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Kunst und Kultur in Tirol (6/2): Konrad Hochgruber und bald 10 Jahre Westbahntheater

Konrad Hochgruber hat uns im ersten Teil dieser Reportage von seinem Weg ins Theater und von seiner Faszination fürs Theater erzählt. Er hat erläutert, warum er ein eigenes Theater gegründet hat und was das Besondere an seinem „Kellertheater im ersten Stock“ ist. Er hat ausgeführt, wie ein zeitgenössisches Theaterstück für ihn aussieht und uns verraten, welche Idee er für die Geburtstagsfeier des Westbahntheaters umsetzen will.

Inzwischen riecht es im Café Central noch immer nach frischgebrühtem Kaffee. Wir trinken Tee. Es gibt noch immer FrühstückerInnen, ZeitungsleserInnen und Kunstschaffende um uns herum. Wir plaudern über Theater im Allgemeinen und das Westbahntheater im Besonderen.

Hochgruber erzählt, was für ihn den Unterschied zwischen seinen Tätigkeiten als Schauspieler, Regisseur und Theaterpädagoge ausmacht. Seit vielen Jahren sind die drei Aufgabengebiete Teil seines Jobs. Er mag das. Denn er ist „ein Mensch, der sich relativ schnell langweilt. Ich finde diese Abwechslung sehr spannend.“ Während seiner Schauspielausbildung hat er auch an der Uni studiert. Es hat ihm gefallen, nach dem Schauspielunterricht noch in die Vorlesung gehen zu können. Er findet es schön, zwischen seinen drei Aufgaben zu wechseln:

„Regie bedeutet die Gesamtverantwortung für ein Projekt zu übernehmen. Ich lasse den SchauspielerInnen viele Freiräume, aber am Ende bin doch ich derjenige, der alles zusammenführen muss. Als Schauspieler kümmere ich mich – zwar in Absprache mit Regie und KollegInnen – einzig um die Gestaltung meiner Rolle. Da habe ich ein anderes Rollenverständnis. Ich muss in meine Figur finden. Dieses selbst-aktiv-Sein hat etwas Befreiendes, man kann auf der Bühne etwas ausleben. Dem kann man als Regisseur nicht nachgeben. Als Schauspiellehrer wiederum stelle ich mich der Gruppe zur Verfügung. Ich fühle mich nicht als der, der es weiß, sondern als Übungsleiter, der ermöglicht und Angebote gibt. Was bewirkt die Anregung bei den SchauspielschülerInnen, was machen sie daraus?“

Was für Hochgruber allen drei Aufgabengebieten gemeinsam ist, ist ein wertschätzender Umgang miteinander. Es ist ihm wichtig, auf Augenhöhe mit den Anderen zu arbeiten und ihnen wertschätzend zu begegnen.

Weil Hochgruber die Abwechslung mag, gefällt ihm auch die Arbeit zwischen Theater und Film. Ein Theater zu leiten, bedeutet sich um das Engagement der SchauspielerInnen, um Programmgestaltung, Werbung, Produktion zu kümmern, auch mal an der Kasse zu stehen oder den G´spritzten auszugeben. Oder wie er sich ausdrückt:

 „Ein Theater zu leiten ist ein Job für 365 Tage. Man steht oft am Rande der Selbstausbeutung.“

Am Filmset hingegen werde man gehegt und gepflegt, vom Hotel abgeholt und wieder zurückgebracht.

 „Ich arbeite gerne mit dem Medium Film, solange es sich neben dem Theater ausgeht. Rein filmisch zu arbeiten, kann zwar einige Jahre spannend sein, aber mir würde das Theater abgehen. Diese Live-Situation und das direkte Feedback würden mir fehlen.“

Über den Theaterstandort Tirol freut er sich im Großen und Ganzen, denn „es passiert sehr viel, auch im Vergleich zu anderen Bundesländern. Es gibt eine blühende Theaterlandschaft in Tirol.“ Trotzdem gebe es Hindernisse, die TheatermacherInnen auf die Füße geworfen werden, sei es in Form von Subventionsschwierigkeiten oder fehlender Presse.

Hochgruber fragt: „Wer schreibt über Theater, wer setzt sich qualitativ damit auseinander? Wer hat ein grundsätzliches Interesse für Theater und sieht es nicht nur als Pflichtaufgabe, darüber zu berichten? Da gibt es sehr wenige RedakteurInnen.“

Die Situation sei schon einmal besser gewesen, findet Hochgruber. Er erinnert sich an RedakteurInnen, die schon einmal nach einem Stück verlangt haben, es gelesen haben und gerne ins Theater gekommen sind. Hochgruber ist klar, dass die Arbeit von RedakteurInnen Kritik miteinschließt. Dabei solle es sich aber um eine fundierte Auseinandersetzung handeln.

„Pressemäßig könnte es viel besser sein. Auch spielen wir hier im Westen mit einigen Ausnahmen für Presse, Standard, Kurier keine große Rolle. Trotzdem: Es passiert sehr viel in Tirols Theaterlandschaft.“

Und das schätzt Hochgruber als wichtig ein. Aber er wünscht sich, dass „das Engagement am Rande der Selbstausbeutung“ mehr Response bekomme, auch von Seiten der Politik. Hochgruber erkennt an, dass in der Stadt in den letzten Jahren einiges passiert ist. Nicht umsonst gibt es das Freie Theater. Dieses sei gut, denn es ermögliche viele Produktionen. Aber für kleine Theater wie das seine gehen dadurch eben auch Gastspiele verloren, die Untermieten bringen würden. Diese könnte ein Off-Theater gut gebrauchen, denn „alle Subventionen, die das Westbahntheater erhält, fließen direkt in die Produktionen.“ Im Freien Theater aber gebe es eine Struktur, die für Theatergruppen Erleichterung schaffe. Trotz des Nachteils für das Westbahntheater war Hochgruber von Anfang an ein Befürworter des Freien Theaters.

Seiner Meinung nach gilt die Aufmerksamkeit der Presse nach wie vor hauptsächlich den großen Ereignissen und Events, kaum den kleinen Theatern.

„Wir zeigen regelmäßig Aufführungen mit rund sechzig ZuschauerInnen aus ganz Tirol. Wir haben ein Ensemble, das aus ganz Tirol kommt. Wir spielen Stücke von AutorInnen aus ganz Tirol. Wir bilden für ganz Tirol SchauspielerInnen aus, die das Gelernte in ihre Vereine tragen.“

Diesem Konzept bleibt das Westbahntheater treu. Hochgruber spricht von einer Aufgabe des Westbahntheaters. Die darin besteht, LaienspielerInnen zu ermöglichen, neben Profis zu spielen. Profis durch die Begeisterung der LaienspielerInnen die Freude am Theater wieder deutlicher vor Augen zu führen. Unbekannten AutorInnen die Erfahrung zu bieten, ihre Stücke unter professionellen Bedingungen auf die Bühne zu bringen. Neue Texte vorzustellen. Tiefe und Substanz in Humor zu verpacken. Deshalb hat sich das Westbahntheater einen Namen gemacht. Weil dieses Konzept aufgegangen ist, wird jemand wie Hochgruber trotz der bestehenden Schwierigkeiten nicht aufgeben. Und schlussendlich wird Konrad Hochgruber wegen seiner Begeisterung für das Theater im Allgemeinen sein Westbahntheater im Besonderen durch mindestens zehn weitere Jahre führen.

Aktuell spielt das Westbahntheater in Koproduktion mit der Carambolage Bozen die italienisch-deutsche Uraufführung La stanza dell´Orso e dell´Ape oder Engel lassen keinen fallen.

Termine: 15.11., 16.11., 17.11., 22.11.

Reservierung: online oder unter 0650 92 512 55

Außerdem findet die Europäische Theaternacht am 16. November um 20 Uhr im Westbahntheater statt.

Ab heute zeigt das Westbahntheater wieder seine bewährten Märchen in der Altstadt. In der Kiebachgasse gibt es täglich um 16.30 Uhr und um 17.30 Uhr verschiedene Märchen der Gebrüder Grimm für Groß und Klein zu bewundern.

Foto: Christoph Tauber

Barbara Zelger

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