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Music and the city (Vol. 21)

Die No-Wave Legende Lydia Lunch gastierte gestern in der P.M.K. in Innsbruck und zeigte, dass auch Legenden nicht unfehlbar sind

 

In einer bekannten österreichischen Tageszeitung stand sinngemäß, dass Lydia Lunch immer noch Musik mache, trotz ihres fortgeschrittenen Alters, für die man sich nicht zu schämen braucht. Zweifellos kann man die Konsequenz von Lydia Lunch hervorheben und behaupten, dass sie sich, abgesehen von ihren Spoken-Word-Alben, nicht allzu weit von ihrem angestammten musikalischen Gebiet wegbewegt hat. Lunch steht immer noch auf der Bühne, ist sich nicht zu schade auch mal den Stinkefinger zu zeigen, immer noch die Rebellische zu mimen und dabei auch noch den einen oder anderen Schluck Alkohol auf der Bühne zu trinken. Auf ihrem letzten Album rückt sie sich sogar in die Nähe einer Hexe und spielt mit dem Fremdbild, das ihr viele anheften wollen.

 

Das ist alles schön und gut, das kann man alles, je nach Geschmack, ansprechend, ein wenig lächerlich oder auch einfach nur uninteressant finden. Das Problem des gestrigen Abends lag aber nicht in all diesen Posen, die vielleicht nicht mehr ganz taufrisch wirkten, aber immerhin für ein wenig Nostalgiegefühl taugten. Das Problem war vielmehr in der Musik zu suchen, die eine Form von musikalischer Rebellion beschwor, die mehr als nur altbacken wirkte.

 

Auch die durchaus immer noch imposante Stimme konnte diesen Makel nicht wettmachen. Was hier geboten wurde war Standardrock, den man so in dieser Form schon zu oft gehört hat. Auch die Abwesenheit eines Bassisten, die wohl die besondere Rohheit und Wüstheit dieses Sounds hätte betonen sollen, wirkte sich negativ aus, da auch noch, neben der mehr und mehr um sich greifenden Langeweile angesichts der klischeehaften Riffs, zusätzlich noch jede Möglichkeit sabotiert wurde, dass die Band grooven könnte. Die grobschlächtigen Riffs erschienen und klangen aus diesem Grund noch grobschlächtiger und noch uninspirierter.

 

Man fragt sich, warum sich eine No-Wave Legende wie Lunch mit solchen Riffs und solchen musikalischen Ideen zufrieden gibt. Eine mögliche Antwort könnte sein, dass sie den Anschluss an das musikalische Heute längst versäumt hat und heute nur noch etwas intoniert, von dem sie glaubt, es wirke irritierend, chaotisch, wild und rebellisch. Man kann nur sagen, dass sich Lunch in diesem Punkt gewaltig täuscht. Wenn es der Geist des No-Wave war, eben keiner Strömung anzugehören, sich dem Experiment zu öffnen und sich Genre-Zuordnungen zu entziehen, so hat Lunch diese Anforderungen mit ihrem neuen Projekt, bewusst oder unbewusst, in Frage gestellt. Ihre Band klingt schablonenhaft, vorhersehbar und weist jeglichen experimentellen Charakter, der in die "Zukunft der Rockmusik " deuten könnte, von sich. Was bleibt ist Stillstand und Langeweile. Und ein Konzert, das man nur als Enttäuschung beschreiben kann.

Markus Stegmayr

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