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Rezension: Sommer wie Winter

Menschen treffen und verlieben sich. Heiraten, haben Kinder, Schulden und Geheimnisse. Judith W. Taschler zeigt in ihrem Debütroman auf, dass Verdrängungsmechanismen im „heiligen“ Land Tirol – Sommer wie Winter – Saison haben.

 

Alexander ist neunzehn. Als ihn Dr. Z. spontan nach einem Erlebnis aus seiner Kindheit fragt, fällt ihm nur die Geschichte mit dem gekreuzigten Frosch ein. „Sie haben schon richtig verstanden. Er hat ihn auf ein Kreuz genagelt, so wie Jesus, vier Nägel in die beiden Hände und Füße“. Selbst wäre ihm so etwas nicht eingefallen. Nur einmal, als die Pflegeeltern besonders streng mit ihm waren, hat er einen Regenwurm zerstückelt und in ihre Gerstelsuppe getan. Dass sie ihn dann doch nicht adoptieren wollten, hat damit aber nichts zu tun.

 

Manuela ist ebenfalls neunzehn. Im Gespräch mit Dr. B. erzählt sie, dass sie nach der dritten Hauptschulklasse nicht mehr mit dem Alexander im Zimmer schlafen durfte. „Sie hat gesagt, das ist nicht gesund, weil wir ja nicht richtige Geschwister sind. Gesund! Das Wort habe ich lustig gefunden.“ Weniger komisch fand sie, dass der Alexander nicht ins Gymnasium durfte. Dass sie ihn ohnehin wie einen Knecht behandelt haben, hat damit aber nichts zu tun.

 

Monika ist am Ende. Als Dr. R. die Frage stellt, gibt sie es zu. „Ja ich habe – ich habe es geahnt, manchmal, und einmal hat jemand was gesagt in der Richtung. Da sind die Manuela und der Alexander ungefähr sieben Jahre alt gewesen.“ Die Arbeit ist ihr aber besser gelegen, als das Nachdenken. Dass die Wahrheit dennoch ans Licht gekommen ist, hat damit aber nichts zu tun.

 

FAZIT: Wer herausfinden will, worum es wirklich geht, kann sich auf spannende Therapiegespräche zwischen Trauma, Tirol-Tourismus und Trauerarbeit gefasst machen. Lesenswert!

Sommer wie Winter
Roman

 Autorin:
Judith W. Taschler

Picus Verlag Wien

200 Seiten, Preis: 19,90
ISBN: 978-3-85452-671-1.

 

Weitere Informationen:

 

http://www.jwtaschler.at/

http://www.innsbruck.gv.at/page.cfm?vpath=bildung–kultur/kulturprojekte/innsbruck-liest

Isabella Krainer

2 Comments

  1. Ich habe den sog.  "Heimaratroman der besonderen Art" Dank der Innsbruck-liest-Aktion zu Hause und werde es sicher lesen. Bin neugierig geworden 🙂

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