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Books4Bricks – Bildung kennt keine Mauern

Im Rahmen meines Umzugs von Kufstein nach Innsbruck habe ich mein Bücherregal sortieren müssen. Gefangen in der Realisierung, dass ich nicht mehr alle Bücher mitnehmen könnte, sie aber unter keinen Umständen wegschmeißen möchte, habe ich versucht meinen Bücher einen konstruktiven Sinn zu geben.
 
Durch den Film “die Verurteilten” (Shawshak Redemption, 1994) bin ich auf die Idee gekommen, meine Bücher jenen Menschen zur Verfügung zu stellen, die keinen freien Zugang zu Bibliotheken und Lehreinrichtungen genießen – den Insassen der Justizhaftanstalt in Innsbruck.
 
Kurzerhand rief ich also die Justizanstalt an und besprach meine Idee. Ein Herr namens Wolfgang Kofler, seines Zeichens zuständig für die Freizeitgestaltung der Justizanstalt, war begeistert davon, dass eine Außenstehende wie ich, mit keinerlei Assoziation zur Justizanstalt, eine solche Idee hatte und bat mich meine Bücher nach den Osterfeiertagen vorbei zu bringen. Über Ostern war ich, beschwingt vor Freude über meine gute Tat, so begeistert, dass ich Freunden und Bekannten von der Sache erzählt habe. Die Reaktion die ich erhalten habe, hat mich überrascht: ich habe Bücher bekommen.
 
Inspiriert, habe ich meinen Gedanken freien Lauf gegeben: offenbar hat jede/r ein Buch zu Hause stehen, das nur im Regal verstaubt und seinen konstruktiven Sinn dadurch einbüßen muss – und wir haben plus-minus 25.000 Studierende an der Leopold-Franzens-Universität. Selbst wenn nur 10% davon ein Buch geben würden, wären das 2.500 Bücher.
 
Vorsichtig begann ich mich vorzutasten. Ich sprach mit Wolfgang Kofler über die Idee, dann mit einigen Studierenden und einem Bekannten, der Erfahrung hat mit Aktionen im Raum Innsbruck hat und mir bei der Namensfindung half, Mag. Thomas Schafferer. Auf die durchwegs positiven Reaktionen hin habe ich Termine mit dem Direktor der Universität Innsbruck, Dr. Tilmann Märk, dem Direktor der Universitäts- und Landesbibliothek Tirols, Dr. Martin Wieser, und dem Leiter des Büros für Öffentlichkeitsarbeit und Kulturservice, Mag. Uwe Steger, wahrgenommen.
Dabei wuchs nach und nach die Idee heran, dass diese Aktion mit einem gewissen Grad an Öffentlichkeit und Medieninteresse, mehr als nur eine gute Sache für sich sein könnte, sondern zusätzlich ein Soziales Zeichen für unsere Gesellschaft setzen könnte.
 
Mir scheint es, dass Menschen im Gefängnis gerne vergessen werden; ganz nach dem Motto “aus den Augen, aus dem Sinn” – was man nicht sehen will, sperrt man hinter eine Mauer und damit ist die Sache erledigt – ist sie aber nicht!
 
Fehler zu bestrafen ist eine Sache – sie gehört absolut dazu – aber wenn man dann den Menschen keine Chance gibt zu – was so gern als "Resozialisierung" bezeichnet wird – dann funktioniert das ganze System nicht. Nun wird Resozialisierung von Seiten der Justizanstalt fokussiert – aber ich bin der Meinung, dass es auch wichtig ist von außerhalb der Mauern ein Zeichen zu setzen. 
 
Es geht dabei nicht darum zu akzeptieren, geschweige denn gut zu heißen, was die Insassen der Justizanstalt getan haben – es gibt sicher einen Grund warum sie hinter Gittern sitzen. Sondern es geht darum anzuerkennen, dass es sich dabei auch um Menschen handelt. Menschen nämlich, die Sch* gebaut haben. Aber dennoch Menschen. Es geht darum eine offene Hand zu symbolisieren – Es geht darum zu zeigen "wir sehen euch" – nicht mehr und nicht weniger.
 
Die Rolle der Universität ist im Setzen dieses Sozialen Zeichens vital. Ich sehe die Sache so: die Universität, mit aller berechtigter Kritik, ist immer noch das Symbol der zukünftigen Bildungselite unseres Landes – die Justizanstalt rangiert eher am anderen Ende dieses Spektrums. Deswegen ist es mir so wichtig die Aktion mit Fokus auf die Universität zu setzen, um das Zeichen deutlich zu machen.
 
Die Aktion Books4Bricks wird nun vom 3. – 9. Juni stattfinden.
In dieser Woche können Bücher an der Hauptbibliothek der Universität, Innrain 25, und im Büro der Fakultätsstudienvertretung Soziologie und Politikwissenschaften, Universitätsstraße 15, abgegeben werden.
 
Der Fokus der Aktion liegt auf Fremdsprachigen Büchern (italienisch, arabisch, französisch, russisch, kroatisch, serbisch, spanisch …), da es schwerer ist an diese heran zu kommen, aber auch deutschsprachige Bücher werden gerne entgegen genommen.

Autorin: Verena Gruber, BA Politikwissenschaften, 22 Jahre alt
Foto:  Sebastian Noggler

 


One Comment

  1. Finde ich eine gute Aktion! Werde auch noch mal meine Bücherregale nach schon Gelesenem durchforsten.

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