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Kritik: „Aschenputtel“ und „Aschengrau“

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Das Tiroler Konservatorium präsentiert die Märchenoper Aschenputtel von Andreas Trenkwalder und das Operical Aschengrauenvon Andrea Oberparleiter – die Anfänge sind vielversprechend.

Freies Theater Innsbruck – die Bühne teilt eine transparente Leinwand, dahinter das Orchester mit Dirigent Dorian Keilhack. Davor eine minimalistisch ausgestattete Bühne: ein Tisch, zwei Stühle, eine angedeutete Küche.

Aschenputtel
Die Geschichte wohlbekannt: Aschenputtel betrauert den Tod ihrer Mutter und wird als Haushälterin von der bösen Stiefmutter und den zwei Stiefschwester tyrannisiert. So klassisch wie die Geschichte beginnt auch die Märchenoper. Aschenputtel in grau gekleideten Lumpen schrubbt die Küche und beklagt den Tod ihrer Mutter.

Dann erscheinen die Stiefschwestern, zwei neongekleidete Hipster-Supergören mobben Aschenputtel, welche die Erniedrigungen leidend über sich ergehen lässt, während die Schwestern obendrein noch alles mit dem Smartphone dokumentieren.

Der Anfang wirkt erfrischend aktuell jedoch als die Stiefmutter, in billig schwarzes Lackleder und schwarzblaue Faschingsperücke gekleidet, erscheint, kippt die Inszenierung ungewollt ins Lächerliche. Am Maskenball treffen schließlich alle Welten aufeinander: Die Stiefschwestern noch schriller gekleidet, jetzt ebenfalls mit fragwürdigen pinkfarbenen Perücken, der Prinz und sein Vater klassisch adelig elegant mit Glockenärmelbluse, die Stiefmutter als billige Domina und das Volk dargestellt durch Maturaballgäste. An dieser Stelle ist eindeutig ersichtlich, weder Kostüm noch Regie harmonisieren mit dem Rest. Gerettet wird das nur mit der wundervollen Umsetzung von Komposition, Gesang und Orchester.

Aschengrauen
In Teil zwei des Opernabends befinden wir uns 20 Jahre nach dem Ball und der Fortsetzung des Stoffes von Aschenputtel. Aschenputtel ist inzwischen ergraut, mit ihrem Leben in einer Sackgasse angekommen, ersäuft sie verirrt im Wald ihr Leid mit einer Flasche Old Label Whiskey. Tochter Isabel will die Regierungsgeschäfte ihres Vaters, dem verzweifelten König übernehmen. Dieser gedanklich bei „der grauen Frau“ vernachlässigt er seine Arbeit.

Ein Highlight und besonders schön inszeniert ist der Aufstand des Volkes – Schattenfiguren auf der transparenten Leinwand besingen in Sprechchören den Widerstand. Als im Wald plötzlich der Haselnussbaum erwacht und die Taube sowie der Geist Aschenputtels Mutter erscheinen und Aschenputtel Mut zu sprechen, während Isabel mit faschistischen Handbewegungen ihr Arbeitspensum „so hoch sind die Stapel“ präsentiert, kippt auch der zweite Teil des Abends in Unverständnis.

Der zweite Teil birgt ein großes Potential an einer interessanten Geschichte, für gewöhnlich endet das Märchen mit dem üblichen Happy End. Jedoch fehlt hier Tiefe und Glaubwürdigkeit vor allem mit dem einfältig gezeichneten Charakteren und dem Festhalten an Phantasiewesen wie Baumgeist und Taube. Beiden Stücken wünscht man einen roten Faden. Interessante Ideen sind durchaus erkennbar, jedoch fehlt es an einem einheitlichen Konzept.

Fazit
Es bleibt dem Zuschauer überlassen, sich auf den Mix von zeitgemäßen und märchenhaften Teilen einen Reim zu machen. Bei all den vielen ungeklärten Fragen, welche die Inszenierung und das Kostüm aufwirbelt, sticht jedoch Komposition, Orchester und Gesang hervor. Das komplette Ensemble wirkt harmonisch und überzeugt mit gesanglicher Qualität, ganz vorn weg glänzt Aschenputtel gesungen von Ana Akhmeteli. Ebenso lobend zu erwähnen beide Orchester unter der Leitung von Dirigent Dorian Keilhack.

Aschengrauen endet mit den Worten: „…Mut Weichen neu zu stellen und die Trockenheit zu beenden“ so sehe ich bei den jungen talentierten StudentInnen besonders gesanglich und musikalisch die Weichen sicher gestellt. Das Wasser mag fließen und wenn auch nicht unbedingt die Trockenheit mit dieser Inszenierung beendet wurde, so war dieser Abend dank der ambitionierten StudentInnen durchaus ein erfrischendes Glas Bergwasser: gesanglich und musikalisch ein Traum!

Besetzung „Aschenputtel“ von Andreas Trenkwalder
Libretto Jukio Gaderer und Christoph-Martin Stoll
Aschenputtel Ana Akhmeteli
Vater Thorsten Dörr
Stiefmutter Eva Schöler
Schwester 1 Elisabeth Reheis/Veronika Mair
Schwester 2 Ira Winkler/Agnes Meixner
Baumgeist Annina Wachter/Maria-Theresia Plattner
König Sebastian Mair
Prinz Philipp Meraner/Martin Lechleitner
MusikerInnen: Jasmin Ilmer, Clara Hofer, Daniel Götsch, Markus Plank, Sebastian Seidel, Benedikt Eller, Maximilian Petz, Florian Tschuggnall, Lukas Sprenger, Julian Übelacker, Danai Tzina, Regula Scherrer, Saw Ya Tha Kler, Rahel Rupprechter, Joachim Pedarnig.

Besetzung „Aschengrauen“ von Andrea Oberparleiter
Libretto Iris Schmidt Rios
Die graue Frau Ana Akhmeteli
König Valentin Purrer/Benjamin Chamandy
Isabel Sofia Pischnig/Annina Wachter
Alex Veronika Mair/Ira Winkler
Koch Clemens Dietrich/Michael Leitner
Stiefschwester 1 Verena Gastl
Stiefschwester 2 Elisabeth Reheis/Lena Obexer
Dienstbote 1/Taube Agnes Meixner
Dienstbote 2/Mutter der grauen Frau Eva Schöler/Julia Atterbury
Dienstbote 3 Martin Lechleitner / Philipp Meraner
Baum Sebastian Mair/Thorsten Dörr
MusikerInnen: Lena Strauss, Julia Vigl, Clara Hofer, Daniel Götsch, Katharina Steiner, Markus Plank, Sebastian Seidel, Lukas Sprenger, Guilia Fedrigotti, Danai Tzina, Regula Scherrer, Saw Ya Tha Kler, Rahel Rupprechter, Joachim Pedarnig.

Musikalische Einstudierung und Orchester: Dorian Keilhack
Szenische Ausarbeitung und Regie: Reda Roshdy
Bühnen-Ausstattung: Manfred Sonntag
Video-Animation: Harry Triendl
Musikalische Assistenz: Jan Golubkow, Venelin Filipov, Alexandra Milborn

Margit Haselwanter

Gast

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