6

Innsbruck Waterfront – wo bleibst du?

An einem sonnigen Nachmittag gleicht das Innufer rund um die Hauptuni einer Strandbadliegewiese. Innsbrucks (junge) Stadtmenschen zieht es offensichtlich an den Fluss um dort lernend, tratschend oder einfach liegend den Tag zu verbringen. Innsbruck hat zwar keinen richtigen See und schon gar kein Meer, aber immerhin einen großen Fluss und das Bedürfnis danach, seine Freizeit am Wasser zu verbringen, ist offensichtlich groß.

 

 

Doch die Stadt selbst behandelt ihren namensgebenden Fluss eher stiefmütterlich. Der Inn, der mitten durch die Stadt fließt, bildet nicht das Zentrum des urbanen Lebens, sondern eine Barriere die einige andere Stadtteile vom tatsächlichen Zentrum abschneidet. Die Uferverbauung im innerstädtischen Bereich wirkt, als wolle sie die Menschen vor dem Fluss schützen: Eine breite Mauer mit reichlich vorgesetztem Buschwerk, damit ja keiner dem Wasser zu nahe kommt. Die meisten lassen sich trotzdem nicht abschrecken und benützen die Mauer als Sitzgelegenheit.

 

 

Trotzdem: Eine echte Öffnung zum Fluss hin sieht anders aus. Sogar Innsbrucks Strandbar am Marktplatz hält einen Sicherheitsabstand zum Wasser ein und schützt mit Matten vor allzu sehnsüchtigen Blicken auf den Inn. Natürlich, es gibt ein paar Brücken und ein paar „Geheimwege“ über die man auch wirklich an das Wasser gelangt, aber das ist derzeit alles mehr oder minder Zufall.

 

INNternationale Trendwende

International hat es im letzten Jahrzehnt eine Trendwende gegeben: Städte haben ihre alten Hafenanlagen und Flüsse wiederentdeckt und diese unter dem Schlagwort „Waterfront development“ in urbane, öffentliche Räume umgewandelt. In Oslo verwandelte sich etwa das einstige Werftengelände Aker Brygge in einen der beliebtesten Plätze der Stadt. Ein gigantisches Stadterneuerungsprojekt wurde 2005 in Seoul abgeschlossen: Der Cheonggyecheon Fluss. Jahrelang war dieser Fluss in Kanalröhren unter der Erde verschwunden. Heute ist er ein 8,5 km langer, grüner Erholungsraum und erfreut sich größter Beliebtheit bei der Bevölkerung.

 

 

Doch man muss nicht ganz so weit wegschauen: Auch in Paris oder Wien gibt es interessante Projekte. In der Seine-Metropole wird jeden Sommer die Georges Pompidou Schnellstraße am rechten Seine-Ufer in den „Paris Plage“, den Pariser Strand, verwandelt. In Wien hat sich die ehemals tote und heruntergekommene Gegend um den Donaukanal zu einem neuen Zentrum entwickelt. Rund um den Kanal schießen neue Hochhäuser aus dem Boden und die neue Anlegestelle für den Twin-City-Liner verbindet Stadt und Fluss nicht nur architektonisch. Die Flüsse sind hier regelrechte Anziehungspunkte geworden.

 

Auch kleine Projekte und Veränderungen können viel bewirken. In Hohenems wurde letztes Jahr der Emsbach aufgeweitet und die bisher steil abfallende Uferböschung durch große Stufen ersetzt, die den Bach hin zur Innenstadt öffnen und einen angenehmen Raum zum Verweilen schaffen. Angenehmer Nebeneffekt: Auch die Hochwassersicherheit hat sich durch die Ausweitung erhöht.

 

 

Und was bleibt für Innsbruck? Ein Hoffnungsschimmer ist zumindest der Neubau für Chemie und Biomedizin, der sich zum Inn hin öffnet. Diese Chance wurde beim Umbau der Geiwi leider komplett vertan. Ansonsten schaut es aber doch etwas mager aus mit Projekten in Flussnähe und von einem Masterplan für eine Innsbruck Waterfront ist überhaupt nichts zu hören.

 

Autor: Klaus Hagen

6 Comments

  1. Warten wir das nächste Hochwasser ab. Dann haben wir wieder eine schöne Waterfront!

  2. Zustimmung! Leider wurde auch bei der Verlegung des Inns beim Flughafen die "Waterfront" dermaßen unfreundlich (verun-) umgestaltet, dass es sogar trotz phrasenhaft nachgesagter Herzlosigkeit wirklich unfair gegenüber jeder Stiefmutter wäre, ein davon abgeleitetes Adjektiv zur Beschreibung zu verwenden.

  3. Ich persönlich finde das Badeschiff in Berlin beneidenswert und auch – in einigen nötigen Abwandlungen – durchaus zum Nachahmen geeignet. 

    •  Ich kannte nur das Wiener Badeschiff. Die Idee ist super, aber ob sich das auf dem Inn realisieren ließe? Ich bin immer wieder erstaunt wie schnell sich der Pegel ändert. Ich vermute einmal, dass man dafür doch einen recht konstanten Wasserstand benötigt. Aber vielleicht könnte man das ja in einer Minivariante realisieren.

  4. Projeke und Projektideen sterben leider immer wieder frühzeitig an der realen  Hochwasserproblematik. Aber um die in den Griff zu bekommen gibt es einige sehr interessante Anstöße, vor allem initiiert durch den WWF. Wie es an anderen großen Flüssen in Europa versucht wird, dem Fluss wieder mehr Raum, Retentionsraum,  zu geben, um sich bei Hochwasserereignissen ausbreiten zu können. Das heißt, dass das Wasser flussnahe Flächen (meist Landwirtschaft und Forstwirtschaft) überfluten kann um so die Hochwasserspitzen zu kappen. Dass die Eigentümer solcher Flächen da meist wenig Gefallen dran finden liegt auf der Hand, es läge aber im öffentlichen Interesse. Es müsste bereits in den obereren Flussabschnitten, auch der Seitengewässer, dafür gesorgt werden, dass bei Starkregen das Wasser nicht auf schnellstem Weg in den Fluss/Vorfluter geleitet wird. Dafür gäbe es eine Menge Möglichkeiten, nur an der Umsetzung haperts. Nach dem Motto: was interessiert mich, was flussabwärts passiert! Aber ohne dieses Umdenken wird es nur schwer möglich sein, in Innsbruck näher an den Fluss zu rücken.

  5. der duftende hochsommerliche mobilfischmarkt aus hamburg, THE beach und das legendäre festival inspired by the ex-überschwemmungsgebiet sind doch wohl schon genug ehrerbietung an das wasser!
    außerdem definiert sich die stadt bekanntlich durch die brücke darüber und der inn gehört der tiwag: den lassts mir schön in ruh, sonst bekommt ihrs mit den schleusingers zu tun!
    nein – hab mir auch schon oft gewünscht, dass der inn mehr in die innere stadt eingebunden wird. angesichts der kreativität der baulösungen im restlichen innerstädtischen bereich kann mann und frau aber froh sein, dass er nicht schon durch röhren fließt, die zigste ab- und auffahrt darüberläuft und noch hie und da ein grashalm drumrum steht;
    und wer dem concrete jungle und seinen mediterranen annehmlichkeiten (zB. x-mal mehr mögliche t-shirt-nächte als sonstwo in tirol) kurzzeitig entfliehen will, soll doch bitte seine eigene planke an den inn mitbringen oder zum kippen des wellness-resorts im „mittelgebirge“ beitragen.

    nein meine lieben: für solche ideen ist kein wille und kein geld da. vielleicht, wenn ein berüchtigter kreuzungungsbereich nicht allein schon über € 10.000.000 verschlungen hätte und der unentgeltliche öffentliche verkehr das stadtbild dominierte, finanziert durch citymaut und unterlassung von verkehrssteigernden maßnahmen, wie die des bauens von auf-, zu-, drüber-, durch- und wegfahrten.

    *jammer, jammer*

    nicht nur unsere stadt hat bessere und wichtigere freunde.

Schreibe einen Kommentar zu Karin Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert