4

Süßer die Kassen nie klingeln

Immer dieses Licht zu Weihnachten, alles hell erleuchtet, so als kennten sie keine Energieknappheit. So ist eben Weihnachten. Im Grunde genommen eine ganz alte Tradition, die keiner so richtig versteht, der nicht weiß oder ahnt, dass dieses Fest mehr mit dem Phänomen des Potlatch zu tun hat, mit dem Wettbewerb des Schenkens bei indianischen Völkern der nordwestlichen Pazifikküste, als mit seiner christlichen Botschaft. Dabei wurden in ritueller Form Geschenke ausgetauscht, und wer die besseren und schöneren Geschenke hatte, dessen Position war dann die jeweils stärkere. Und man konnte sich dadurch also im sein gesellschaftliches Ansehen verbessern.
Oder man könnte vielleicht auch sagen, dass eben dieses Ritual zusammen mit dem Geist des Kapitalismus sich da des ursprünglichen Grundgedankens – vielleicht geht es dabei mehr um den Besuch der sogenannten Heiligen Drei Könige mit ihren Gaben – bemächtigt hat,und dabei etwas geschaffen hat, mit dem beide – sowohl das Christentum wie eben auch der Kapitalismus – leben können.  Der Handel lebt ja wie immer wieder betont wird, nicht zuletzt auch immer wieder von der Bilanz des Weihnachtsgeschäfts. Dieses trägt ja nicht unwesentlich zum Bruttosozialprodukt bei. Und so werden mit steter Regelmäßigkeit alle konsumkritischen Einwände gegen den Weihnachtskaufwahn  mit eben diesem Argument vom Tisch gewischt. Den Handel freut es, und die Kirche ist wohl froh, dass ihrer Botschaft vielleicht gerade deshalb noch ein mediales Echo bereitet wird, dass sie sonst möglicherweise nicht mehr in diesem Ausmaß hätte.
Nicht zuletzt aus einem schlechten Gewissen über die so zur Schau getragene Verschwendungssucht, wird ja bei jedem Kaufakt in irgend einer Form der Armen und Bedürftigen gedacht, sei es durch eine Spende in eine neben der Kasse platzierten Spendenbox oder das Wechselgeld wird in die entgegengehaltene offene Hand einer vor dem Geschäft sitzenden Bettlerin oder Bettler gelegt.
Oder, weil das vielleicht effizienter ist, es wird gleich einer oder mehrere der um diese Zeit in allen Zeitungen beigelegten oder in den Postfächern herauspurzelnden Erlagscheine ausgefüllt und zur Bank getragen. Interessant ist auch hier der eigentlich gar nicht so christliche Umstand – man denke da vielleicht an das biblische Gleichnis des „Opfers der armen Witwe“ – des sich medial in-Szene-Setzen der Spender/innen in den diversen Charity-Shows des Fernsehens oder auch – wie  beispielsweise  schon seit einigen Wochen in der FRANKFURTER RUNDSCHAU –  in Form der Auflistung der Namen all der Spender/innen un dder HÖhe des Betrages, den sie gegeben haben. .
Obwohl die meisten Spenden steuerlich absetzbar sind und man so ja ohnehin einen kleinen Gewinn bei der jährlichen Steuervorschreibung hat, genügt das offenbar vielen nicht. Die Nennung des Namens in einem Printmedium, oder gar ein Auftritt im Fernsehen – etwa in der von Kitsch und Rührseligkeit nur so triefenden „Licht-ins-Dunkel-Show des ORF – müssen schon drinnen sein oder animieren einfach die Spendenlaune oder Geberfreude. Wie heißt es doch so schön in Bernard Mandevilles  Bienenfabel “ „Fraud, Luxury, and Pride must live; Whilst we the Benefits receive.“*

* Bernard Mandeville: The Fable of the Bees, die Moral (‘The Moral’

Helmut Schiestl

4 Comments

  1. Almosen sind keine Lösung, sondern Symptom einer Krankheit namens Kapitalismus: Immer mehr Menschen werden aussortiert, an den Rand gedrängt, missachtet und abgeschoben: Ihnen zu helfen ist nicht Sache privater Wohltätigkeit – sei sie auch noch so gut gemeint – sondern eine grundlegende Verpflichtung der menschlichen Gemeinschaft.

    • Das stimmt natürlich! Nur scheint es schon seit längerem, dass uns die großen Lösungen oder Konzepte für eine bessere Gesellschaft abhandengekommen sind. Regierungen hanteln sich von Sparpaket zu Sparpaket, um Banken zu retten und machen dabei meistens doch nur Reiche noch reicher, in der Angst, nur nicht mal das ganze in Frage stellen zu müssen, neue Gesellschaftsmodelle anzudenken, und werden dafür noch immer von uns mit Mehrheiten belohnt. Manchmal frage ich mich: wie innovationsfreudig oder wie durchlässig für neue Ideen ist unsere Demokratie überhaupt noch?

  2. Möchte bloß kurz den Eingangsgedanken weiterspinnen. Vielleicht wäre es sinnvoller, wenn man schreibt, die Weihnachtsschenkerei erinnere an (z.T. vergangene) nordamerikanische Potlatch-Praktiken (der Kwakiutl). Weil mit diesen zu tun, hat sie freilich nichts. Der Vergleich hinkt. Wegen vielem! Vor allem, weil man diese extreme Form des Gabenaustauschs nicht so einfach auf heutige Praxen und Kulturformen ummünzen kann. Aber es stimmt schon, dass in unserem Umgang mit Geschenken, Prinzipien des Wettbewerbs erkennbar sind. Klar!
    Was man auch anmerken kann, ist, dass Schenken fast überall auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit beruht. Geschenke schaffen Bindungen und Beziehungen. Sie verpflichten aber auch zur Erwiderung und können deshalb, wie Sie es schon geschrieben haben, tatsächlich jemanden für kurze Zeit in einer gewissen Schuld stehen lassen, der Status des Gebers/der Geberin ist dann natürlich höher – bis das Geschenk erwidert wird. Und sei es nur mithilfe eines "Danke"!
    Danke auch für den Artikel. Bis auf "ganz alte Tradition" und das mit dem "Potlatch" sehr wichtiger und guter Blopost kurz vor dem Fest.

  3. Licht ins Dunkel

    …beim Pflichtreinzapp fiel mir auf, dass sie heuer Sportreporter (Polzer?) als Moderatoren heranziehen: Synonym für höher, schneller, noch mehr Kohle…?

Schreibe einen Kommentar zu Helmut Schiestl Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert