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LA VIE D’ADÉLE, oder: The Power of Cinema

Endlich ist mal wieder ein Film im Kino, über den es sich zu schreiben lohnt. Nicht, dass alle anderen schlecht wären – ich kenn sie ja gar nicht alle, die derzeit laufen – aber dermaßen unter die Haut wie ADÈLE gestern ist mir schon lange keiner mehr gegangen. Ein dreistündiges Ganzkörpererlebnis, von dem ich heute noch ein wenig Muskelkater habe. Und das mich aber so glücklich, zufrieden und begeistert aus dem Kino gehen hat lassen, dass ich eigentlich nur noch mehr davon will.

[video:http://youtu.be/kiJH9ysFi6k]

Ach, Adèle. Du süße junge verträumte Adèle. Du unschuldiger Traum einer Hauptfigur für wohl so manchen Liebesfilm. Dieser Film schafft es, dass wir uns in dich verlieben und dich einfach nur ganz fest in den Arm nehmen wollen.

Irgendwie, auf ganz subtile Art und Weise, lebt und erlebt man als ZuseherIn die wohl prägendste Zeit im Leben von Adèle – von 15 bis hinein ins Erwachsenenalter. Der Film ist eine fein gezeichnete Charakterstudie über eine junge Frau, die sich in eine andere Frau verliebt und mit ihr ihre Sexualität entdeckt und die große Liebe kennenlernt. Der Film trägt einen von Anfang bis Ende so leichtfüßig durch traurige und leichte, bewegende und heitere Momente in Adèle’s Leben, dass man gar nicht merkt, 179 Minuten lang auf die Leinwand gestarrt zu haben. Im Gegenteil, man ist dankbar, dass man so viel von Adèle sehen und spüren durfte.

Ich zumindest bin es, und ich glaube meine Begleitung und die meisten anderen, die gestern mit mir im Cinematograph waren, sind es auch. Schon lange nicht mehr hat mich ein Film bzw. eine Figur, nein beide Hauptfiguren, so berührt, haben so lebendig und echt gewirkt wie bei Adèle und ihrer Emma. Ich war in ihrem Bann, und bin es immernoch. Das ist Kino, wie ich es liebe.

P.S.: Dass der Film bzw. der Regisseur in Cannes die goldene Palme von Jurypräsident Steven Spielberg bekam, freut mich sehr für ihn.
P.P.S.: Dass er aber auch kritisiert wurde, v.a. von der Autorin der Graphic Novel, auf der der Film basiert, zum Beispiel dafür, dass die lesbischen Sexszenen mehr Männerfantasien als der Realität entsprechen, soll auch gesagt sein.
P.P.P.S.: Trotzdem, deswegen und aus noch tausend anderen Gründen empfehle ich einen Besuch im Leben Adèles allerwärmstens. Der Muskelkater geht ja wieder vorbei.

Frankreich 2013; Regie & Buch: Abdellatif Kechiche, nach einem Roman von Julie Maroh
www.leokino.at / Natürlich im französischen Original mit deutschen Untertiteln!
http://www.youtube.com/watch?v=kiJH9ysFi6k

Evelin Stark

One Comment

  1. Kann mich dem leider nicht anschließen. Hab den Film gestern gesehen und hätte da doch einige Einwände. Erstens mal fand ich den Film zu lang, zu wenig Aussage, zu wenig Konflikte – bis auf eine Szene, ich will jetzt nicht zu viel verraten, aber Du wirst wissen, welche ich meine – sonst aber mäandriert der Film für mich an nettem Wohlfühlkino, oft an der Grenze zum Kitschigen, entlang: Alle Menschen lieben sich, jeder / jede hat für den anderen Verständnis, ist gute/r Zuhörer/in. Zweitens die Liebesszenen zu lang und wohl als "Betthupferl" für den männlichen Zuschauer gedacht. Drittens, zu wenig Spannungsbögen, zu langatmig in der Erzählung. Kurz und gut: der Film ist nicht wirklich schlecht, aber Goldene Palme hätte er bei mir keine verdient.

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