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Blasphemie – eine Herausforderung?

Zurzeit hat die Debatte über Blasphemie wieder in den diversen Kulturberichten Eingang gefunden. Waren es vor einigen Wochen noch die russischen Punk-Anarchistinnen von PUSSY RIOT, die zu zwei Jahren Lagerhaft verurteilt worden sind, weil sie in provokanter Weise in einer Moskauer Kathedrale laut gesungen und getanzt hatten und Maria um die Erlösung von Wladimir Putin gebeten hatten.

 

Dann gab es ein katholisches pakistanisches Mädchen, das angeblich die Seiten des Korans verbrannt haben sollte – was in den Augen des Islam ein todeswürdiges Verbrechen ist – wobei sich aber jetzt herausgestellt haben soll, dass der Imam selbst die Seiten verbrannt haben soll, um dem Mädchen zu schaden.
 
 
Schlimm jedenfalls, was da im beginnenden einundzwanzigsten Jahrhundert so noch alles für strafwürdig, weil einen Gott beleidigend, gehalten wird. Nicht zuletzt hat sich auch der österreichischer Filmemacher Ulrich Seidl, dessen Film „Paradies: Glaube“ zurzeit in Venedig bei den Filmfestspielen läuft, die Wut der christlichen Fundis zugezogen, weil darin eine Frau mit einem Kreuz masturbiert. Man könnte über all das natürlich amüsiert lächeln, wäre es nicht so traurig, vor allem, wenn man daran denkt, wie doch Gott – wenn es ihn denn gibt – oder dessen Schöpfung jeden Tag durch die schlimmsten und brutalsten Menschenrechtsverletzungen auf eine weit empfindlichere Weise beleidigt werden. Ja, wenn es ihn denn gibt. Für mich war das schon in meiner Schulzeit ein Problem. Wie ein gütiger Gott all das Schlimme und Schreckliche in dieser Welt zulassen kann. Und dann darf man ihn nicht einmal beleidigen.
 
 
Der deutsche Schriftsteller Martin Moosebach hat dazu neulich in einem Essay Stellung genommen und gemeint, es wäre gut, würde Blasphemie wieder strenger bestraft werden, einfach weil es gut wäre, wenn die geistige Werte, auf denen unsere abendländische Grundrechtsordung aufgebaut ist – und das ist nicht zuletzt auch die christliche – wieder besser geschützt werden würden. Auch angesichts eines immer mehr um sich greifenden Islam, der seinerseits den Schutz seiner Religion einfordert, und das wohl noch weitaus rigider als das die Kirche zurzeit tun würde.
 
 
In Tirol gab es ja schon in den achtziger Jahren immer wieder Anlässe über die Blasphemie zu streiten, etwa bei der Vorführung des Herbert Achternbuch-Films Das Gespenst  oder bei der Uraufführung von Felix Mitterers Stück Stigma in Telfs. Oder die Gruppe der vor dem Landestheater Betenden anlässlich der Aufführung von Oskar Panizzas Das Liebeskonzil in den neunziger Jahren sind vielleicht auch noch dem einen oder der anderen in Erinnerung.
In den letzten Jahren ist es zumindest hierzulande wieder ruhiger geworden um dieses Thema.
 
 
Die Frage aber bleibt: Ist nicht die Blasphemie oder Gotteslästerung, zumindest dann, wenn sie geschickt und überlegt eingesetzt wird, nicht eine stärkere Herausforderung für mich als  Gläubigen, weil sie eben das von mir Geglaubte  ernst nimmt? Zwar nicht im Sinne einer Anbetung oder Verehrung, aber eben indem sie es – zugegen provokant – in Frage stellt und mich als Gläubigen damit auf eine ganz neue Art mit meinem Glauben konfrontiert, mich dazu auffordert, mich damit auseinanderzusetzen.

 

 Foto: Gerhard Steinlechner, Wien

Helmut Schiestl

2 Comments

  1. Der Autor hat wohl grundsätzlich recht: Ein Staat der Blasphemie unter Strafe stellt, verhält sich parteiisch und verletzt auch das Recht auf freie Meinungsäußerung. Und einen wirklich gläubigen Menschen bringt das nicht auf die Palme. Schließlich sieht Gott alles und seine Strafe ist gerecht!

  2. …mal davon ausgehend, dass es einen Gott gibt…

    …mal davon ausgehend, dass der Verstand des Menschen dazu reichen würde die Vorstellungen eines >Etwas< zu verstehen, dass bereits im >Nichts< existiert hat…

    …nicht mal dann, so glaube ich, wäre es in Gottes Interesse, dass der Mensch "Verfehlungen" gegen Gott mit weltlichem Recht ahndet. Dieser ganze Schwachsinn dient doch lediglich dem Machterhalt der Glaubensgemeinschaften.

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