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Innsbruck, deine Plätze … Platz und Plätzchen im Geviert des Tiroler Landesmuseums

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Langsam gehen mir die Plätze aus im schönen Innsbruck, und wer diese nun schon über mehrere Jahre hin existierende Serie verfolgt hat, wird sich daher auch mit mir fragen, wohin soll es noch gehen? Gut, übertreiben wir es nicht. Da Innsbruck doch eine Großstadt ist, die viele neue Stadtteile im Laufe ihrer Geschichte dazugewonnen hat, in der sich Plätze oder zumindest platzähnliche Erweiterungen von Straßen finden lassen sollten, vor allem auch in den neueren Stadtteilen, dürfte unsere Suche nach solchen auch zumindest in den nächsten Monaten noch einigermaßen von Erfolg gekrönt sein.

Bleiben wir vorerst aber noch in der Innenstadt, bevor wir uns an die Peripherie wagen,  und schauen wir, ob wir nicht selbst da noch was finden, was uns dem Gesuchten oder  doch dem Gesuchten Ähnlichen  näherbringt. Immerhin gibt es ja im Zentrum einige größere öffentliche Gebäude, die über eine Art Vorplatz verfügen, so wie etwa das Tiroler Landesmuseum, wo sich etwa auf den Stufen ein wenig verweilen lässt. Ein schönes Gebäude, in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts nach Plänen von Anton Mutschlechner errichtet, einem Osttiroler Architekten, der es später zum Stadtbaumeister von Mannheim gebracht hat, ehe er diese Funktion in Innsbruck erfüllte.   Mit seiner beeindruckenden Neorenaissancefassade zeugt es von der Kunstinnigkeit der Tiroler Herrscher und hat auch eine Sammlung, die sich sehen lassen kann. Dabei soll vor allem auf die gerade laufende aktuelle Ausstellung Nur Gesichter? Porträts der Renaissance hingewiesen werden. Eine gut ausgewählte Anzahl von Porträts sowohl von Herrschern als auch Bürgern und Bürgerinnen aus der Renaissance, die vor allem auch durch ihre etwas ungewöhnliche Art ihrer Präsentation besticht.

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Konzentrieren wir uns jetzt erst mal auf die Umgebung dieses kleinen Platzes und sind wir großzügig und nehmen auch gleich das nähere Ensemble ein wenig in Augenschein.  Als da wäre mal das von Eduard Klingler und  F. Plank im neobarocken Stil errichtete  Gebäude des Städtischen Konservatoriums, in dem es immer wieder schöne Konzerte zu hören gibt. Bereits 1817 richteten Innsbrucker Bürger/innen(?) ein Ersuchen an das K & K Landesgubernium – das war damals so eine Art Verwaltungsbehörde – einen  akademischen Musikverein gründen zu dürfen, der auch sowohl der Pflege der hiesigen Musikkultur als auch als  Ausbildungsstätte für die hiesige musikbegeisterte Jugend dienen sollte. Und 1818 konnte dann der Verein zusammentreten. Die Unterrichtsräume waren vorerst in der alten Universität untergebracht, ehe das heutige Gebäude 1911 errichtet wurde. Die weitere Geschichte dieser Einrichtung und dieses Hauses kann man unter dem oben angegebenen Link des Konservatoriums nach lesen.

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Gehen wir die Paul-Hofhaimer-Gasse  – benannt nach dem Salzburger Komponisten und Organisten Paul Hofhaimer – entlang, so gelangen wir an einen wirklich schönen Platz, der zwar keinen Namen trägt und genau genommen natürlich auch kein solcher ist, sondern einfach eine grüne stille Oase inmitten der Stadt, die sich eben diese Attribute über die Jahrzehnte städtebaulicher Veränderungen hin bewahrt hat. Eingerahmt vom Akademischen Gymnasium einerseits, dem Gebäude der Alten Universität andererseits atmet dieser platzartige Grünanlage den Geist von Natur und Intellekt gleichermaßen, nicht zuletzt wirkten in eben diesen Ausbildungsstätten interessante Persönlichkeiten, wie etwa Karl Rahner, siehe dazu  die Platzbesprechung vom Karl-Rahner-Platz – in der Theologischen Universität und der Gründer des Innsbrucker Jesuitenkollegs, Petrus Canisius, ein eher kämpferischer Theologe, der die Gegenreformation betrieb und dessen Ruhm wir – zumindest aus heutiger Sicht – doch eher kritisch gegenüberstehen sollten.

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Nicht unerwähnt bleiben sollte bei dieser Besprechung der Bau der Neuen Volksschule Innere Stadt, der sich sehr akzentuiert in dieses Ensemble von Bildungsstätten – von Grundschule bis Universität ist hier alles vertreten – einfügt und von Thomas Schnizer und  Gerald Prenner entworfen wurde.

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Einem Lehrenden aus jüngerer Zeit, der wohl auch das Leben vieler Jugendlicher in der Zeit des  Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges geprägt hat, und der es seit den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts auch zum Namensgeber einer kleinen Gasse – eben die, die uns von der schönen und ruhigen Oase wieder zurückführt zur Museumsstraße, eben die kurze Verbindungsgasse zwischen Landesmuseum und Karl-Rahner-Platz – der Mittelschulprofessor Franz Mair. Er hat am Akademischen Gymnasium unterrichtet, und galt bei seinen Schülerinnen und Schülern als der „Englischmair“, und hat diesen  in einer  Zeit des verordneten Rassenwahns und des Totalitarismus so etwas wie freies Denken und einen aufrechten Gang zu vermitteln versucht, ihnen auch in der damaligen Zeit verbotene Literatur und Musik nähergebracht und war ihnen wohl nicht zuletzt auch durch seine Kontakte mit der Widerstandsbewegung zu einem politischen Vorbild geworden. Nicht zuletzt hatte  er diesen Einsatz für ein freies Österreich dann auch bei der Verteidigung des Innsbrucker Landhauses mit dem Leben bezahlt.

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35 Jahre nach seinem Tod entbrannte dann  eine hitzige Diskussion in Innsbruck  über die Benennung dieses Teils der Angerzellgasse mit seinem Namen. Angeregt durch den damaligen Gemeinderat Hermann Weiskopf, der vorschlug, einige Straßen der Stadt nach Widerstandskämpfer/innen zu benennen, was in der damaligen Zeit – wir schreiben das Jahr 1978 – gar nicht so einfach war und eben zu heftigen Diskussionen geführt hatte. Ein Diplomingenieur Attlmayr hatte dann vorgeschlagen, einen Teil der Angerzellgasse als Franz-Mair-Gasse umzubenennen. Nicht zuletzt, weil ja das dort gelegene Akademische Gymnasium die Wirkungsstätte von Franz Mair gewesen war. Man hätte so auch dann gleich diese Schule nach dem Widerstandskämpfer benennen können, was vielleicht auch Intention Attlmayrs gewesen war. Es hätten dazu allerdings die Hausnummerntafeln und auch die Adresse der Schule geändert werden müssen, was  sowohl der Schulleitung als auch dem damaligen Elternverein nicht behagte und sich so zu einer Art Provinzpose entwickelte, welche wiederzugeben  hier zu weit führen würde, die aber unter diesem vorigen Link gerne nachgelesen werden kann.

Am Ende siegte dann doch die Vernunft, oder war es einfach auch die spätere Zeit, die eine konfliktfreiere und weniger spannungsgeladene  Herangehensweise an eben diese Zeit ermöglichte.  Ein Teil der Franz-Mair-Gasse heißt jetzt so und der übrige Teil blieb bei seinem Namen Angerzellgasse. Dieser Name rührt übrigens vom Ansitz Angerzell  – heute Angerzellgasse 4, einem gotischen Bürgerhaus, in dem sich heute das Modeatelier Garagenmode Span befindet, und in dessen Räumen manchmal auch interessante Kunstausstellungen stattfinden. Auch hier haben wir wieder ein kleines Plätzchen, das eine ganz eigene Mischung aus Hinterhof und urbaner Experimentierfreude darstellt, nicht zuletzt befindet sich hier Innsbrucks inzwischen ältestes aber nichtsdestotrotz immer noch jung gebliebenes Kulturzentrum Treibhaus, einem sich schön und doch auch herausfordernd in dieses innerstädtische Geviert einfügenden Bau von Rainer  Köberl, Gerhard  Manzl und Raimund Rainer.

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Kehren wir noch mal zurück zum Landesmuseum und widmen noch kurz dem zierlichen neugotischen Brunnen am Beginn der schon besprochenen Franz-Mair-Gasse unsere Aufmerksamkeit. Vermutlich stand er früher zusammen mit seinem Zwilling in der Paul-Hofhaimer-Gasse vor dem Landesmuseum und musste dann aufgrund des zunehmenden Verkehrsaufkommens weichen. Jedenfalls wurden die Brunnen in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts – eben gleich mal nach dem Bau des Museums – errichtet.

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Helmut Schiestl

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