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Dastehende Kunst

Endlich! Der Frühling ist da! Mit den ersten Blütenknospen treibt es auch langsam wieder mehr Touristen in die schöne Stadt am Inn. Nachdem Innsbruck zwischen Schisaison und Osterzeit kurz durchatmen durfte, füllen sich endlich wieder die Gassen und Plätze in der Altstadt.

 

Ein bisschen kann man sie schon verstehen, die Touristen, wenn vor jedem Wahrzeichen der Stadt, sei es Haus, Schild oder Skulptur, ein Familienfoto geschossen wird. 
Das Goldene Dachl, die Annasäule, die Hofburg, so viele schöne Sachen an nahezu einer Stelle lädt schon ein bisschen ein, sich ein bisschen wie Sissi zu fühlen. 
 

Doch zwischen all den Souvenirläden mit Schwarzwälder Kuckucksuhren und T-Shirts vom FC Wacker gibt es immer wieder die Orte, wo sich plötzlich  in kurzer Zeit alle Touristen um etwas scharen . Sicherlich, es könnte ein Spektakel sein, oder ein Straßenmusikant, doch seltsamerweise ist es etwas anderes, was die Innsbrucker Touristen in ihren Bann zieht:

 

Es ist die Silberne Dame. 
Jene lebende Statue steht schon seit mehreren Jahren regelmäßig in der Fußgängerzone, stillschweigend auf einem Sockel, zu ihren Füßen in einem Körbchen ihr treuer Begleiter, ein Dackelmischling. Meistens hat dieser noch ein Tirolerhütchen auf oder eine Hundedecke mit Fellaufsatz an. 
In solchen Momenten kann man sich wirklich fragen, was nun das faszinierende an dieser Figur ist. Während andere immerhin noch mit 3 Bällen und einem Bierglas auf der Nase jonglieren steht die Silberne Dame tagein tagaus auf ihrem Sockel und tut nichts. Lediglich wenn ein Taler in ein Körbchen fällt, beginnt sie schweigend lächelnd für einige Sekunden eine ebenfalls silberne Rose in ihrer Hand zu drehen und den Passanten Küsse zuzuwerfen, ehe sie wieder erstarrt. 
Das Spiel wiederholt sie mehrere hundert Male am Tag, umringt von Touristen, die gebannt dieses Schauspiel betrachten. 
Was macht diese Frau so besonders? Ist es ihre Geduld und Disziplin auf diesem Sockel zu stehen? Ihr Kostüm, mit weitem Reifrock, was vielleicht den ein oder andere in frühere Zeiten versetzt? Oder ist es doch nur ihr Hund, der mit einer gleichgroßen Disziplin und Ruhe im Korb liegt und die Touristen beobachtet? 

Die Silberne Dame wird nicht nur zu einem Zuschauermagnet, sondern auch gleich zu einem Treffpunkt, weil plötzlich viele Menschen, egal welcher Nation anfangen miteinander zu philosophieren, Fotos zu machen oder einfach nur zu staunen, wie lange die Frau ihre Rolle noch aushält. Ein besonders großer Reiz ist es auch, den Hund aus dem Korb zu locken, oder anderweitig zu bestechen, aber wie Frauchen bleibt er stets in seiner Rolle als Begleiter und man kassiert höchstens ein müdes Augenzwinkern des Vierbeiners. 

Ich habe übrigens versucht, der geheimnisvollen Silbernen Dame ein paar Antworten zu entlocken und hätte sie gerne interviewt. 
Aber wie es sich für eine Statue gebührt, hat sie nicht reagiert und auch nicht weiter darauf eingehen wollen. Vielmehr lächelt sie, wirft fliegende Küsse zu und dreht ihre Rose im Sonnenschein. Und man selbst wird auch für einen Moment philosophisch. 
 

Ines Burkhardt

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