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GRÜNdlich anders – aber wie?

Die Grünen sind als Partei so ähnlich wie mit dem Rauchen aufzuhören oder viel Rohkost zu essen: Vernünftig, vielleicht sogar lobenswert – aber auch wenig aufregend und manchmal ziemlich mühsam.

 
Die Grünen sind in Innsbruck österreichweit vorne, in keiner anderen Landeshauptstadt sind sie so stark.„Gründlich anders“ lautete das Motto ihrer letzten großen Plakatkampagne. Die Innsbrucker Grünen sind eher leiser – manche sagen auch: angepasster – als in anderen Großstädten. Zwar haben sie mit Sonja Pitscheider eine Stadträtin, diese hat allerdings kein Ressort, weil die Grünen in der Opposition sind. Wer nichts verantwortet, kann auch keine großen Fehler machen.
 
Bei der Gemeinderatswahl 2012 kandidieren die Grünen mit drei Frauen an der Spitze: Sonja Pitscheider, Renate Krammer-Stark und Uschi Schwarzl – erst auf dem vierten Platz folgt mit Mesut Onay der erste Mann. Noch ist ungewiss, ob das Frauentrio bei den WählerInnen ankommt oder etwas mehr Ausgleich doch besser gewesen wäre.
 
Ein Problem sind die persönlichen Umfragewerte Pitscheiders: Laut Umfragen wollen nur sechs Prozent der WählerInnen Pitscheider zur Bürgermeisterin wählen. Warum so wenige? Angeblich wirkt die grüne Spitzenkandidatin spröde und unnahbar.
Das bestätigt sich in persönlichen Gesprächen nicht: Auf mich wirkt Pitscheider eher ruhig – und unterscheidet sich damit positiv von den vielen, eher marktschreierischen PolitikerInnen.
 
Ganz ausdrücklich legen sich die Grünen auf keine Koalitionsaussage fest. Intern scheint es sogar eine leichte Präferenz für Schwarz-Grün zu geben. Eine Wacker-Koalition für Innsbruck? In Graz funktioniert es und zeigt auch, dass die Grünen längst auch bürgerliche Schichten ansprechen möchten. Auf einem völlig anderen Blatt steht, ob die ÖVP-Listen da überhaupt mitspielen.
 
An sich haben die Grünen gute Chancen auf einen Wahlerfolg. Ein Problem sehe ich allerdings darin, dass sie es nicht schaffen, eigene Themen zu besetzen. Natürlich machen sie Pressearbeit und stellen Forderungen – aber politisch durchschnittlich Interessierten wird zu den Grünen hauptsächlich das Schlagwort „Umwelt“ einfallen. Und den ökologischen Gedanken vertreten inzwischen alle Parteien, wenn auch mehr oder weniger glaubwürdig.
Böswillig könnte man behaupten, dass die Grünen für alles und nichts stehen. Sie sind längst keine ideologisch eindeutig festlegbare Partei mehr, sondern gehören – vor allem in akademischen Kreisen – sozusagen zum Lifestyle: Man hört mit dem Rauchen auf, kauft „bio“, auch wenn es teurer ist, und wählt eben die Grünen.

Andreas Wiesinger

7 Comments

  1. warum nicht bürgermeister

     

    frau pitscheider ist eine sympathische politikerin, aber wie man das wahlpotential eines georg willi als bürgermeisterkandidat (bis zu 30%) so einmalig verschenken kann, an dem die ganze partei seit 20 jahren arbeitet, ist mir nach wie vor ein rätsel und kein/e grüne/r kann mir das erklären.

  2. Im Text schon angesprochen, die politisch Uninteressierten. Diese Gruppe stellt einen großen Anteil der gesamten Wähler-/Nichtwählerschlicht dar und bei dieser Gruppe fehlt den Grünen einfach das Profil.

    Dieses Profil, das Bild nach Außen das über Medien und Eigeninitiative transportiert wird fehlt bei den Grünen zu einem großen Teil. Sie wollen eine Partei für alle sein und enden damit im "Wischi Waschi" Bereich.

    Die Grünen müssen lernen zu kommunizieren (ob das intern oder extern ist) und ihre Themen klar und deutlich vermitteln, Standpunkte festlegen und in die Köpfe der Menschen. 

     

    • Ich denke nicht, dass die Grünen das ändern sollten. Die Inhalte der Grünen begreifen jene, die sich wirklich damit beschäftigen. Wenige Themen sind so simpel, dass man sie mit zwei, drei Schlagworten vermitteln kann. Würden die Grünen komplexe Inhalte in eingängige Phrasen gießen und kompromisslose Lösungsvorschläge präsentieren, dann wären sie nicht besser als die Rechten und die Populisten.

      Es ist natürlich eine Krux, denn die ganz breite Masse erreicht man so nur schwer oder gar nicht – oder eben ganz, ganz langsam – nachhaltig?  – nach dem Motto "Vernunft und Fairness setzt sich durch". Mir persönlich sind nicht-populistische, nicht-marktschreierische, nicht-simplifizierende und damit ehrliche Grüne wesentlich lieber als das Gegenteil. Würden die Grünen sich dermaßen "verkaufen", würden sie damit ein ordentlich Stück nach unten sacken in Richtung der anderen Parteien.

  3.  Die GRünen sind eben so richtige Bobos – meistens haben sie genug Kohle und einen dementsprechend Lebensstil – wohnen im Grünen, fahren Hybrid und kommen sich vor allem selbst sehr gut vor …

  4.  Diese Aussage kann ich nicht persönlich bestätigen: Angeblich wirkt die grüne Spitzenkandidatin spröde und unnahbar.

    Meine persönliche Erfahrung: Beim Ansprechen von Fr. Pitscheider bekommt man umgehend Antworten, die ich nachvollziehen kann. Inwieweit sie bestimmte Anliegen auch umsetzen kann liegt nicht immer in ihrer Hand, sie ist aber sehr bemüht!
    Schauen wir, wie die Grünen weiterkommen werden werden in Innsbruck.

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  5. täusch ich mich oder liegen die grünen bei befragungen immer vorne. beim wahlgang schauts dann aber zumeist wieder anders aus. GRÜNdlich anders.

  6. Darum schreibe ich ja "angeblich" und dann, dass mein Eindruck ein anderer ist, Peter. Die Grünen sind eine ganz normale Partei geworden und versuchen (no na) ihre Stimmen zu maximieren.

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