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Fahrradfreundliches Innsbruck?

Der Frühling ist da! Das heißt, neben vielen anderen Dingen: Raus aus dem dunklen langsamen Bus, rauf aufs Radl, das sich sofort so viel freier, günstiger, sportlicher, fröhlicher, frischer anfühlt! Die Freiheit mit dem Fahrtwind aufsaugend, stürze ich mich von Sadrach ins Tal. Selbstverständlich mit großem Bremseneinsatz, zwei kleine Unfälle haben aus mir eine vorsichtige Fahrerin gemacht, aber von Sadrach trifft es „stürzen“ dennoch besser als „rollen“.
 
 Stürzen, Bremsen, Kriechen, Stürzen, Schleichen, Stopp, Rechts-Check, zügig aus der Kreuzung fliehen, Sonnenstraße rollen, auf der rechten Seite exakt parallel kleben bleiben, denn links rauschen Autos mit 60km/h, rechts ist der Gehsteig, der die Pedale nicht von unten blockieren darf – die Abfahrt ist jedes Mal ein kleiner, abenteuerlicher Parcours, der volle Geistesgegenwart abverlangt. Und das ist gut so! Schließlich ist Rad fahren (Aufmerksamkeits-)Sport. 
 
 
Die Entscheidung: Ethisch, legal oder sicher? 
Aber es gibt ein paar Gebiete in Innsbruck, an denen die Fahrradwege so undurchdacht sind, dass man kurz das Gefühl bekommt, gesetzlos zu sein. Selbst als rücksichtsvolleR FahrerIn.
 
Dazu zählt der nächste Punkt der Abfahrt. Am Ende der Sonnenstraße bieten sich mir drei Möglichkeiten: 1, Das „Rössl in der Au“. Die steilen Serpentinen sind schmal; sie ist für FußgängerInnen oder Radelnde gemacht. Ich merke oft, wie mein Rad gerade ältere FußgängerInnen bedroht, und steige ab; Dann dauert die steile Abfahrt sehr, sehr lange (sagen meine Oberarme). Die Auffahrt bleibt den ExtremsportlerInnen überlassen. 2, Mariahilf. Wunderbar. Straßenbreit. Kaum Fußgänger, genügend Platz für alle. Haken: Man darf sich nicht erwischen lassen. 3, Das, was einem kontrollierende PolizistInnen streng empfehlen würden: Die Höttinger Auffahrt hinunter.
 
 Als RadfahrerIn beinahe selbstmörderisch. Zunächst muss man hoffen, nicht zwischen Auto und Mauer zerbröselt zu werden; auf der großen doppelbahnigen Kreuzung ist es, als würde man rücklings und seitwärts von rasenden Autos überrollt; instinktiv gesuchte Ausweichmöglichkeit gibt es nur über das wacklige Kopfsteinpflaster der Bushaltestelle – Einmal ausprobieren, nie mehr wieder. Falls überlebt, wie weiter? Auf der stark frequentierten Schnellstraße? Ernsthaft? 
 
Mehr Selbstverantwortung für RadfahrerInnen
Es ist geschafft! Glücklich komme ich in der Uni an. Der Wind und das Adrenalin haben mich geweckt. Wenn man gut fährt, heißt das Stopp, Fahrt, Stopp, Fahrt, im Sekundentakt, alle FußgängerInnen und AutofahrerInnen im Blick. Und davon bin ich überzeugt: JedeR RadfahrerIn im Gebiet Sadrach und Hötting hat diese ,Disziplin der Aufmerksamkeit‘ innerhalb von zwei Wochen drauf. Es gibt so viele unübersichtliche Stellen und Haarnadelkurven, die ständig nach Aufmerksamkeit verlangen! Selbst äußerst seltene schussfahrende Rowdys werden innerhalb kürzester Zeit von Überraschungen aus diesen Ecken zum Langsam-Fahren erzogen.
 
Den Schreck, plötzlich in ein Auto oder Menschen zu rasen, hat man nur ein einziges Mal! – Da kann man den RadfahrerInnen, die schon seit Minuten in ihrer vollen Aufmerksamkeit fahren (müssen), ruhig auch etwas Rücksicht auf FußgängerInnen zutrauen. Und nicht in die wirklich gefährlichen Schnellstraßen drängen.
 

Annette Baubin

2 Comments

  1. Hallo Annette!  Ja, das Radeln im städtischen Mischverkehr erfordert auf jeden Fall eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein.  Das Allerwichtigste, was du zu deiner eigenen Sicherheit tun kannst: Niemals äußerst rechts fahren, besonders dann nicht, wenn dich Kfz-Lenker sonst mit überhöhter Geschwindigkeit knapp überholen würden!  Außerdem verlangen die Gesetze von keinem Radfahrer, so nah am Rand zu fahren, dass „der Gehsteig, der die Pedale nicht von unten blockieren darf“ jemals ein Thema wäre – das sieht man sogar beim ÖAMTC ein, siehe „Irrtum 5“.  Ein anständiger Abstand zum Fahrbahnrand (und zu parkenden Autos) in der Größenordnung 1 m ist völlig in Ordnung, und wenn deshalb jemand hinter dir bremsen muss, dann muss er bremsen.  Bei engen Straßen mit Gegenverkehr fahre ich sogar gerne bewusst in der Mitte der Fahrspur, damit niemand in die Versuchung kommt, ein riskantes Überholmanöver zu beginnen.  (Ein Recht auf „freie Fahrt“ haben übrigens einzig und allein Schienenfahrzeuge wie zum Beispiel die Straßenbahn, per § 28 (2) StVO.)

     

    Das mit den Wegen von der Sonnenstraße runter an die Geländekante hast du übrigens grad verkehrt herum geschildert: Der Rösslsteig ist meiner Erinnerung nach mit § 52 Zeichen 17. „Gehweg“ beschildert; da musst du absteigen und schieben.  Der Eppweg (den du vermutlich mit „Mariahilf“ meinst) hat Zeichen 17a. „Geh- und Radweg“ (oder vielleicht 6c. „Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge“, bin mir gerade nicht sicher) und bergab zwar eine verordnete Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h, aber da darfst du an sich ganz legal fahren.

     

    Viel Spaß noch mit dem praktischsten Fahrzeug in der Stadt!

    • Der Rösslsteig wäre mir zu steil zum fahren, aber ich akzeptiere alle, die so sportlich sind oder sich mit Gangschaltungen auskennen. – In der Mitte der Fahrbahn fahren find ich weniger gut, ich fahre an engen Stellen auf dem Gehweg: Bin der Meinung, dass man langsam (!!!) fahrende Radfahrer durchaus auf dem Gehweg akzeptieren sollte. 3. Problem: Es gibt so gefährliche Straßenkreuzungen, wo ein Radfahrer besser aufgehoben ist, wenn er am Gehweg fährt. Ich fahre bereits 35 Jahre Rad, da werde ich wohl selber wissen, wie es am besten funktioniert? … – Es gibt übrigens sehr gehällisge Fußgänger, die sich einen Sport daraus machen, Radfahrer ordinärst zu beschimpfen.

       

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