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Augen sehen Dich an! Ausstellung in Schwaz

Nachdem der heurige Innsbrucker Ausstellungssommer nicht all zu üppig geraten ist, hier mal ein kleiner Tipp zum „Fremdgehen“. Nicht allzu weit, schließlich ist es nach Schwaz ja nicht länger als eine halbe Stunde Fahrzeit – egal ob mit Auto oder mit Öffi, also man könnte noch sagen: das Gute liegt so nahe.
In Schwaz jedenfalls hat sich schon seit längerem eine gute Kulturszene entwickelt, die natürlich auf viel aufgebaut hat, was schon seit den siebziger Jahren – „Schwazer September“, Café Eremitage – dort in kontinuierlicher Arbeit geleistet wurde. Neben der modernen Musik, der in den „Klangspuren“ nun schon seit über zehn Jahren gehuldigt wird, hat auch der Sektor der Bildenden Kunst in Schwaz eine wichtige Heimstadt gefunden. Nicht zuletzt gab es in Schwaz ja schon in der Zwischenkriegszeit eine interessante Kunstszene. Und von dieser zehrt man noch heute, etwa wenn im Rabalderhaus, das zum Teil Heimatmuseum ist und zum anderen durch immer wieder interessanten Wechselausstellungen  von Gegenwartskünstler/innen und solchen aus der Vergangenheit seinen Fokus auf diese spannende Szene in Schwaz richtet. So wie eben in der jetzigen  Ausstellung „Künstleraugen“,  die das Genre des Selbstporträts anhand von 44 Beispielen von Tiroler Malerinnen und Malern  thematisiert, und so einen guten Querschnitt durch die Tiroler Kunstgeschichte vermittelt. Ausgewählt und kuratiert von Carl Kraus und Markus Neuwirth ist die Ausstellung durch Leihgaben des  Tiroler Landesmuseums,  des Instituts für Kunstgeschichte der Univ. Innsbruck, vom  Forschungsinstitut Brennerarchiv, sowie dem Stadtmuseum Innsbruck und der Galerien Goethe, Flora und Maier gut bestückt.
Da findet man neben vielen klassischen Porträts auch einige sehr berührende Werke, die auch sehr viel über die Lebensumstände seines Schöpfers / seiner Schöpferin wie auch zeitgeschichtlichen Verhältnisse aussagen. Sehr ergriffen hat mich zum Beispiel das Porträt von Johannes Troyer, der mit seiner Frau, die jüdischer Abstammung war, 1938 nach Lichtenstein flüchten musste, und die existentielle Bedrohtheit dieser Lebenssituation sehr gut nachfühlen lässt. Oder ein frühes Bild des Steinacher Malers Alfons Graber, den man aus seiner späten Phase, wo er düstere Bilder in einer Art neobarocken Stil malte, kennt. Hier ist er mit einer beinahe surrealen Arbeit vertreten, die eine Abendmahlsszene darstellt, in der er sich selbst als hervorstechenden Judas gemalt hat. Sehr gut gefallen hat mir auch ein gezeichnetes Selbstporträt von Rudolf Lehnert, dessen wunderschönes im Landesmuseum hängendes Bild einer sommerlichen Wiese vor dem Arzler Kalvarienberg mich bereits als kleines Kind nachhaltig beeindruckt hatte. Es würde den Rahmen hier sprengen, auf noch weitere in der Ausstellung gezeigten Bilder einzugehen, deshalb nur mein Tipp an die Kunstinteressierten: Hinfahren und anschauen. Die Ausstellung geht noch bis 21. 8. 2011.

Helmut Schiestl

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