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Vorwärts Tirol – dem Stillstand die Stirn. Oder: Neue Politik mit alten Gesichtern?

Na bumm. Jetzt ist es raus: Die lange herbei geredete „bürgerliche“ Splitterpartei ist da und wird zur bevorstehenden Landtagswahl Ende April antreten. Bei der heutigen Präsentations-Pressekonferenz wurde neben Spitzenkandidat Hans Lindenberger auch die Spitzenkandidatin für den Bezirk Reutte vorgestellt: Anna Hosp. Den ehemaligen SPÖ-Landesrat und die ehemalige ÖVP-Landesrätin einen gemeinsame Ziele: den „Stillstand im Land zu beenden“, „Leistung soll mehr zählen als das Parteibuch“ und – ganz generell – ein „neuer Stil“. Flankiert wurden die beiden von Innsbrucks Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer, die betonte „Gründungsmitglied“ zu sein und nicht kandidieren zu wollen. So weit, so … naja.

 

Der vorläufige Internettauftritt auf www.vorwaerts-tirol.at und die bei der Pressekonferenz aufgestellten Roll-ups erinnern jedenfalls frappant an die Innsbrucker ÖVP-Abspaltung „Für Innsbruck“ – was man auch gar nicht wirklich kaschieren wollte: Begrüßt wurde etwa ich von FI-Klubobmann Lucas Krackl, nach der Pressekonferenz warf Christian Loitz, seines Zeichens FI-Pressereferent, den Laptop an. Dies alles legt den Schluss nahe, dass die Idee zu „Vorwärts Tirol“ maßgeblich in Innsbruck und nicht etwa im Außerfern geschmiedet wurde. Auch wenn alle drei Anwesenden betonten, mit führenden ÖVP-Kräften inklusive LH Platter das Gespräch gesucht und eine inhaltliche Erneuerung der ÖVP angestrebt zu haben: so ganz ließ sich das Gefühl, der Platter-ÖVP ordentlich eins auszuwischen, nicht besänftigen.

Bei der Landtagswahl 2008 hatte Anna Hosp in ihrem Heimatbezirk Reutte für die ÖVP sehr gut abgeschnitten – doch der nach dem Wahldebakel von Herwig van Staa aus dem Hut gezauberte Günther Platter wollte sie nicht in seinem Team. Sie musste das Feld räumen.

Hans Lindenberger erzählte gleich mehrmals von Frusterlebnissen in der Landesregierung: als Manager noch (ÖBB, Unterinntaltrasse) sei er es gewohnt gewesen, Projekte gut vorzubereiten und zum Abschluss zu bringen. Nicht selten sei es der Fall gewesen, dass nach peinlich genauer Vorbereitung in letzter Sekunde vom Koalitionspartner ÖVP ein „njet“ kam. Schließlich räumte auch er – wohl nicht ganz freiwillig – gefrustet und als Unterlegener im Machtkampf gegen den damaligen SPÖ-Landeshauptmannstellvertreter Hannes Gschwentner das politische Minenfeld.

 

Mit dem oft zitierten „neuen Stil“ will „Vorwärts Tirol“ punkten. Ähnlich wie „Für Tirol“ des ehemaligen Wirtschaftsbündlers Patrick Pfurtscheller oder der Tirol-Ableger des „Team Stronach“. Die beiden können sich schon mal nicht nur angesichts des Winters warm anziehen. Sowohl Lindenberger als auch Hosp sind – ob für jedeN EinzelneN nachvollziehbar oder nicht – im Land nach wie vor recht beliebt. Mit Unterstützung des „Gründungsmitglieds“ Christine Oppitz-Plörer können sich aber wohl auch die beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP warm anziehen.

 

Inhaltlich wollte man heute noch nicht ins Detail gehen. Was auch gut so war. Anna Hosp etwa erwies sich auf Nachfrage eines Journalisten als veritable Nichtschwimmerin in der Causa Agrargemeinschaften: man müsse prüfen, wo Gemeindegut vorliegt (als ob das nicht schon längst passiert wäre). Im Fall des Falles gehöre es an die Gemeinden rückübertragen. Man müsse sich an einen Tisch setzen (Wenn für jeden Sager, dass man sich an einen Tisch setzen müsse, auch tatsächlich einer gebaut würde, gäbe es in Tirol keinen Schutzwald mehr, Anm.)

 

Thematisch also zumindest heute ein laues Lüfterl – das aber in manchen Parteizentralen als scharfe Brise wahr genommen wird. Schon bald sollen aber konkrete Inhalte und weitere MitstreiterInnen vorgestellt werden. Fix ist jedenfalls: 2008 war es die Liste Dinkhauser, die die Wahl spannend machte. Dieses Mal ist es „Vorwärts Tirol“, der diese Rolle zukommen könnte. Die Landtagswahl am 28. April kommt – und es bleibt spannend. „Bürgerliche Blugrätschen“ werden wohl nicht ausbleiben. Andere Parteien wie auch die Grünen werden sich abstramplen müssen, in diesem Wahlkampf („Wahlwerben“ wird es vermutlich keines werden, „neuer Stil“ hin oder her“) nicht unter zu gehen – könnten am Ende aber auch als lachende Dritte oder Vierte dastehen.

 

Markus Koschuh

5 Comments

  1. Gerüchteweise soll sich ja schon eine Liste FORZA TYROL formieren, die als liberalkonservative Bürgerliste den Tiroler Landtagswahlkampf aufmischen wird – mit dabei sind der Großneffe vom Dinkhauser und der gesamte Pfarrgemeinderat von Hinterschluchtenklemm. Das wird sicher ein lustiger Wahlkampf und am Ende gehen etwa 50% hin, weil der Rest von dem Kasperletheater längst genug hat …

  2.  

    >> pointierte Aussagen, denen ich inhaltlich fast allen zustimmen kann! <<

    Jedoch bei deiner Frage (im Rahmen der heutigen PK) zum Thema Finanzierung der Liste, kamen die Akteure ein wenig ins schwitzen – oder wie siehst du das Markus?

     

    • ja, stimmt. da propagiert lindenberger groß einen "neuen stil" und dann kommt auf meine frage, wer das große roll-up bezahlt hat und wie man den wahlkampf finanzieren will, die antwort: "wir werden auf basis der neues gesetzeslage dem rechnungshof unsere finanzen offenlegen". und auf nachfrage, ob es denn nicht doch etwas konkreter geht, kommt zuerst ein "nein" und dann ein langatmiges phrasendreschen mit "sparsamer wahlkampf", "keine plakate", etc. das ist alter stil. sie hätten ja nicht mal eine summe nennen müssen, weil man selbst mit 200.000 euro gegen vermutlich 1 mio der övp alt und klein aussieht. aber wer bzw ob und wenn ja welche unternehmen gelder bereitstellen, ob sie ihr privatvermögen einsetzen etc ist nach wie vor interessant – und unbeantwortet. ich wünsche mir von allen parteien eine offenlegung noch im wahlkampf, wer welche gelder von wem bekommt. kann ja keine schande sein – oder man hat was zu verbergen.

  3. Mag sein, dass die Auswahl für die nächsten Wahlen größer wird, die politische Qualität steigt sicher nicht … die meisten Volksverräter sind doch nur Selbstdarsteller mit oft nicht zu unterschätzender krimineller Energie.

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