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ÖVP mit Grünen und Schätzen

Der letzte Freitag 24.5.2013 war ein grauer, von Wolken getrübter Tag, meine Stimmung nicht die beste nach einem Vormittag als Zuhörerin im Landtagssitzungssaal und quälenden Zweifeln, ob ich mich auf etwas Neues und eine funktionierende Zusammenarbeit der Koalition –  so wie von beiden Seiten beteuert wurde – freuen kann, oder nicht und ob ich es offen sagen darf oder nicht, ob ich mich freue oder nicht, ohne gleich in die eine oder andere Schublade gesteckt zu werden.

Nach der für mich beruflich relevanten Information in der Rede von Günther Platter, dass ich noch weitere 4 Jahre auf die abgeschlossene Evaluierung des Modellprojekts Gemeinsame Schule im Zillertal warten muss und ein weiteres in Innsbruck stattfinden soll, wobei noch nicht klar ist, wo genau und wann …  gings mir so la la – wie soll ich sagen – zwiespältig.

Es wäre doch auch möglich, Studien ausländischer Universitäten zu beziehen, die dieses System schon lange für die Entwicklung der Kinder umgesetzt haben, indem man dort am Institut für Erziehungswissenschaft anruft und mit dem Institutsleiter spricht und die jeweiligen Studien anfordert. Es gibt schon genügend Evaluierungen.

Man beachte diesen Link –  bereits aus dem Jahr 2009….sehr interessant und kein Roman, bald gelesen:

http://www.bildungsgewerkschaft.at/downs/Flyer_Finnlandreise.pdf

Und zum Vergleich diesen Tirol betreffenden aus dem Jahr 2013……..

http://www.tirol.gv.at/uploads/media/Landesbildungsenquete_GemeinsameSchule_StatementsReferentInnen.pdf

Also, wenn ich das vergleiche, dann bitte-danke Gemeinsame Schule der 6 – 14 jährigen, die Kinder werden es danken, aber so weit sind wir wohl in Tirol noch nicht.

Am Abend wollte ich auf eine Veranstaltung und schaute auf dem Weg um 18 Uhr am Landhausplatz vorbei, weil dort der am Abend der Angelobung landesübliche Empfang mit Schützenformation stattfand.

Was fand ich vor –  außer der angelobten Koalition vor dem Landhaus stehend und den Schützen – gähnende Leere. PassantInnen gingen weiter und beachteten die Szene kaum. Zwei blieben stehen: Ein englischsprachiges Touristenpärchen, ich gebe den Dialog gerne wieder:

T:  Excuse me, can you tell us what’s going on there?

Ich: Yes I can, there recently were elections in Tyrol and we have got a new coalition now, it is the first time that the green party and the conservative party made a coalition together. You can see the two of them standing in the entrance of the building and in front of them there is some kind of Tyrolian ritual going on, the so called “Schützen” are there – it is something like an official confirmation that the coalition starts its work.

T: Ah, very interesting, and what’s the name of the building?

Ich: This is the so called “Landhaus”, it is the seat of our government.

T: Oh, thank you so much for the information you gave us, very interesting.

Ich: You are welcome.

T: Good bye.

Ich: Have a nice evening, good bye.

 

Als ich die gähnende Leere am Landhausplatz anstarrte, bekam ich Angst –  Angst vor Demokratieverlust und Angst vor dem politischen Desinteresse von immerhin 44 % der Bevölkerung, welche sich nicht die Mühe machten, wählen zu gehen. Ich weiß es nicht, wie es euch geht, aber bei mir entsteht ein Gefühl der Beklemmung, da es ja immerhin um unsere Belange geht.

Die Schützen packten alsbald ihre sieben Sachen wieder ein und machten sich vom Landhausplatz-Acker, so wie ich mich auch.

Barbara Tatschl

8 Comments

  1.  Vielen Dank für die anregende Diskussion, ich finde dass Chancengleichheit im Bildungssystem ein Thema ist, an dem konsequent gearbeitet werden muss und jeder Beitrag, so groß er auch sein mag, ist wertvoll.

    Schon oft arbeitete ich mit Kindern, die zuerst über Monate in ihrem Zutrauen in ihre Fähigkeiten emotional gestärkt werden mussten, da sie vom Umfeld zu Schlusslichtern erklärt wurden und nicht ausreichend ermutigt werden, dass sie ihre Schwierigkeiten überwinden können und so oft hat es funktioniert, dass sie selbst durch mehr erfahrene Wertschätzung des Umfelds ihre Stärken bewusster wahrnehmen lernten und sie so sehr gute Fortschritte für sich selbst vollziehen konnten, um sich im späteren Leben besser zurecht zu finden. 
    Das stimmt zuversichtlich, aber so lange man sich mit Strukturen abplagen muss, die dieser konsequenten Ermutigung und Förderung zuwiderlaufen kann das Optimum nicht erreicht werden und dahinter verstehe ich einfach die Logik nicht.


    Freie und geheime Wahlen, Rechtsstaat , Menschenrechte und Meinungsfreiheit wurden hart erkämpft und sind nicht selbstverständlich und dessen sollte sich jede/r bewusst sein, denn so schnell können sie verloren gehen, so schnell wird Macht missbraucht und werden Menschen Systeme aufgezwungen, die sie nicht befürworten und  in diesen sie massiv unterdrückt werden. 
  2. Aber es gibt doch jetzt schon die "Gemeinsame Schule" auch in Innsbruck an einigen Standorten. Steht zumindest überall drauf. Z.B. Höttinger Au. Oder hab ich da was verschlafen?

    • ….Gemeinsame Schule, Höttinger Au, ruft Erinnerungen wach:  Die männlichen und die weiblichen Schüler hatten getrennt Unterricht – jeweils eine Woche vormittags bzw. nachmittags . Schon moderner war da die sogenannte " Renner-Schule" in Pradl, sie hatte 2 Trakte, vereint durch den Turnsaal, Buben und Mädchen, sauber getrennt.
      Heute sind die Schulen nach Interessensgebieten getrennt.
      Dann nach berufsbildend oder akademischgetrennt.
      Sodann in Fakultäten getrennt, in getrennten Studienordnungen
      Getrennte Universitäten
      Trennung .

  3. Keine Ahnung, was überall "drauf steht", aber die Schulen der 10- bis 14-Jährigen in Innsbruck sind alle fein säuberlich in Gymnasien, Neue Mittelschulen und Sonderschulen getrennt. Seit Jahrzehnten ergibt jede Untersuchung, dass dadurch vor allem Kinder profitieren, die eh schon in höhere Bildungsschichten hineingeboren wurden.

    Sprich: Ist zumindest ein Elternteil AkademikerIn, schafft es ihr Kind ziemlich sicher auch an die Uni. Beide Hauptschulabschluss – eher unwahrscheinlich, auch wenn es sich um eine/n Hochbegabte/n handelt … Aber man bleibt eben gern unter sich und seien wir ehrlich: Wenn die Proleten zu viel lernen, werden sie grad aufmüpfig. 

  4. Barbara, keine Angst! Weder vor gähnender Leere am Landhausplatz – bei besserem Wetter erzeugen die SkaterInnen jede Menge an Gänsehaut. Nichts mit gähnender Leere oder Stille.Mir sind schon einige Fleischkassemmeln durchs Zuschauen oder Flüchten erkaltet.

    Zur Angst vor Demokratieverlust, den Folgen des politischen Desinteresses – da müssen und können wir schon etwas tun! Zuerst einmal müssen wir jenen – vornehmlich Alten – entgegentreten, die präpotent – herablassend erklären, zu sowas wie Wahlen gingen sie doch überhaupt nicht hin. Eh alles Gauner usw.

    Diese Menschen könnten durchaus noch wissen, wie es etwa im 38er – Jahr bei der Volksabstimmung über den Anschluß war! Mit den SA – Leuten im Wahllokal,dem offenen Abstimmen usw. Das sind jene, die aus der Geschichte nichts gelernt haben und auch garnichts lernen wollen.Treten wir ihnen entgegen – ohne Pietäts – Scheu vor ihrem Alter! Ihre Meinung darf nicht mehrheitsfähig werden!

    Und bei den „PolitikerInnen“: die haben (!!!) brav und bieder ihre jeweilige Arbeit zu machen! Sie haben einen zeitlich begrenzten Vertrag mit den WählerInnen und haben diesen einfach und ohne Jammern zu erfüllen.So wie jede/r andere AuftragnehmerIn auch. Die Arbeit ist nicht einfach – weil meist sehr viele legitime Interessen anzuhören und zu berücksichtigen sind. Faktum ist jedenfalls: ab dem Moment , an dem ein/e MandatarIn angelobt wird – ist er oder sie „öffentliches Eigentum“. Ohne Mitleid!

    Es ist auch wichtig, stets das Innenleben von scheinbar großen Organisationen
    wie Parteien und Verbänden im Blick zu haben. Die sind höchst empfindlich wenn es um Mitglieder, Presseartikel, Leserbriefe – die thematisch durchgehalten werden – usw. geht! Weil letztlich mit dem Image auch zukünftige Erfolge und damit auch ansprechbare Ressourcen auf dem Spiel stehen. Warum denn will die ÖVP das „Bienenthema“ so schnell weghaben?

    Angst haben, so meine bescheidene Meinung, müßte man/frau eigentlich nur vor eigener (angstmotivierter) Untätigkeit haben. Derzeit. Denn wenn sich die oben angeführten geschichtslosen Alten durchsetzen – dann wird’s ganz anders! Dann kommt eine Figur wie der Blockwart eine Stunde vor dem Schließen des Wahllokals mit seinem „Jetzt aber dalli, dalli“. Und ab geht’s zur offenen Wahl.Im Buch „Der Eisstoß – Erzählungen aus den sieben verlorenen Jahren Österreichs“ wird’s genau berichtet.

    Lothar Müller          

    • Lieber Lothar, ist es denn wirklich so, dass großteils ältere Menschen zu den 40 Prozent der Nichtwähler zählen? Ist das deine Meinung, oder stützt du das auf irgendwelche Umfragen (es interessiert mich wirklich). Meiner Meinung nach ist das Wahlergebnis aufgrund dessen so stark für die ÖVP ausgefallen weil eben mehr ältere Mensche (schwarz) wählen gehen als Junge Leute. (Ausgenommen Gemeinden in Tälern wo der Großteil d. Einwohner einen Bauernhof hat.) Und gerade, wenn junge Leute kein Interesse mehr an Politik/-Wahlen/-Demokratie haben, wird es zum wirklichen Problem. Wenn es hauptsächlich alte Menschen sind, ist das ja nur eine Frage der Zeit bzw. des Generationenwechsels und damit kein Problem, vor dem wir ernsthaft Angst haben müssen.

  5. Gemeinsame Schule ade?
    Seit Jahrzehnten (!) wird Bildungsreform in Österreich verschleppt, vor allem mit Hilfe großer Teile der Gewerkschaft, die in Zusammenarbeit mit ÖVP-Politikerinnen und -Politikern alles verhindert, was nach mehr Bildung für alle duftet.
    Die Fortsetzung von "Schulversuchen" bis ins nächste Jahrhundert scheint das erklärte Ziel zu sein.
    Kurioserweise sind sogar viele innerhalb der ÖVP für eine Gesamtschule, von Bernd Schilcher über Industriellenvereinigung bis zum Bauernbund.
    Geholfen hat das bisher nichts.
    Wenn die Grünen sich nicht als brave Wasserträger/innen wichtig machen wollen, sollten sie dieses Thema endlich in den Mittelpunkt rücken.
    Es kann doch nicht allzu schwer sein, den gütigen Landesvater an seine eigenen Versprechungen zu erinnern und Tirol tatsächlich zu einer Modellregion für Bildung zu machen.
    Bis dahin bleibt uns nichts übrig, als die neue Koalition immer wieder an ihre Aussagen zu erinnern.

  6. „Lieber Lothar, ist es denn…“
     Liebe/r „L“! Du hast mit mit der Meinung, daß Ältere eher schon, Jüngere/Junge eher nicht zur Wahl gegangen sind, sicher recht. Umfrage dazu habe ich keine.
     
    Es geht mir aber auch garnicht um die jeweilige Wahlbeteiligung oder um das Wahlergebnis. Sondern um eine Breitseite gegen jene, die aufgrund ihrer Lebenserfahrung den Wert der „parlamentarischen Demokratie“ erkannt haben müßten. Und sich dennoch in der Öffentlichkeit (etwa in Medien – Interviews) verächtlich zeigen – „Da mach ICH doch nicht mit…“. Sie müßten wissen, wie wertvoll freie und geheime Wahlen, Rechtsstaat , Menschenrechte und Meinungsfreiheit sind – und dennoch! Das sind StimmungsmacherInnen gegen das „Wählengehen“ und das wirkt sich sicher auch auf Jüngere aus.
     

    Ich habe noch einige ORF – Straßeninterviews in Erinnerung, bei denen auch Junge diese Meinung irgendwie geteilt haben. Motto: Interessiert mich nicht.

    Über dieses „Interessiert mich nicht“ müssen wir weiterdiskutieren! Was sicher eine Rolle spielt: die äußerst geringe Attraktivität der Jugendorganisationen der Parteien, die – wenn überhaupt vorhandene – sterile „Politische Bildung“ und:das Unwissen darüber, was auf sie und ihre Generation zukommt. Vor dem habe ich jetzt Angst! 

    Herzlich Lothar

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