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„Die neue Einsamkeit“ – ein Sexspiel in (oder mit) 3 Akten

Alle Figuren im Stück „Die neue Einsamkeit“ von Martin Kolozs lassen im Laufe der nicht viel länger als einstündigen Handlung (fast) alle Hüllen fallen – dabei werden nicht nur ihre jungen nackten Körper zur Schau gestellt, sondern auch psychische Abgründe tun sich mehr und mehr auf.

 

Das Ehepaar Paul und Helen hat nach langjährigem Ehetrott die sexuelle Eintönigkeit satt und sich darauf geeinigt, seiner Beziehung durch „New Monogamy“ neuen Schwung zu verleihen – schon seit Monaten erlauben sie sich gegenseitig Seitensprünge mit wechselnden Bekanntschaften oder vertrauten SpielgefährtInnen – ausgefallene Regeln, wie zum Beispiel, dass trotz allem immer zu Hause beim Ehepartner übernachtet werden muss, sollen das Experiment kontrollierbar machen. Garett und Stella, bevorzugte Sexualpartner von Helen und Paul, haben sich bereits getrennt um den erotischen Freiraum voll und ganz ausnutzen zu können. Liz, die dritte Dame im Kreise, treibt es am liebsten zu dritt, von gesellschaftlicher Pseudo-Moral hält sie rein gar nichts.
 
Reicht zügellose Leidenschaft aber aus, um glücklich zu sein? Es lässt sich erahnen, dass die Probe aufs Exempel dazu verdammt ist, aus den Fugen zu geraten, vor allem, als sich ein religiöser Fanatiker als vermeintlicher Seelentröster einmischt …
 
Ich habe mit Grigory Shklyar, der „Paul“ spielt, ein paar Worte über seine Rolle, die Thematik des Stücks und den besonderen Raum, in dem „Neue Einsamkeit“ aufgeführt wird, gewechselt.
 
Worum geht es in dem Stück?
 
Ich glaube, in der „Neuen Einsamkeit“ geht es vor allem um Egoismus und Arroganz, die ihren Ursprung zu einem gewissen Teil in der Übersättigung mit dem Wohlstand haben. Es treffen im Stück Leute aufeinander, die eigentlich alles haben sollten, um glücklich zu sein, doch sie können es nicht. Sie wollen immer was Neues, sie wollen immer mehr. Und das führt natürlich zu Problemen, die das Stück eben thematisiert.
 
Sind das deiner Meinung nach aktuelle Probleme unserer modernen Gesellschaft, die in der „Neuen Einsamkeit“ aufgegriffen werden?
 
Auf jeden Fall. Die Figuren sind Wohlstandskinder, die mit ihrem Wohlstand (das bezieht sich jetzt nicht unbedingt auf die Geldsummen auf ihren Konten) nicht umgehen können. Sie alle werden mehr oder weniger zu rücksichtslosen Sozialkrüppeln mit einem Selbstzerstörungsdrang. Durch ihren Umgang miteinander werden diese Probleme thematisiert, wobei ich nicht sagen würde, dass das unbedingt nur Probleme unserer heutigen Gesellschaft sind. Bereits Tschechow und auch Autoren vor ihm verarbeiteten ähnliche Situationen in ihren Werken.
 
Was fasziniert dich an der Rolle „Paul“?
 
Von allen Figuren im Stück ist Paul wohl das größte Arschloch, auch wenn es ihm selbst meist nicht bewusst ist. Und ein solches Arschloch zu spielen hat mich fasziniert, vor allem weil sein Charakter das völlige Gegenteil von meinem ist.
 
Das Stück wird im Friedbergs, einem Innsbrucker Bogenlokal, aufgeführt. Das einzige, das sich etwas vom Barraum abhebt, ist eine weiße Treppe. Wie ist es, auf einer Bühne zu spielen, wo die Distanz zum Publikum praktisch auf Null geschrumpft ist?
 
Es ist eine sehr interessante Erfahrung, vor allem weil wir ja ohne Publikum geprobt haben. Und dann bei der Premiere war der Raum plötzlich pumpvoll, überall Menschen, die etwas trinken, knabbern, sich unterhalten. Als wir gespielt haben, war es natürlich ruhiger, aber man konnte trotzdem schwer einschätzen, ob man laut genug ist, ob alle Zuschauer alles sehen können. Interessanterweise hat sich bei mir nach ein paar Sekunden ein Zustand eingestellt, in dem ich das Publikum „ausschalten“ konnte. Es war natürlich da und die Energie, die unbedingt notwendig ist, hat sich auch übertragen, und trotzdem war ich nicht in der Friedbergs-Bar, sondern in einem Hotelzimmer, in Pauls Wohnung, etc. Es ist aber auf jeden Fall so, dass je mehr Publikum im Raum sitzt, desto leichter einem das Spielen fällt.
 
Die Altersempfehlung für die Zuschauer dieses Stücks liegt bei mind. 16 Jahren. Hältst du das für gerechtfertigt?
 
Durchaus, auch wenn man sie vielleicht als eine Art „Marketinggag“ sehen kann.
 
Was dürfen sich die Zuschauer von den letzten drei Aufführungen erwarten?
 
Einerseits spielt sich das Ensemble natürlich ein, andererseits ist man durch die sinkende Nervosität wieder bereit etwas Neues ausprobieren, mehr Nuancen hineinzubringen. Und die Energie, mit der gespielt wird, hängt natürlich direkt von den Zuschauern ab, sie sind schließlich das Wichtigste im Theater!
 
Vielen Dank für das Gespräch.
 
„Die neue Einsamkeit“ wird noch heute Abend (06.11.), am 13.11. und am 20.11. im FRIEDBERGS Bar/Lounge/Events, Viaduktbogen 50, Innsbruck, um 20.15 Uhr gezeigt (Einlass ab 19.45 Uhr).
 
Regie: Lukas M. Coser und Christian Reiter
Mitwirkende: Grigory Shklyar, Sabrina Zacsek, Matthias Neu, Danica Beil, Andrea Grimm, Thomas Werth
Maske: Julia Kotter
 
Foto: Theaterschmiede Creartiv
 
 

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Anja Larch

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