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Innsbruck ein Haller Vorort? Zumindest im VVT!

Letzten Herbst feierte der Verkehrsverbund Tirol ein kleines Jubiläum: Vor zehn Jahren startete in Tirol das erste "Regiobus" Projekt.

 

Bis Anfang des neuen Jahrtausends hatte es außerhalb von Innsbruck nur einzelne, größtenteils nicht im Takt fahrende Regionallinien gegeben, welche überwiegend durch den Postbus betrieben wurden. Die Regiobusse sollten – so der Plan – das Gesicht des Busverkehrs in Tirol vereinheitlichen und die zahlreichen, quer durchs Land fahrenden Buslinien zu einem einheitlichen System formen.

 

Tatsächlich sieht man heute in Tirol zahlreiche gelbe Busse mit einem großen Regiobus Aufkleber – nicht zuletzt in Innsbruck. Die schwarz-roten Aufschriften wecken beim armen Städter Sehnsucht nach exotischen Orten wie dem Mittelgebirge, dem Stubaital oder gar Schwaz. Alle sind sie nun per gelbem Regiobus erreichbar.

 

Ganze 28 verschiedene "Regiobus"-Projekte sollen heute in Tirol existieren, wenn man der Wikipedia glaubt. Wahrscheinlich werden es noch zahlreiche mehr, schließlich bedeutet jeder neue Regiobus eine weitere Jubelmeldung in der Presse und eine foto opportunity für die (über)regionale Politprominenz.

 

Regiobusse überall, aber wo?

In der Praxis hat sich bis auf die Lackierung der Busse nicht viel geändert. Das schreckliche Regiobus Logo ist bisher (zum Glück?) nur auf den Fahrzeugen selbst zu bestaunen. Auf der Homepage des VVT sucht man vergeblich nach Informationen zu den einzelnen Regiobussystemen, abgesehen von vereinzelten Pressemeldungen.

 

Im Linienverzeichnis finden sich zwar Stadt- und Ortsverkehre von Metropolen wie Ehrwald und Kappl aufgelistet, aber keine Info welche Regionallinie denn zu welchem Regiobus gehört. Vielleicht mag das ja aber auch gänzlich unwichtig sein. In Fahrplänen und an den Haltestellen sucht man die Regiobusse jedenfalls vergeblich.

Dort hat sich seit den Postbustagen kaum etwas getan, die Liniennummern blieben kryptisch vierstellig und die Fahrpläne kaum merkbar.

 

Einzige mir bekannte Ausnahme ist einer der ältesten Regiobusse und zwar der Regiobus Hall. Dort wurden immerhin einige gelbe Haltestellentafeln aufgestellt, was die Sinnlosigkeit der Linienführungen aber auch nicht kompensiert. Vor ein paar Jahren schaffte es der Regiobus Hall immerhin schon bis zum Innsbrucker Hauptbahnhof, die Parallelführung zur IVB Linie 4 wurde aber bald wieder aufgegeben. Die letzten Jahre pendelten die drei verbliebenen Linien im Kreis vom Kurhaus zum Kurhaus und schafften es kaum die Gemeindegrenzen zu verlassen, geschweige denn eine nennenswerte Anzahl von Fahrgästen zu transportieren. Seit einigen Wochen erlebt der Regiobus Hall aber eine Renaissance und bedient mittlerweile selbst die Innsbrucker Innenstadt.

 

Where did my IVB bus go?

Wer heute an der Anichstraße oder dem Marktplatz auf die Linien D, E oder DE wartet, dem kann es durchaus passieren, dass statt dem bekannten weißen IVB Bus plötzlich ein gelber Regiobus Hall an der Haltestelle stoppt. In diesem Fall hat sich kein Chauffeur verfahren, nein, man hat das Glück einen der neuen Busse auf dieser Linie zu erwischen. Diese neuen Solaris Busse sind ein kurioser Hybrid: Außen gelb mit "Regiobus Hall" Logo, innen mit roten IVB Sitzen und BusfahrerInnen in IVB-Dienstbekleidung.

Wie kommt es zu dieser seltsamen Mischung? Seit jeher werden die Linien 4, D, DE, E und S von den IVB bzw. deren Tochter Innbus betrieben. Tatsächlich liegt der Ursprung der Innsbrucker Verkehrsbetriebe in der Gesellschaft zum Betrieb der Localbahn Innsbruck–Hall i. Tirol.

 

Dass die IVB bzw. ihrer Vorgängergesellschaften nach Hall fahren, ist demnach seit über 100 Jahren der Fall. Für den VVT handelt es sich bei diesen Linien allerdings nicht um Innsbrucker Stadtverkehrslinien, sondern um Regionalverkehrslinien. In der Praxis war dieser Unterschied bisher kaum zu spüren. Zahlreiche IVB Linien fahren über die Stadtgrenzen hinaus, u.a. auch die Linien 6, A, J, T, O usw. Wieso also Linien in Stadt- und Regionallinien unterteilt werden, was in der Praxis für den Fahrgast keinen Unterschied macht, das weiß man wohl nur beim VVT bzw. im Landhaus wo die politisch Verantwortlichen sitzen.

 

Jedenfalls betrachtet man beim VVT offenbar das Inntal vom westlichen Teil Innsbrucks bis nach Mils und noch weiter als Region Hall. Anders lässt sich nicht erklären warum die Linie E, die das Stadtgebiet von Hall nicht einmal berührt, aber 14 Haltestellen in Innsbruck, 3 in Rum, 5 in Thaur, 2 in Absam und 2 in Eichat hat, als Haller Regionallinie bezeichnet wird.

 

Auch die Linie D mit 3 Haltestellen in Hall, aber 17 in Innsbruck ist ganz offensichtlich ein Hallerbus – für den VVT. War man bisher der Meinung die östlichen Vororte seien Teil des Großraum Innsbruck, so stellt sich heute die Situation ganz anders dar: Innsbruck wird zum Vorort von Hall.

 

Verschlechterungen für die Fahrgäste

Eigentlich wäre alles zum Lachen, gingen nicht auch reale Verschlechterungen für den Kunden mit dieser Entwicklung einher. Die neuen Busse am D, DE und E haben nämlich nicht einmal mehr ein Fahrgastinformationssystem (besser bekannt als Haltestellenanzeige). Auch sonst wurde bei diesen Bussen an allen Ecken und Enden gespart.

 

Für Kinderwägen oder gar Fahrräder ist fast kein Platz mehr vorhanden. Die IVB als Betreiber dieser Linie schieben die Verantwortung auf ihren Subunternehmer bzw. den Verkehrsverbund. Dieser gäbe die Mindestausstattung des Busses vor und stelle auch nur dementsprechende Finanzmittel bereit. Eine Haltestellenanzeige sei nicht gefordert und Insofern sei es rechtens, dass der Subunternehmer Heiss, welcher im Auftrag der Innbus GmbH diese und andere Linien betreibt, auch keine bessere Ausstattung bestellt habe.

 

Diese Aussage ist zwar formal sicherlich richtig, aber für den Fahrgast letztendlich irrelevant. Dass heute Busse in Innsbruck und Umgebung schlechter ausgestattet fahren als noch vor 15 Jahren ist eindeutig ein Armutszeugnis. Die Verschlechterungen drohen auch auf den Linien 4 und S. Noch werden diese von der IVB auch selbst gefahren und entsprechen dem IVB Standard, auch wenn hier quasi nur ältere Fahrzeuge eingesetzt werden. Früher oder später drohen aber auch hier "Regiobus Hall" Fahrzeuge mit reduzierter Ausstattung eingesetzt zu werden. Ein ähnliches Schicksal könnte allen Linien drohen, welche das Innsbrucker Stadtgebiet verlassen.

 

Schon heute ist der VVT unter den teuersten Verbünden Österreichs. Wer ein Jahresticket für die Regio Mittleres Unterinntal erwirbt (Von Innsbruck bis Jenbach) zahlt 1078€ (sic!) und darf innerhalb der Kernzone Innsbruck nicht einmal in einen anderen Bus umsteigen. Zum Vergleich:

 

Die ÖsterreichCard der ÖBB 2. Klasse, ein Jahresabo für (fast) das gesamte österreichische Schienennetz kostet 1640€. In Wien und Vorarlberg soll zukünftig ein Jahresticket für das gesamte Bundesland nur 365€ kosten. Das Jahresticket für die Stadt Innsbruck alleine kostet schon 441€. Fazit: In Tirol zahlt man viel und fährt zukünftig auch noch drittklassig.

 

Die Politiker(innen) und Chefitäten des VVT werden auch weiterhin aus der Lokalzeitung grinsen, wenn wieder einmal ein neuer "Regiobus" in die Welt gesetzt wurde. In den Pressemeldungen werden wir weiterhin Lobeshymnen über den ÖPNV vernehmen. Dass neue Regiobusse aber keine wirkliche Verbesserung darstellen und manchmal sogar mit erheblichen Verschlechterungen des Ist-zustandes einhergehen, das müssen leider die Fahrgäste ausbaden.

 

Autor: KLAUS HAGEN

8 Comments

  1. Ja, da hab ich mich auch schon darüber geärgert. Wobei man ja auch sagen muss, dass die Verbindung Innsbruck-Hall ja eigentlich gut bedient wird, es fahren ja gleich mehrere IVB-Linien diese Strecke, der Verkehrsverbund bedient sie mit zwei Linien und jetzt sogar auch der Regiobuss Hall, wie dem Artikel zu entnehmen ist. Dann fährt auch noch der Zug. Was ich hingegen ärgerlich finde, ist der Umstand, dass es in ganz Hall keine elektronische Fahrplananziegen gibt, wie sie bereits in Rum und auch in Schwaz vorhanden sind. Eine Anfrage beim VVT-Büro kläte mich dahingehend auf, dass die Aufstellung von elektronischen Fahrplänen von der Mitfinanzierung der jeweiligen Gemeinden abhängen würde. Eh klar. Die Haller haben da noch nichts zugesagt oder weigern sich oder was auch immer. Ärgerlich daran nur, dass auch die an den Haltestellen ausgehängten Fahrpläne, sobald es dunkel wird – was um diese Jahreszeit ja schon recht früh ist – nur mehr mit einer Taschenlampe lesbar sind. Kurioserweise snd die meistens an den Haltestellen angebrachten Werbetafeln grellhell beleuchtet. Also die Werbebotschaften kann, ja muss man ja lesen können. Die Abfahrtszeiten der Busse sind dagegen völlig nebensächlich. So funktioniert unser öffentliches Dienstleistungssystem immer schleißiger.Gestern suchte ich z.B. am Wiener Westbahnhof gut zehn Minuten lang einen Postkasten. Schließlich fand ich ihn gut versteckt im hintersten Gang des mittlerweile zu einem Riesenkaufhaus umgebauten ehemaligen Bahnhofgebäudes.

  2.  Das kommt übrigens demnächst auf andere Buslinien auch noch zu und passiert überall dort, wo der VVT der IVB zu wenig Geld für den Auftrag bezahlt. Die IVB will nicht, dass das qualitativ schlechte Angebot mit ihrer guten Marke in Verbindung gebracht wird, was ich auch verstehen kann.

    • @ Gebi: Das mögen die IVB so kommunizieren, ich halte es aber aus mehrerlei Hinsicht für falsch.

      1. Die IVB bzw. deren Tochter Innbus sind Betreiber dieser Linien. Sie mögen die Linien nicht bestellen, aber sie betreiben sie. Damit trifft die IVB genauso Verantwortung.

      2. Die Busse haben Innen IVB Logos, es hängen die IVB Tariftabellen und Verhaltensregeln aus, die Fahrer tragen IVB Dienstbekleidung. An jeder Haltestelle klebt das IVB Logo, auf jedem Fahrplanblatt steht die Innbus Regionalverkehr GmbH als Betreiber.

      3. Wie schon im Artikel geschrieben haben diese Linien einen Stadtverkehrscharakter und haben sogar die Mehrheit der Haltestellen im Innsbrucker Gemeindegebiet. Egal ob „Regionallinie“ oder nicht, die IVB bietet hier einem großen Teil der Innsbrucker keinen entsprechenden Standard (damit meine ich u.a. die Mühlauer, Arzler, aber auch viele andere Teile Innsbrucks)

      4. Der VVT mag zwar mangelhafte Standards besitzen, aber er schreibt nicht die Wahl des Fahrzeugs vor. Die IVB trägt die Verantwortung, dass ihr Subunternehmer hier eines der billigsten Fahrzeuge (Solaris Urbino) bestellt hat. Der Postbus betreibt überwiegend MAN und Mercedes Busse auf seinen Linien. Die Innbus bzw. der Subunternehmer hat sich also gegenüber einem höherwertigen Produkt Kosten erspart. Mit dieser Ersparnis wäre eine Haltestellenanzeige leicht zu finanzieren gewesen.

      5. Der VVT ist teuer und bietet nicht immer entsprechende Qualität. Eine so bescheuerte „Lösung“ wie an der Schnittstelle zw. VVT Regionalzone und Kernzone Ibk (d.h. IVB) ist in Österreich (zum Glück) einzigartig. An der Verknüpfung von Stadt- und Regionalverkehr mangelt es gewaltig. Das sind Fakten, die aber nicht die IVB, die Stadt Innsbruck, aber auch die anderen Innsbrucker Umlandgemeinden aus ihrer Bringschuld entlasten. Hier müssen halt die Kommunen, die ja schließlich bezahlen und nicht der VVT, auch ihrer Verantwortung nachkommen und für eine adäquate Ausstattung der Busse sorgen.

      6. Im Vordergrund der Überlegungen sollten die Fahrgäste und die Bewohnerinnen der betroffenen Gemeinden stehen, nicht irgendwelche internen Rivalitäten zw. VVT stehen. Für den Fahrgast ist es irrelevant wer welche Linie betreibt oder bestellt, der Standard muss immer passen, die Abstimmung aufeinander ist ein Muss. Das geschieht in Tirol nicht. Hier wird aneinander und manchmal auch gegeneinander gearbeitet.

      7. Dass es anders geht beweisen die Nachbarländer, siehe auch den Kommentar von Wrzlbrnft.

      Fazit: Tolle IVB Marke hin oder her, die IVB können auch mit einer gelben Lackschicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Service auf der von ihr betriebenen Linie verschlechtert. Dass dafür auch der VVT Verantwortung trägt stimmt, ändert aber für die Fahrgäste rein gar nichts.

      PS: Mit Firefox konnte ich nicht kommentieren und musste extra auf den Internet Explorer wechseln. Da hat es wohl was.

  3. Ich war just letzten Herbst sehr oft im gesamten VVT-Gebiet unterwegs und mir sind allerorten die Unkoordiniertheiten der ÖPNV-Angebote und eben auch diese ganzen Regiobus-Projekte aufgefallen. In Vorarlberg lacht man über Mini-Landbusbetriebe wie den "Landbus Brandnertal" (genau 1 Linie), in Tirol scheint das schon fast ein Flächenbrand zu sein.

    Die Qualität dieser Angebote schien mir sehr unterschiedlich zu sein. Am Achensee etwa fand ich ein koordiniertes Angebot mit einem leistungsfähigen stündlichen Umsteigeknoten in Maurach vor, im touristisch bedeutenderen Ötztal hingegen wird ein zwar relativ dichter, aber dennoch kaum merkbarer Kraut-und-Rüben-Fahrplan mit unterschiedlichsten Anschlüssen an den Umsteigepunkten in Ötztal, Ötz oder Sölden gefahren.

    Auf einer Reise vön Ötztal über das Timmelsjoch gelangte ich in ebendiesem Herbst auch hinunter nach Südtirol. Dort erwartete mich alleine im Passeiertal sowie den dort wegführenden weiteren Seitentallinien ein herrlich zu merkender Fahrplan zumeist im Stundentakt mit hervorragenden Anschlüssen am Bahnhof Meran. Entsprechend oft habe ich mir daher schon "Südtiroler Verhältnisse" bei den Nachbarn im Norden gewünscht. Stattdessen wehrt man sich dort sogar mit Händen und Füßen dagegen, die extra auch für das ÖBB-Netz ausgerüsteten Südtiroler FLIRT-Züge bis nach Innsbruck oder Lienz fahren zu lassen.

    Mein Fazit: Das Angebot im VVT ist nicht allzu schlecht, an vielen (!!!) Punkten jedoch noch stark verbesserungsbedürftig.
     

  4. Es wäre vorallen Dingen Sinnvoll, wenn Innsbruck die Obusse wieder einführt, wenigstens auf Linien, wo keine Straßenbahnstrecken angelegt werden UND wo diese jeweils im 10-Minutentakt bzw. Viertelstundentakt verkehren.

    Es war der selbe Schwachsinn gewesen wie in Essen; es wurden Obusse eingeführt und nach kurzer Zeit wieder abgeschafft.

    Wenn  I C H  über diese beiden Städte verfügen dürfte, dann hätte ich diese belassen.

    Mehr darüber s. google: pro obus ist pro umwelt bzw. pro obus ist pro umwelt – die Zukunft der Stadtbusse

    Auch auf der vorhinbenannten Homepage bzw. http://www.myblog.de/alpenbayern-s-bahn oder http://www.myblog.de/pro-stadtbahn wird im laufe in der nächsten Zeit was über die Innsbrucker Obusse sowie weiteres vom SPNV berichtet.

    Schauen Sie bitte mal dritteljährlich da eini.

    Vielen Dank

    Regiotramuli

    PRO-BAHN-Mitglied

     

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