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INNS WURSCHT wirklich?

Aufmerksamen StadtbewohnerInnen sind sie schon aufgefallen: INNS’ WURSCHT-Schriftzüge zieren die Plakate nahezu aller Parteien. Eine kleine Auswahl findet ihr hier – wir möchten allerdings keine Partei benachteiligen.

Die Aktion kann unterschiedlich interpretiert werden: Zum einen ist die Diskussion über das Corporate-Design-Konzept der Stadt immer noch in Erinnerung. Brauchen wir wirklich einen Deppenapostroph im Stadtlogo? Inzwischen hat die Stadt 35.000 Euro dafür bezahlt und der Geschäftsführer der zuständigen Werbeagentur wurde zum ÖVP-Landessprecher ernannt – noch Fragen?

Zum anderen spricht das (sc)herzhafte INNS’ WURSCHT einen noch besorgniserregenden Umstand an: Die Wahlbeteiligung bei der Gemeinderatswahl in Innsbruck sinkt seit Jahrzehnten und erreichte 2006 mit gerade noch 57,8 Prozent ihren historischen Tiefstand.

 

                 

Ohne hier den großen Moralisierer raushängen zu lassen: Geht wählen, Leute! Erstens gibt es eine große Auswahl an Parteien und Listen, viel größer als beispielsweise bei der Nationalratswahl. Und zweitens riskieren andernorts Menschen ihr Leben für freie und faire Wahlen. Wer nicht wählt, hat nichts kapiert und verliert.

 

Fotos von Claudia Grünzweig

Andreas Wiesinger

25 Comments

  1. haha, mich wunderts nicht! schon mal die tollen inhalte des wahlkampfes gesehen? hahaha…

  2. sorry, aber ich kann das nicht unkommentiert lassen:
    Norbert K Pleifers begriffen "inns`hirngschissn" und "inns`spuck" kann ich sehr viel abgewinnen, ist ärgern, ist provokation, ist protest. "inns´wurscht" jedoch ist fast neoliberales diktat bzw. akzeptanz der niederlage gegen den neoliberalen zeitgeist. der spruch ist besiegelung des bruches mit dem anspruch auf gesellschaftliche mitgestaltung und mitentwicklung. natürlich können wir stolz und froh sein, in einer gesellschaftlichen zeit zu leben, in der mensch "kurz- und scheuklappengedacht" sich dieses wurschtigkeitsgefühl "leisten" kann.

     

    gleichzeitig erreichen uns TÄGLICH nachrichten, die mahnend immer wieder daran erinnern, dass wir unsere gesellschaftliche verantwortung nicht mit "wurschtigkeit" abputzen können. NIX IS UNS WURSCHT. wer in der demokratie schläft, wacht in der diktatur auf. aufstehen, wählen gehen, 6 jahre ärgern, loben, auseinandersetzen, philosophieren, protestieren, bewegen. zeigen, dass unsere herzen schlagen, und unsere stimme wert hat. NIX IS UNS WURSCHT. wir sind der arabische frühling und die spanischen asambleas. wir sind occupy und wir sind die landlosenbewegung in südamerika. wir sind demokratie, wir sind das leben in uns selbst, auf unseren straßen in unserer stadt, in unserer welt. … und es is uns nit wurscht, was mit uns passiert.

  3. @verdrossen: um im bild zu bleiben: auch wer gar nicht wählt, vom metzger wird gequält.

    wer großartig dem nichtwählen das wort redet, muss mir jedenfalls erklären, was durchs nichtwählen in irgendeiner weise anders wird/wäre. churchill hat immer noch recht, erst recht mit diesem prolog von helmut schmidt.

    "Altkanzler Helmut Schmidt (vor kurzem seiem 90. Geburtstg gefeiert) in einem Interview mit Sandra Maischberger im Februar 2002 … Sie müssen sich freimachen von der Vorstellung dass die Demokratie schlechtweg etwas Ideales sei. Demokratie hat viele, viele Schattenseiten und Schwächen und Versuchungen. Und trotzdem hat Churchill recht: Die Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen – abgesehen von denen, die wir schon vorher ausprobiert haben"

    außerdem: noch unaufwändiger, aktiv zu werden, als auf kommunaler ebene, geht’s eh ned: gruppierung zusammenstellen – programm entwickeln – menschen überzeugen – gewählt werden – metzger abschaffen (oder werden wie in Animal Farm?)

  4. ach ja, vergessen zu erwähnen:

    also für mich ist das INNS’WURSCHT ganz klar eine kleine, feine, liebe(?) Reminiszenz an Hilde Zach

    • schaut schon die Würscht von unten an – und nicht mehr lang, dann sind wir dran! Schneeglöckerl, Himmelschlüssel, Leberblümchen und Maiglöckchen erinnern uns daran, bis zum Flieder kehrt alles wieder ! (auweh, das hat sich nicht gereimt) …  Aber einen kleinen Frühlingsblumenstrauß hat sich die Hilde schon verdient 🙂 mit einem lieben Gruß an Demokrat77 – unbekannterweise 🙂

  5. ein guter Witz: Fragt die Mutter Sau das kleine Ferkelchen: Kind, was soll nur aus dir werden? Darauf antwortet das Ferkelchen: Wurscht! … Ferkelchen ist Nichtwähler und mit seiner Selbstverwurschtung einverstanden.

     

    Und: Auch ein ungültiger und leerer Stimmzettel (= weiß wählen) ist immerhin ein Statement. Wer nicht mal hingeht, sagt wurscht, bestimmt nur immer über mich – ein klarer Fall von Selbstentmündigung.

    • Und: Auch ein ungültiger und leerer Stimmzettel (= weiß wählen) ist immerhin ein Statement. Wer nicht mal hingeht, sagt wurscht, bestimmt nur immer über mich – ein klarer Fall von Selbstentmündigung." …. 

       

      Mein Gegenargument: Die Wutbürger gehen aus Enttäuschung nicht mehr zur Wahl und die Politiker argumentieren medienwirksam – und wahrscheinlich von ihren PR-Beratern für teueres Geld eingekaufte Logik, dass es den Leuten egal wäre.

      Wenn es dann irgendwann zu Krawallen kommt, sind die PR-Berater samt ihren Politikern längst über alle Berge und ihre Moneten in Liechtenstein gebunkert, oder in der Schweiz. ….

      Oberste demokratische Spielregel bei einer Wahl: Mehrheitsentscheidung. Wenn also die Mehrheit gegen eine Wahl entscheidet, müßten die Politiker eigentlich neu wählen lassen – und die erfolglosen wahlwerbenden Politiker austauschen. Meine Meinung.

       

       

  6. Für ein selbstbestimmtes Leben (und eine Welt ohne Metzger_innen)!

    …"Um ihre Anteilnahme an den Wahlen zu rechtfertigen, geben manche revolutionäre demokratische Sozialisten vor, keinen anderen Zweck zu verfolgen, als die Gelegenheit zur Propaganda der Ideen auszunützen; da die Leidenschaften während der Wahlen besonders erhitzt sind, glauben sie, auf die Geister energischer einwirken zu können, um desto mehr Anhänger für die revolutionäre Idee zu gewinnen. Doch lenkt die Wahl selbst diese Leidenschaften nicht ab? Ist das Interesse, mit dem eine Wahl verfolgt wird, nicht dem Interesse eines Spielers gleich? Das Wettlaufen der Kandidaten vor den Wahlen gleicht doch auf ein Haar dem Wettrennen der Pferde auf dem Turf. Man interessiert sich zu erfahren, wer um eine Länge, wer um eine halbe Länge gesiegt hat; und wenn sich die niedere Aufregung der Zuschauer gelegt hat, so ist auch die ganze Angelegenheit für ein Jahr oder mehrere Jahre erledigt, und man legt sich auf die Bärenhaut, als wenn die wahre Sache nicht noch erst zu machen wäre. "…

    …"Alle diese glauben mit einer übernatürlichen Macht begabt zu sein, um denken, wünschen und handeln zu können an Stelle und auf Rechnung der anderen. Sie alle verlangen Gehorsam für ihre Verfügungen und Gesetze und glauben sich unfehlbar, wie der Papst oder das antike und gottbegnadete Königtum."…

    …"Mancher wird behaupten, daß es Sozialisten und Sozialisten gebe. Dem Anschein nach gibt es deren auch verschiedene Arten, doch das ist eigentlich nur Täuschung. In Wahrheit bestehen nur zwei entgegengesetzte Prinzipien: das der Regierung und dasjenige der Anarchie, das der Autorität und das der Freiheit."…

    (aus "Wohlstand für alle" von Elisée Reclus)

     

  7. @ NiK: das copastete Zitat ist historisch interessant und als dogmatischen Wahrheit kaum widerlegbar. Meine Frage ist, was deine Alternative ist? Sicher ist es edel, jede Form der Herrschaft abzulehnen. Das geht aber nur mit politisch mündigen Menschen – Wahl"kämpfe" sind Mittel dazu: frei, geheim und international (EU-BürgerInnen zumindest). Demokratisch legitimierte Herrschaft ist anders als monarchische oder päpstliche Herrschaft (wie im Zitat) – sie wird von der Bevölkerungsmehrheit auf Zeit bestimmt.
     
    Von der Wahl ausgeschlossen sind: Obdachlose, Asylsuchende, Entmündigte und Marginalisierte. Gerade für sie gehe ich hin, weil sie keine Stimme haben! Und – wie schon ausgeführt wurde – auch ein leerer, verzierter, ergänzter Stimmzettel ist ein politisches Statement. Zuhause hocken und auf die Weltrevolution hoffen, für mich keine Option.
  8. INN`S WURSCHT halte ich für einen auf den Punkt gebrachten ironischen Kommentar zur derzeitigen allgemeinen Politik(er/innen)verdrossenheit. Das ist angesichts der unglaublichen Vorfälle im Bereich der Bundes-und Landespolitik auch nicht weiter verwunderlich.

  9. Es gibt eines, das ich nicht mehr hören kann: der moralische Dauerappell fürs Wählen. Da maßen sich manche an, die Motive anderer zu beurteilen und darüber zu bestimmen, was ein Statement ist. Auch Nichtwählen kann ein Statement sein – gegen die scheinrepräsentative Demokratie, in der die gewählten VertreterInnen nur noch sich selbst repräsentieren, gegen Wahlwerbungen, die keine Verbindlichkeit nach der Wahl haben. Ich halte sicher kein Plädoyer für das Nichtwählen – aber bitte, die Moralkeule "Leute, geht’s wählen", ist ebensoausgelutscht wie arrogant und anmaßend.  Auch die Argumentation mit anderen Ländern, die keine Wahlfreiheit haben, hinkt sehr. Denn dort ist Nichtwählen keine Wahl, hier sehr wohl. Aber nicht nur im Sinne von "mir wurscht". Parteienverdrossenheit kann auch ein Motiv sein … und das ist weit entfernt von Politikverdrossenheit. Der ganze Alltag kann zum Politikum werden. Diese Frage an den Gemeinderatswahlen aufzuhängen ist lächerlich.

  10. Da hast du mich grundlegend falsch verstanden: Mein (Dauer?)Appell, an der Wahl teilzunehmen, ist kein moralischer – sondern meine politische Überzeugung. Nicht zu wählen, bedeutet die kleineren Fraktionen zu stärken (indem sie für ihre Mandate weniger Stimmen brauchen – sog. Wahlzahl). Realistisch gesehen sind das in IBK wohl der Seniorenbund, die Liste RUDI und die FPÖ; allesamt stramm konservative bis rechtspopulistische Listen.

     

    Ein Statement gegen alle Parteien, die antreten, bedeutet weiß zu wählen – "gegen alle" (so steht es in mnchen Ländern sogar auf dem Wahlzettel) ist ein radikales und meist auch politisch durchdachtes Zeichen. @attentionwtihmoralism: Unser gesamter Alltag IST ein Politikum – das beginnt z.B. mit der Wahl des Stromanbieters oder welche Genussmittel du konsumierst. Du nennst meine "Moralkeule "Leute, geht’s wählen", ist ebensoausgelutscht wie arrogant und anmaßend" – die Griechen nannten jene, die sich nicht an den Entscheidungen der Polis beteiligen, Idioten.

     

     

    • Lieber Wiese,

      die Wahlzahl hängt von der Anzahl der gültigen Stimmen ab! so gesehen ist es egal ob "nicht wählen" oder "ungültig wählen". Der Unterschied ist eher psychologischer Natur. "ungültig" heisst: keine der Personen/Parteien vertritt meine Interessen, aber ich bin an Politik so weit interessiert, dass ich an der Wahl teilnehme.

      "Nicht wählen" hat natürlich viele verschiedene Gründe, wird aber üblicherweise mit Desinteresse an der Politik interpretiert.

       

  11. Niemand hindert uns daran, schlauer zu werden und ich habe mich schlau gemacht und muss dir recht geben, lieber niewo: Die Wahlzahl ermittelt sich aus der Anzahl der GÜLTIGEN Stimmen – weiße Stimmen sind allerdings ungültig. Meine Argumentation trifft aber trotzdem zu, weil Mandate "billiger" werden, je weniger zur Wahl gehen – was umgekehrt auch bedeutet, dass jede gültige Stimme wertvoller wird, je niedriger die Beteiligung ist. Im Extremfall könnte nur eine abgegebene Stimme über 100% der Mandate entscheiden.

     

    Nochmals: Einfach nicht hingehen, bedeutet das demokratische Wahlrecht wegzuschmeißen. Antidemokratische Kräfte werden gestärkt, weil sie darauf verweisen können, wie wenige sich überhaupt für demokratische Prozesse interessieren. Außerdem werden absolute Mehrheiten umso leichter möglich, je weniger hingehen.

     

    Wie schon mehrfach ausgeführt: In IBK steht ein breites politisches Spektrum zur Auswahl – von blaunen Herrenmännern bis zum roten Kommunistenkoch. Auch ungültig zu wählen ist ein legitimes  Statement, es bedeutet: (mit allen gleichermaßen) unzufrieden, aber grundsätzlich für demokratische Mitbestimmung.

     

    Wer nicht mal hingeht, sagt damit sinngemäß: ich bin nicht mal mehr am demokratischen Prozess interessiert, es ist mir egal, wer über mich bestimmt. Andere soll für mich entscheiden, mir ist alles egal.

     

    GEHT WÄHLEN (von mir aus weiß oder bunt), WENN EUCH DEMOKRATIE NICHT WURSCHT IST!

  12. mich würde konkret interessieren, wie man mit einer der neun antretenden gruppierungen nicht einen politischen minimalkompromiss finden kann?

     

    gerade auf kommunalebene finde ich das meiste am schlecht gelaunten "parteiensindallesoböseweltfremdelitär…* gemosere nämlich echt noch abgelutschter als wahlaufrufe.

     

    als ob es keinen, sogar wenn es nur ein atmosphärischer sein sollte, unterschied geben würde, ob oppitz-plörer, pokorny-reitter, platzgummer oder federspiel vom stadtblatt lachen würden die nächsten sechs jahre.

    da hätte ich vorher bitte den konkreten beweis, dass die alle tatsächlich gleich sind …

     

     

  13. Passt jetzt zwar nicht ganz daher, sollte aber vielelicht auch mal überlegt werden: Demokratie ist erst, wenn ich auch darüber entscheiden kann, wofür mein Steuergeld verwendet wird. Nur alle vier oder fünf Jahre bei irgend eine Partei ein Kreuzchen machen, ist mir ehrlich gesagt zu wenig.

  14. parlamentarische, repräsentative demokratie ist eine form von demokratie, vielleicht auch eine vor-form wirklicher demokratie. das berühmte kreuzchen, das wir alle paar jahre machen, kann natürlich nur ein beginn sein. aber sogar dafür sind viele zu saturiert, zu angekelt oder zu verblasen. wenn wir wirkliche demokratie wollen, müssen wir demokratisch leben: das beginnt in der familie und im freundeskreis, in der arbeit und im täglichen zusammenleben.

  15. …traurig nur, dass die Köpfer hinter dem künstlerischen "inns´wurscht" selbst nicht die möglichkeiten der basisdemokratie nützen und ebenfall nicht wählen gehen…..

    • inns‘ wurscht!

      nochmal:

      Liebe idealisten von gestern,
      das eingebürgerte – und früher vielleicht auch gültige – argument, dass gewählt werden müsse – wenn auch ungültig –  wird durch die (jetzige) art der wahlberichterstattung außer kraft gesetzt:
      Hat jemand über ’s TV erfahren, wieviele menschen ungültig gewählt hatten?
      Die wahlbeteiligung hingegen wird bei jeder statistik angeführt!!
      Bitte keine veralterten argumente spucken – augen auf!
      lg

  16. INNSWurscht: okay, aber schließlich ist auch die Wahlbeteiligung nur eine kleine Randnotiz – sinnvoller als Wahlenthaltung oder Weißwählen wäre es etwas eigenes zu machen. Und gerade in Innsbruck reichen etwas mehr als 1000 Stimmen für ein Mandat: Sache nur, dass die Piraten eines haben, die KPÖ aber wieder mal leer ausging

    • Aha. bist somit herzlich eingeladen selbst was zu kreieren! ich glaube, die aktion hatte mehr wert als EIN weg zur urne. jeder meiner buchstaben hier und dort beweißt, dass es mir eben nicht wurscht ist!
       

      laaaaaaangweilig………i mag hier nit gleichviel faseln müssen wie andere im gemeinderat. muh mäh.

       

      ps: eine kleine randnotiz? http://www.youtube.com/watch

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