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Music and the city (Vol. 43): Rudresh Mahanthappa (Teil I)

Heute (18.03.) gastiert Rudresh Mahanthappa mit „GAMAK“ im Treibhaus. Und zeigt, wie aufregend, vielfältig und zugleich klischeefrei „Weltmusik“ heute sein kann und sollte.

 

„Weltmusik“ hat ja nicht gerade den besten Ruf, wohl vor allem deshalb, weil hier oftmals folkloristisch Teil an Teil angefügt wird, mit wenig mehr als einzelnen Berührungspunkten. Oder, anders gesagt: Hier werden vermeintlich authentische Versatzstücke vorgeführt, die von einer Kultur erzählen, die in dieser „reinen“ Form gar nicht mehr existent ist. Das Zauberwort in diesem Diskurs ist dann wohl „Hybridität“: „Unreine“ und hybride Formen, Vermischung, bei denen man die jeweiligen Ursprünge nicht mehr definieren, sondern darüber nur mehr spekulieren kann. Und bei denen die Frage nach der Herkunft auch ad absurdum geführt wird.

 

Selten gelingt das Zusammenfließen von Stilen, Genres, Kulturen so gut, wie auf „GAMAK“, das von einem treibenden, fast schon aggressiven Unterton  getragen wird. Zugleich versprüht „GAMAK“ so viele Lebensfreude, so viel Lebenslust, dass man dazu auch tanzen kann, wenn man sich von den komplexen Rhythmen nicht abschrecken lässt. Prog-Einflüsse, Heavy-Metal, Fusion, Jazz, Weltmusik,elektronische Musik – alles ist hier „anwesend“ und zugleich auch nicht mehr in seiner eigenen „Identität“ erkennbar, sondern bereits verändert, in anderen Kontexte eingepasst und somit auch klanglich transformiert.

 

Mit David Fiuczynski hat Mahanthapa einen kongenialen Partner gefunden, der unter anderem in der „westlichen“ Tradition der Mikrotonalität steht und damit auch „exotische“ Skalen und Klänge aufschlüsseln kann. Man kann auch sagen: Indem man das „Fremde“ im „Eigenen“ entdeckt, wird auch das „Exotische“ plötzlich vertraut. Man kann kaum sagen, was aufregender und „neuartiger“ klingt: Der Umgang mit Mikrotönen von David oder die Öffnung hin zu anderen Skalen und Klängen aus uns musikalisch wenig vertrauten Kulturkreisen. Eine gute Frage in dieser Hinsicht, die einst bei den „Klangspuren“ gestellt wurde: „Wie exotisch ist Neue Musik“?

 

Es gibt hier keinen Raum mehr, den man jeweils als „westlich“ und „exotisch“ bezeichnen könnte, sondern nur mehr einen gemeinsamen Raum, den Homi K. Bhabha den „Dritten Raum“ nennt. Vielleicht ist „GAMAK“ genau die Vorführung dieses Raumes, man weiß jedenfalls beim Hören nicht, wann welcher Einfluss in welchen übergeht und wie überhaupt alles vor sich geht. Man weiß oft auch nicht mehr, wie einem geschieht. Der Kopf schwirrt einem und man ist zugleich fasziniert.

 

Der „Kampf der Kulturen“ ist abgewendet, verlagert, der „Kampf“ findet in der Musik von Mahanthappa statt, nicht immer friedlich, oftmals auch laut, aggressiv, aber immer auch mit dem Blick auf die unzähligen Vorteile der Öffnung. Die Vorzüge einer intellektuellen Auseinandersetzung, die nicht nach Einheitlichkeit und Harmonie sucht, sondern die wirkliche Vielfalt anstrebt, wird hier hörbar. Dazu gehört auch, dass kein Aspekt und kein Element mehr oder weniger wertvoll ist: Ein Riff, der stark an Jimmy Page erinnert steht hier neben Skalen, die der indischen Musik entstammen. Sie bekriegen sich nicht, sondern sie „beschnuppern“ sich zuerst, um dann einen gemeinsamem Weg durch den jeweiligen Track zu finden.

 

Man hört „westliche“ Einflüsse der „Neuen Musik“, die sich stark mit der Mikrotonalität beschäftigt haben. Man hört „indische“ Rhythmen, ja gar Einflüsse aus China. „GAMAK“ hingegen ist fast bruchlos, ein Konglomerat, das nicht abstößt, sondern mitreißt.

 

Aber warum so viele Worte verlieren und Konzepte und Theorien überstülpen? Diese hinreißende „Mischung“ muss vor allem gehört und gefeiert werden! Heute abend gibt es ab 20:30 die einzigartige Gelegenheit dazu.

 

Markus Stegmayr

4 Comments

  1. An Music and the city gefällt mir vor allem die Verbindung von Liebe zur Musik und kenntnisreicher Analyse ihrer jeweiligen Entstehung bzw. Bedeutung. Musik ist ja nicht nur schön, sondern immer auch Übermittlerin von Botschaften.

     

    [video:http://youtu.be/i0jAguqJTtA%5D

  2. spröde & hochnäsig –

    Stegmayr ist die Sorte Rezensentin & Schreiberling,

    deren Kopf-& Totgeburten die Wörter "akademisch" und "intellektuell"

    in einem ganz neuen Licht

    neben abgefuckt & schmierig erscheinen lassen.

     

    Anm:: Diese Komparatisten haben immer schon Licht und Schatten hervorgebracht.

     

    Andersum:

    Stegmayr schreibt nie über die Musik, sondern holt sich immer nur selbst einen runter.

    Fast so wie die TV-Fasching in der TT.

  3. Hm Franzi, Preisfrage: Wie viel Mut erfordert es, über jemanden anonym herzuziehen? Mir fällt auf, dass du inhaltlich nichts kritisierst, sondern das Ganze auf dem Niveau persönlicher Beleidigungen und Untergriffe  ansiedelst. Sorry, aber da klingt doch nur persönlicher Frust raus … Da ich Markus kenne, weiß ich, dass er keiner ist, der sich auf sein Doktorat was einbildet … aber für dich dürfte das ein harter Schlag sein, oder?

  4. @Franzi: Ich finde Kritik immer legitim, auch wenn sie unsachlich ist wie deine.

    Aber ich wundere mich dennoch ein wenig: Kennen wir uns persönlich, haben wir schon mal miteinander gesprochen? Wenn nicht: Woran erkennst du meine vermeintliche Arroganz und Hochnäsigkeit?

    Und ich stehe grundsätzlich dazu: Ich muss nich jeden Alternative-Mainstream-Dreck abfeiern, wie es anderswo zum Teil getan wird. Ich stehe zu meinen ästhetischen Kategorien und Erwartungen, ich lege immer offen, was ich wie und warum gut finde. Aber man darf mir natürlich widersprechen! Ich bin dialog- und diskussionsbereit, was Kunst und Musik betrifft.

    Mein Ansatz hier ist aber, dass ich über Musik schreibe, über die ansonsten zu wenig geschrieben wird. Von daher erlaube ich mir auch, eine vielleicht in manchen Augen "elitäre" Haltung an den Tag zu legen.

    Von daher: Ich bitte um Antwort, lieber Franzi, vielleicht kennen wir uns ja doch – und dann wäre es halt angenehmer, wenn klar wäre, woran genau du deine Kritik an meiner Person festmachst. Oder geht es doch nur um meine Texte? Ich bin der Meinung, man sollte diese Ebenen nicht vermischen.

    Beste Grüße

    Markus

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