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Home is for the heartless – Ein Leben als AusländerIn

Solange man im eigenen Heimatort lebt, ist man Teil der Gemeinschaft, quasi als Geburtsrecht festgelegt. Man ist BochumerIn, BerlinerIn, New YorkerIn, WienerIn oder was auch immer. Zieht man in eine andere Stadt ändert sich schon mal etwas. Man ist dann der/die BochumerIn in Berlin, der/die BerlinerIn in New York oder der/die WienerIn in Hamburg. Man wird höchstens Wahl-BerlinerIn.

Zieht man dann noch in ein anderes Land, wie in unserem Beispiel der/die BerlinerIn, der/die New YorkerIn oder der/die WienerIn, ist man nur noch der/die Deutsche, der/die AmerikanerIn oder der/die ÖsterreicherIn.

 

Nationale Identität ist was Feines. Man wird sie nie wieder los. Wie wenig man sich auch mit seinem Herkunftsland identifizieren kann, was auf dem Personalausweis steht ist das was gilt. Alles andere interessiert nicht.

 

Jedenfalls, sollte man in einem anderen Land leben, ist man automatisch AusländerIn. Das wird einigen vermutlich nicht so bewusst sein, wenn sie sich entscheiden in ein anderes Land zu ziehen (aus welchen Gründen auch immer), oder wenn sie von jemanden hören, der/die ins „Ausland“ ziehen möchte. In den ganzen Auswanderer-Dokus, die man so im Fernsehen anschauen kann, wird deutlich, wie wenig Menschen bewusst ist, dass sie nicht in einen anderen Teil Deutschlands ziehen, sondern nach Spanien, Amerika, Großbritannien oder Italien. Man wird mit einer anderen Sprache, anderen Umgangsformen, anderen Bürokratien und wer weiß was konfrontiert. Und selbst wenn man sich gut vorbereitet, es gibt einige Dinge, die kann man vorher nicht erahnen.

 

Aber man muss gar nicht in ein „exotisches“ Land ziehen, um zu merken, dass man AusländerIn ist.

Als ich nach einem Jahr in Großbritannien nach Österreich zog (als gebürtige Deutsche) wurde ich mit Dingen konfrontiert, die hätte ich mir vorher nicht ausmalen können. Das Land wird vielen Deutschen als Urlaubsziel bekannt sein (vor allem aus dem Skiurlaub). Aber was es heißt sich dort für einige Jahre niederlassen zu wollen, ist vielleicht ein paar Leuten nicht klar. Auch den Einheimischen nicht. Denn, wie gesagt, wo man her kommt, da gehört man dazu und ist zum Teil nicht sensibilisiert für latenten Rassismus, wie auch immer er sich ausdrücken mag.

 

Jedenfalls zog ich vor einiger Zeit nach Innsbruck, Tirol. Nach einem relativ unkomplizierten Jahr in Großbritannien, wo es auch niemanden gestört hätte, wenn ich weiterhin da geblieben wäre (EU und so…), hatte ich eigentliche keine Sorgen, dass es in Österreich nicht ebenso reibungslos klappen sollte.

Im Bezug auf meine Wohnungssuche, die ich noch von Cardiff aus organisierte, wollen wir mal nicht ausführlich sprechen. Allerdings hatte ich gedacht, dass es einfacher sein würde, ohne Besuchstermin eine Zusage bekommen zu können. Na ja, vielleicht war ich da auch nur von Cardiff verwöhnt. Das ist immerhin eine Universitätsstadt mit vielen (internationalen) Studenten…. Moment… Universitätsstadt… Innsbruck…? Na ja, wie auch immer.

Bei meinen Versuchen einen Handyvertrag zu bekommen, wurde mir deutlich gemacht, dass dies nicht möglich sei, bevor man nicht mind. 3 (bis max. 12) Monate in Österreich gemeldet ist (was natürlich auch von den Anbietern abhängt). Es sei denn, man ist Student. Dann geht’s ggf. früher… Was mich überrascht hat, war die Betonung der Meldung in Österreich und nicht der Verdienst.

 

Die anscheinend starre Bürokratie in Österreich wäre wohl eines anderen Eintrags würdig, daher möchte ich dies an dieser Stelle außen vor lassen. Ich will auch nicht großartig rumnörgeln.

Vielleicht bin ich auch gerade etwas empfindlich, da ich in diesem Jahr schon einmal, diesmal in Griechenland, auf Grund meiner Nationalität angefeindet wurde. Dies ist vor allem schmerzlich, wenn man sich nicht einmal mit dieser Nationalität identifizieren kann und für etwas angegriffen wird, für das man nicht einmal etwas kann. Und vielleicht war ich durch den Aufenthalt in Großbritannien auch nur verwöhnt, weil dort der Umgang ein ganz anderer ist.

 

Aber ob in Großbritannien oder Österreich, man bleibt immer der/die Deutsche.

Sowas kann man sich eben nicht aussuchen.
Warum eigentlich nicht?

 

P.S.: Wenn ich mir eine Sache wünschen könnte, dann wäre es Folgendes: Dass mehr als nur eine Handvoll Menschen herzlich und „Fremden“ gegenüber aufgeschlossener wären. Auch wenn wir länger als nur eine Woche im Jahr bleiben wollen.

 

Text: Jenny Lwc

8 Comments

  1. Hm, die Deutsche wissen sich schon zu helfen, glaube ich http://www.youtube.com/watch. Und dass viele gerade in Tirol einen echten Minderwertigkeitskomplex gegenüber den Deutschen haben, ist auch nicht zu leugnen … nur warum eigentlich?

  2.  ich kann jenny’s eintrag gut verstehen.
    bin nämlich auch deutsche. was aber niemanden interessiert ist, woher man eigentlich kommt. und damit ist nicht das land gemeint. ich bin kein nordlicht, das völlig weltfremd in tirol lebt.
    vielen innsbruckern müsste rosenheim ein begriff sein. und das kaff, aus dem ich stamme, liegt nun mal näher zu innsbruck als zu münchen, also war von haus aus klar, dass es mich hierher zieht.
    was auch gern viele vergessen:
    ich kenne kaum einen tiroler oder salzburger, der nicht zum einkaufen nach rosenheim/münchen/whatever fährt weils da viele sachen einfach billiger gibt.
    es interessiert auch keinen österreicher, ob man nach dem studium (für das sie mit ihren steuern zahlen, wohlgemerkt) in diesem wunderschönen land bleiben will um mit seinen eigenen steuern etwas beizutragen.
    nach gut 2 jahren hier lässt sich für mich als ausländerin feststellen, dass man quer durch sämtliche gesellschaftsschichten erst einmal angefeindet wird, und wenns nur ein fieser blick ist, wenn jemand den hochdeutschen oder gar bayrischen dialekt hört.
    nach jahren der diskussion "deutsche in österreich" sind die scheuklappen leider geblieben…
    (und ich spreche nicht nur für mich als rosenheimerin, auch die leute aus garmisch oder der bodensee-region kennen das ganze gut.)

  3. schon klar, als piefke hat mans mit den älplern nicht immer leicht. man muss das ganze eben als entwicklungshilfe begreifen.

  4. haha, aber warum soll man eine Wohnung ohne Besichtigung erhalten? Bekommt auch kein Tiroler resp. Österreicher.

  5. Ich kann hier nur aus der Sicht eines Studenten sprechen: aber einige der wenigen Sachen die mich wirklich stören ist, wie sich besagte Bevölkerungsgruppe am Campus präsentiert. Meist in größeren Rudeln, entern sie Hörsääle, Aulen, usw. Sind wir Ösis denn so fad dass ihr euch immer auf einen Haufen rotten müsst? Ich für meinen Teil, wenn ich im Ausland lebe, meide möglichst jeden Kontakt mit Leuten aus meiner Heimat. Primär versuche ich dann dort die Menschen, Kultur, usw genauer kennenzulernen, genau das ist ja der Reiz wenn wir ein anderes Land gehen, (oder sollte er sein?). Dann kann es schon mal vorkommen, dass ich mich mit einem Sprung hinter die nächste Hecke rette, wenn Heimatler angetanzt kommen. Aber vl. bin es ja nur ich dem, diese Heimatland-Gruppenbildung schwer auf die Eier geht?

     

    • ich kann leider meine finger nicht stillhalten und stimme dir 100% zu.
      scheint ein phänomen in innsbruck zu sein das die deutschen lieber unter sich bleiben.
      geht man auf sie zu merkt man das sie es unangenehm für ihnen ist. wieso auch immer.
      studiere nun seit 3 jahren in wien und hier scheint die welt in ordnung zu sein

  6. Liebe Jenny,ich verstehe dich. Ich verstehe dich nur allzu gut, und dabei bin ich sogar noch einen Schritt weiter als du: ich bin nämlich in Innsbruck geboren und großteils auch aufgewachsen. Das dumme an der ganzen Sache – auf meinem Pass steht Bundesrepublik Deutschland. Und einen ost-europäischen Nachnamen hab ich auch noch. Da ist es egal, wie mühelos mir das tiroler „kkkhhh“ von den Lippen geht, Ausländerin bin ich trotzdem. Aber glaub mir, es sind nicht alle so. Nicht alle, die Witze über Deutsche machen, meinen es auch böse. Nicht alle tragen Scheuklappen (+Augenbinde, man weiß ja nie). Kopf hoch, steh drüber, ignorier es. Dann verschwinden zwar viele Leute aus deinem Umfeld, aber es sind die Trotteln,  die dich nicht für den Menschen sehen, der du bist. Übrig bleiben dann allerdings die tollen Leute, denen es egal ist, woher du kommst. Oder noch besser: denen es eben nicht egal ist, und die an deinen Lippen hängen wenn du erzählst wie toll es überall ist, wo du schon gewesen bist. 🙂

     

  7. Nach jahrelanger WG und Uniseminarerfahrung kann ich bestätigen: Eine deutsch-österreichische Freundschaft ist möglich. Tipp an Jenny: Piefkewitze und dergleichen einfach ignorieren, meint eh niemand wirklich böse 😉

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