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Die Orauntschenen kommen!


Nein, das heißt natürlich die „Orangenen kommen“. Oder doch die Orangen? Aber sind das nicht wohlschmeckende Früchte aus dem Süden? Wer auf Rechtschreibung, also „rechte“ im Sinne von „richtiger“ Schreibweise Wert legt, verzweifelt manchmal.Seit sogar in öffentlich-rechtlichen Medien von der „orangenen Revolution“ die Rede ist, bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich weiter schwarze Socken tragen soll oder doch lieber schwarzene, gar lilane. Die Sprache ist ein Hund, der nicht folgt. Ständig verändert sie sich und Bastian Sick vermutete ja in seinem Buch, dass „der Dativ dem Genetiv sein Tod ist“. Eigentlich „sei“ in diesem Fall, aber solche Kleinigkeiten wie Konjunktiv spielen kaum eine Rolle, wir kommen locker ohne ihm aus. Oder ohne ihn? Die vielen Fälle bringen viele zu Fall, zum Glück tut das nicht weh.
Ist das nur ein Problem von Sprachpuritanern und -innen? Oder ein Spiegelbild gesellschaftlichen Wandels? Bloß nicht seitenverkehrt, sondern real? Folgt der Schlampigkeit im Umgang mit der Sprache die Wurschtigkeit gegenüber Mitmenschen und allgemeine Vertrottelung?
„Smiregal“, könnte die Antwort darauf heißen. Philipp Möller, Autor des Buches „Isch geh Schulhof“,  verwendet das Wort gerne. Und befürchtet den Untergang des Abendlandes nicht einmal, wenn die deutsche Sprache dereinst ohne Artikel auskommen sollte.Ohne Artikel!
Kein Geschlecht mehr! (Zumindest in der Sprache.)
Mensch, frau und man stellen sich das mal vor! Gendern wird beim Schreiben überflüssig! Hunderte Dissertationen verlieren ihren Untersuchungsgegenstand!

Keine Angst, noch ist es nicht so weit.
Der Mann, der all dem gelassen gegenüber steht, ist übrigens Lehrer an einer Berliner Schule und wäre er in Tirol, würde jemand wahrscheinlich antworten: „dusogsches“. Muss deshalb der Bildungsnotstand ausgerufen werden?
Jein, um es in aller Klarheit (ein Stehsatz unserer Politik) zu sagen.
Bilingual – und zwar richtig
Ich bin ein Anhänger des bilingualen Unterrichts, aber ohne Fremdsprachen. Es nützt nichts, wenn halbgebildete Lehrerinnen und Lehrer (neuerdings Lehrpersonen genannt) ihre Inhalte englisch stammeln, weil sie einen Crash-Kurs „English for teachers“ erhalten haben.
Ich bin dafür, dass sie stattdessen im Unterricht ein verständliches Hochdeutsch sprechen und die Jugendlichen diese Sprache lehren. Und nebenbei, als Zweitsprache, darf auch Dialekt gesprochen werden.
Auf diese Weise wird die regionale Sprachmelodie geschützt und wir können uns dennoch miteinander verständigen. Andernfalls machen wir es der Schweiz nach, in der seit vielen Jahren die „Sprache“ Schwyzerdütsch verwendet wird. Über deren Schönheit verliere ich kein Wort, wichtiger ist, dass ich mich vom Schweizer Fernsehen weitgehend  ausgeschlossen fühle, obwohl Schweizer und Österreicher früher teilweise die gleiche Sprache hatten.
Sprache ändert sich, das ist ihr gutes Recht. Die Gedichte von Walther von der Vogelweide sind heute unverständlich, wer versteht schon diese Strophe, abgesehen von wenigen Wörtern:
Ich horte ein wazzer diezen
und sach die vische fliezen
ich sach swaz in der welte was
velt, walt, loup, ror unde gras.

Dem Schutzpatron deutscher und österreichischer Gymnasiallehrer, Johann Wolfgang Goethe, war die Rechtschreibung auch ziemlich egal, aber das ist selten Unterrichtsinhalt.
Problematisch wird die Sache mit der Sprache, wenn sie so ungenau verwendet wird, dass andere ihren Inhalt nicht oder, noch schlimmer: falsch verstehen.

Erheitert die Aussage „In Rodewisch stießen zwei junge Damen beim Ausparken mit ihren Hinterteilen zusammen“ noch ebenso wie die Werbung für ein „Sweet-Shirt“, dann kann die Aufforderung „Trink Wasser für Hunde“ schon zu Bauchbeschwerden führen. (Die Beispiele sind dem Buch „HAPPY AUA“ von Bastian Sick entnommen.)

Spannend wird es beim Problem der KartoffelknödelN, das schon Karl Valentin beschrieben hat. Heißt es nicht KartoffelNknödel? Gar KartoffelNknödelN? Kommt darauf an, ob eine Kartoffel verwendet wurde oder mehrere Kartoffeln! Die Kartoffel ist nämlich weiblich und daher wird in der Mehrzahl ein n angehängt. KnödelN ist jedenfalls falsch, weil Knödel männlich oder, in Bayern und Österreich, sächlich ist und die Mehrzahl immer die Knödel heißt. Das gilt zumindest, solange wir zwischen unterschiedlichen Geschlechtern in unserer Sprache unterscheiden.

Inhaltlich falsch ist es, wenn, wie häufig zu lesen, „der älteste Mensch der Welt“ gestorben ist. Dann ist er nämlich tot und mitnichten der älteste Mensch, der soll ja noch leben.
Genauigkeit der Sprache fördert Genauigkeit des Denkens, das darf nicht vergessen werden.
In diesem Sinn plädiere ich für Toleranz bei Sprachänderungen und Strenge bei  der Überprüfung von Aussagen. Das „macht Sinn“ um es mit einer Übertragung des englischen „it makes sense“ ins Deutsche zu formulieren.

Sollte ich Rechtschreibfehler gemacht haben, bitte ich um eine Rückmeldung („feedback“), schließlich ändert sich nicht nur die Sprache permanent, sondern auch der Schreiber dieser Zeilen.

Erich Ledersberger

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