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Sekundenschlaf am Hochaltar

Oft denke ich kurz vor dem  Einschlafen noch, dass ich einschlafe, manchmal merke ich das aber auch gar nicht und schlafe einfach weg, für Sekunden nur, und denke nachher, gut dass ich kein Autofahrer bin, sonst wäre ich wahrscheinlich schon lange tot. Und von mir würde grade mal so viel übrig geblieben sein wie auf Alois Schilds prächtigem zurzeit im artdepot aufgestelltem Hochaltar, welcher eine große Zahl von Fundstücken aus einem Zeitraum von fast dreißig Jahren zeigt.
 
 
Da finden sich etwa Holz- und Knochenteile, ja ein ganzer Rinderschädel ist sogar darunter. Und alles das nicht etwa schön aufgereiht, so wie Künstler/innen das manchmal machen, sondern wirr durcheinander, so dass man genau hinsehen muss, um all die vielen Fundstücke, die der Künstler da gesammelt hat, zu sehen und – so man will – auch zu klassifizieren. So weit also präsentiert sich das Werk des bekannten Bildhauers und Aktivisten Alois Schild, der ja schon lange an der Brandenberger Ache in Kramsach den Skulpturenpark aufgebaut hat und von dem man mittlerweile auch sonst sehr viel Metallenes im Raum Rattenberg findet. So etwa den berühmten Inntalengel bei Radfeld. Der umtriebige Bildhauer, Schüler von Bruno Gironcoli, schafft es immer wieder, Politiker/innen davon zu überzeugen, Kunst im Öffentlichen Raum nicht bloß als Lippenbekenntnis, sondern als einen Auftrag im Sinne von demokratischer Öffentlichkeit zu gestalten. So etwa, wenn er in seinem Skulpturenpark in Mariathal auch eine Skulptur – „Steckenpferd des Diktators“  zum Gedenken an die dort verschleppten Euthanasieopfer schuf.
 
 
Kunst im öffentlichen Raum ist eine Sache, die Alois Schild sehr wichtig nimmt. Auch wenn die meistens rostigen Skulpturen auf den ersten Blick oft einen eher heiteren Eindruck bei ihren Betrachter(inne)n hinterlassen, so schaffen sie es doch immer wieder, unser eigenes Selbstbild und die nicht zuletzt auch von uns gemachten politischen Verhältnisse zu hinterfragen und atmen einen Geist der Anarchie, der uns freimacht für Ungewohntes, Experimentelles und Widerständiges. Kunst nicht mit dem Holzhammer, sondern in oft spielerischer Gelassenheit, ohne dabei das Dunkle und Hintergründige im Menschen zu vergessen.
 
Die Ausstellung ALOIS SCHILD läuft noch bis 4. August und lohnt einen Besuch.
 

www.aloisschild.at/

Helmut Schiestl

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