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Karfreitag des Lebens

 
Da betrat einer die Bar, setzte sich an den Tresen, bestellte sich ein Bier und  begann hemmungslos vor sich hinzuweinen.
 
Da ging einer am nächsten Tag  in Begleitung einer schönen jungen Frau, in die Berge und schrieb ein Gedicht über die schöne junge Frau. Offenbart ist der Mensch und gestillt seine Sehnsucht, schrieb er.
 
Da zeigte einer sein schlechtes Gesicht seinem Spiegel, und schenkte seiner Geliebten eine (billige) Kaufhausuhr. Jene sagte dazu nur ein leises Dankeschön und sang dazu im Takt der Juckbox.
 
Da saß einer an der Bar und aß eine Banane mit Messer und Gabel. Im Hintergrund trugen alle ein Edelweiß auf ihrer Brust und sagten zu ihren Gespielinnen: Gehen wir in den Birkenwald, denn die Pillen wirken bald!
 
Da schrieb einer einen Traktat über den Teufel, und gleich gesellten sich ein paar große schwarze Fliegen dazu. Im Glas, das vor ihm auf dem Tisch stand, war frische Milch, und sie wurde gleich darauf sauer, so ließ der Mann es wieder sein und ging fort.
 
Da dachte sich einer in den Tod hinein, und war doch noch immer am Leben, wie man ihm versicherte, aber erst jetzt sei ihm das so richtig bewusst geworden, erwiderte er.
 
 
© Helmut Schiestl
 

 

 

Helmut Schiestl

One Comment

  1. wir gehen alle vorüber, schneller als uns lieb ist und langsamer als bewusst. was wir tun, wer wir sind: kaum bewusst. weißt du, dass wir sternenskinder sind- und was ist, wird gewiss, nur ein traumgesicht: sein? morgens such ich mein gesicht, mittags speis ich mein gericht, abends schreibs mir ein gedicht. bessres wünsch ich nicht, gemeinsam sein.

    wünscht sich ein wesenswicht

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