-Mitgliedern ermordet; seither gilt eine historisch-politische Analyse seiner Deutschen Biographie als pietätlos. Rektor [Franz Fliri] und Prorektor [(Otto Muck SJ] der Universität eilten nach Stuttgart in die römisch-katholische Kirche St. Eberhard und sangen dort wohl auch das im Programm angekündigte „Lux aeterna luceat eis, Domine: Cum Sanctis tuis in aeternum“ mit. Der amtierende stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Freundes- und Förderkreises Eberhard von Brauchitsch, persönlich haftender Geschäftsführender Gesellschafter der Friedrich Flick KG, machte bei Gelegenheit der Aussendung seiner Trauerrede bei der erweiterten Mitgliederversammlung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände am 14. Dezember 1977 in der Stadthalle Bonn – Bad Godersberg Mitteilung, daß dem Rektor der Universität von seiten des Schatzmeisters des Freundeskreises, des Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Bayerischen Vereinsbank Dr. Werner Premauer ein Betrag von DM 50.000.- z. b. V., also für besondere Aufgaben zur Verfügung gestellt wurden. Der Name von Eberhard von Brauchitsch ist in der Presse im Zusammenhang mit der Bestechung politischer Parteien bekannt geworden, jenes eines anderen Mitgliedes dieses exklusiven Kreises, des Mitgliedes Karl-Heinz Imhausen, durch Giftgaslieferungen in den arabischen Raum.
    Für die Universitätsführung zählen andere Dinge. In seinem an die „Sehr verehrten, lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität Innsbruck in allen Funktionen und Bereichen“ adressierten Bericht über das Studienjahr 1996/97 greift der Rektor [Christian Smekal] aus der Vielfalt der Ereignisse die Feier zum 75. Geburtstag des Deutschen Freundes- und Förderkreises der Universität Innsbruck am 14. Juni 1997 heraus:
    „Seit 1922 unterstützt dieser Freundeskreis unsere Universität in materieller und ideeller Weise […]“.

    Im Nachtrag zu dieser Textpassage sei noch erwähnt, dass Hanns Martin Schleyer also am 3. Juni 1970 vom 300-Jahrjubelrektor der Innsbrucker Universität Emerich Coreth SJ die Kette eines Ehrensenators umgehängt erhalten hat. Und Rektor Christian Smekal war nicht nur Kolumnist der Krone, sondern auch viele Jahre Vorsitzender des Universitätsrates und naturgemäß hat er den Universitäts-Ehrenring erhalten. Er so wie sein Nachfolger Hans Moser, ebenfalls Träger der höchsten Universitätsauszeichnung, haben universitätsgeschichtliche Arbeiten von Oberkofler als „schädlich“ für die Universität Innsbruck eingeschätzt – sie war eben die „ihre“. Wer sich mit Schleyers Ehrung befassen will, muss sich auch und vor allem mit dem zeitbedingten historischen Denken der führenden Universitätskader befassen. Der Artikel auf der homepage der Innsbrucker Universität verharmlost die Verantwortung der Innsbrucker Universität:
    https://www.uibk.ac.at/universitaet/profil/geschichte/ehrungen-biografien/schleyer.html

  2. Und ich dachte immer, Leopold Franzens wäre der erste Hausmeister der Uni Innsbruck gewesen, der immer so fleißig und unermüdlich nach den Unifestln aufgeräumt hat und auf diesem Wege für seine Dienste geehrt wurde. 😉

    Aber Scherz beiseite: Ja gut, die beiden Kaiser mögen insgesamt keine Guten gewesen sein (bzw. waren sie das nicht, sondern haben sich so einiges geleistet, das mittlerweile zu Recht kritisch gesehen wird).

    Andererseits _haben_ sie die Uni gegründet, und aus der ist über die Jahre (bzw. Jahrhunderte) insgesamt was ganz gutes geworden, insofern könnte man den Namen mit einigem Pragmatismus als durchaus legitimes „to give credit where credit is due“ auffassen.

    Denn was würde sich konkret durch eine Umbenennung ändern?
    Wohl nicht wirklich viel, denn eine Uni macht ja vor allem das aus, was dort gelehrt wird und wie dort gelehrt wird. Und welchen Namen eine Uni trägt, ist dafür wohl allgemein von eher untergeordneter Bedeutung.

    Daher denke ich, man kann den Namen ruhig lassen und es wäre meiner Meinung nach z.B. wesentlich sinnvoller, die beiden (Neu-)Gründer jeweils prominent entsprechend kritisch zu würdigen.
    Zum Beispiel durch einen erläuternden Text auf der Homepage und/oder in zentralen Bereichen wie dem Haupteingang etc. oder eventuell auch, indem man z.B. im ersten Semester eine freiwillige Vorlesung anbietet, durch die den Studentinnen und Studenten die Möglichkeit geboten wird, mehr über die Geschichte und Entwicklung „ihrer“ Uni zu erfahren.

    Denn Namen sind letztendlich immer auch zu einem nicht unbeträchtlichen Teil nur „Schall und Rauch“, d.h. sie haben in der Regel eher wenig Einfluß darauf, wie gut oder schlecht eine Universität ist. Außerdem besteht bei einer Umbenennung aus „weltanschaulichen“ oder „politischen“ Gründen (ich nenn das jetzt mal einfach so) immer auch ein wenig das Risiko, dass man sich damit dann zufrieden gibt und damit dann eventuell wichtigere Faktoren leichter mit dem Verweis darauf abgetan werden können, dass „man ja eh was getan hat“.

    Just my 2 cents.

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