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Gendercide in Indien und China

Am 23.9. fand in der Bäckerei eine Filmvorführung des Dokumentarfilms „It’s a girl“ des Regisseurs Evan Gray Davis statt, der eine drastische Darstellung des Mordes an weiblichen Föten und Babies in Indien und China zeigt. www.itsagirlmovie.com.


Amitabh Kumar, Aktivist der Indischen Frauenrechtsorganisation „Center of Social Research“
http://www.csrindia.org/ , welcher an dem Film mitarbeitete, führte gemeinsam mit Claudia Schütz vom Friedensforum Innsbruck durch den Abend. Um zu diesem Thema noch mehr Bewusstseinsbildung zu betreiben, sprach Amitabh Kumar von der Wichtigkeit, dass die Menschen Informationen zu diesem Thema erhalten und darüber sprechen.

In Indien gibt es – aufgrund der Mitgift, die indische Familien an die Familie des Bräutigams zahlen müssen – eine 40% höhere Todesrate bei Mädchen. Viele arme indische Familien können sich diese Mitgift nicht leisten und deshalb werden weibliche Säuglinge nach der Geburt getötet. In dem Film wurde eine indische Frau interviewt, die bereits acht Säuglinge nach der Geburt getötet hat. Sobald sie auf der Welt waren, wurden sie mit einem nassen Tuch, das ihnen über das Gesicht gelegt worden war, erstickt.

Mädchen werden als Belastung gesehen und dieses System beruht auf der Gier der Familien, welche die Mitgift erhalten wollen. Frauen werden gekauft, verkauft und getötet. Sie werden wie Gebärmaschinen behandelt.
 

Fortschritte in der Medizin führten dazu, dass 20-30% der weiblichen Föten abgetrieben werden und Frauen dürfen darüber nicht sprechen, dieses Thema ist ein Tabu, sie müssen mit dieser Traumatisierung allein fertig werden. 1994 wurde es verboten, dass das Geschlecht des Babies schon vor der Geburt festgestellt werden darf, aber es gibt Ärzte, die es trotzdem machen, natürlich gegen Extrabezahlung. 


Eine Frau wurde porträtiert, die sich dagegen auflehnte, sie erwartete Zwillinge und wurde von ihrer Familie massiv unter Druck gesetzt, das Geschlecht der Föten bestimmen zu lassen. Es waren Mädchen. Sie weigerte sich, die Babies abzutreiben und wurde brutal misshandelt, in ein Zimmer eingeschlossen ohne etwas zu essen und trinken und schließlich über die Treppe des Hauses hinuntergeworfen, in der Hoffnung, dass sie die Kinder durch den Sturz verliert. Sie flüchtete vor ihrer Familie, zieht ihre beiden Töchter allein groß und ist jetzt eine starke Aktivistin in der Indischen Frauenrechtsbewegung, die betroffenen Frauen Unterstützung anbietet. Solche Frauen, die Widerstand leisten, wurden im Film als „decisiontakers“ und als „survivers“ bezeichnet.

Ein anderer Fall handelte von einer Frau mit einem weiblichen Fötus im Bauch, die von ihrem Mann so stark misshandelt wurde, dass sie an den Verletzungen verstarb, solche Fälle werden in Indien nicht strafrechtlich verfolgt.

In China steht gendercide im Zusammenhang mit der gesetzlich geregelten Familienplanung, die Paaren nur erlaubt ein Kind zu bekommen. Es gibt finanzielle Strafen, wenn sie weitere Kinder bekommen und diese existieren offiziell nicht. Es gibt 13 Millionen Abtreibungen im Jahr, auch hier weibliche Föten, sowie eine Mentalität gemäß dem Spruch „Eine Tochter ist ein Dieb“. Der Konfuzianismus ist eine Kultur, die Söhne bevorzugt.

Dies führte dazu, dass es in China wesentlich mehr Männer als Frauen gibt mit dem Resultat eines regelrechten Frauenmangels. Die haarsträubende Konsequenz daraus ist, dass Töchter von anderen Familien gestohlen werden und in anderen Familien als künftige Bräute für die Söhne aufwachsen. Die Tochter einer im Film porträtierten Familie wurde gestohlen. Sie verschwand plötzlich und war nicht mehr auffindbar, da die Eltern nicht aufgaben, ihre Tochter wieder zu finden, konnten sie sie schließlich ausfindig machen und holten sie zu sich zurück, sie lebte inzwischen bei jener Familie, welche sie entführt hatte. Laut Statistik werden in der Volksrepublik jährlich 70 000 Kinder entführt oder gelten offiziell als Waisen und wachsen in Waisenhäusern auf, da die Eltern der Ein-Kind-Familienplanung nicht gerecht wurden, oder sie werden einfach ausgesetzt.


Ein anderes chinesisches Paar verließ China – nur um ein zweites Kind behalten zu können.

Die Konsequenz sowohl in Indien und China ist, dass das Sozialkapital fehlt, obwohl Indien und China starke Wirtschaftsmächte sind, beiden Gesellschaften fehlt es an Toleranz, Gleichberechtigung der Geschlechter und Menschenrechte. Jahrhundertealte patriarchale Wert- und Familienstrukturen werden von kulturellen Dynamiken erhalten und angetrieben.

Amitabh Kumar berichtete weiters von aktuellen Protestbewegungen und war aktiv an den Protesten gegen Sexualstraftaten beteiligt, die aufgrund des Mordes an einer 23-jährigen Studentin, welche letztes Jahr in einem Bus in Delhi brutal vergewaltigt und mit einer Eisenstange misshandelt wurde, in Indien losbrachen. Er berichtete, dass sich viele Inderinnen und Inder einen gesellschaftlichen Wandel wünschen und dass alte Strukturen endlich aufgebrochen und verändert werden.


Wenn ihr Interesse habt an solchen hochinteressanten Themen mitzuarbeiten, könnt ihr dieses beim Friedensforum Innsbruck tun.
https://www.facebook.com/FriedensforumI

 

Seht euch diesen Film an und informiert euch (auch via i tunes verfügbar).

www.itsagirlmovie.com

http://www.itsagirlmovie.com/screenings/dvd

Barbara Tatschl

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