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Zwei Seiten einer ÖVP-Medaille

Warum Innsbruck am Sonntag keine Wahl hat.

 

Christine Oppitz-Plörer und Christoph Platzgummer haben mindestens drei Dinge gemeinsam:
Erstens, eher belanglos: Das Wort ‚Christ‘ im Vornamen. Zweitens: Beide sind Mitglied der ÖVP. Drittens: Beide möchten Bürgermeisterin, respektive Bürgermeister werden.

Man könnte meinen, die Stichwahl um das höchste Amt wäre dadurch für den der ÖVP eher abgeneigten Teil der Innsbrucker Bevölkerung eine langweilige Angelegenheit, doch dagegen haben sich die Spin-Doktoren der Konservativen etwas Neues einfallen lassen: Arbeitsteilung.

 

Die Vorgeschichte
Die Steilvorlage für die Wahlkampfmasche der ÖVP kam Ende März von der FPÖ. Deren fragwürdige Plakate mit der Aufschrift „Heimatliebe statt Marokkanerdiebe“ kamen gerade recht, um die beiden ÖVP-KandidatInnen in Position zu bringen.

„Platzgummer schließt Koalition mit FPÖ nicht aus“, titelt tt.com (die Online-Ausgabe des inoffiziellen VP-Organs „Tiroler Tageszeitung“) dann schon am 3. April, mit dem Zusatz, FP-Spitzenkandidat August Penz „wird selber am meisten erschrocken sein.“. Im selben Artikel wird noch berichtet, Oppitz-Plörer würde sich auf keine Koalition festlegen.

Eine Woche und wohl einige ÖVP-interne Weisungen später verkündet Oppitz-Plörer auf einer Pressekonferenz: Ihre Liste werde sicher nicht mit der FPÖ in eine Koalition gehen. Auch sie wird nicht müde zu betonen, dass Penz „fremdgesteuert“ werde, er „sei auch sicher selber am meisten erschrocken über die umstrittenen Wahlplakate“.

 

Und von da an ist die ÖVP für ihre (damals bereits sehr wahrscheinliche) Stichwahl bestens vorbereitet: Christoph angelt im rechten Lager, während Christine Sympathiepunkte bei den Linken und Alternativen sammelt.

SPÖ und Grüne sind zunächst sehr still, man will sich durch den FPÖ-Plakatskandal nicht aus dem Wahlkampf bringen lassen und die Angelegenheit am liebsten totschweigen. Man fürchtet, dass die FPÖ die Themenführerschaft übernehmen könnte – was nicht passiert. Spätestens am Wahltag wird klar: Die FPÖ wird in den nächsten 6 Jahren kaum eine Rolle in der Innsbrucker Kommunalpolitik spielen.

 

Die Stichwahl
Doch kaum beginnt der Wahlkampf um den Bürgermeistersessel, den die ÖVP sowieso schon gewonnen hat, werden die nun unterbeschäftigten Linken aktiv. Prominente Figuren wie der Kabarettist Markus Koschuh und der Kulturaktivist Norbert Pleifer geben mehr oder weniger offene Wahlempfehlung für die amtierende Bürgermeisterin ab, die eben im Gegensatz zu ihrem Herausforderer sich klar von der FPÖ abgegrenzt habe. Viele, die vor einigen Wochen noch erbitterte Gegner der beiden ÖVP-Listen waren, rufen jetzt zur Wahl der als links verkleideten Konservativen auf.

 

Die ÖVP würde sie verdrängen, nur weil sie eine Frau sei, wird da argumentiert – dabei hat gerade Oppitz-Plörer durch ihre mehr oder weniger offene Sympathie zur „Aktion Leben“ selbst elementare Frauenrechte unterminiert. Dann wird sie als Rebellin gegen die Landes-ÖVP dargestellt, in deren Vorstand sie selbst sitzt. Kurz: Innsbruck ist den Konservativen auf den Leim gegangen.

 

Es ist fast schon egal, wie diese Stichwahl zwischen Pest und Cholera ausgeht. In jedem Fall hat die ÖVP bewiesen, dass sie ihre Gegnerschaft zum allergrößten Teil problemlos an der Nase herumführen kann, und dass sie sich in schwarzem Kernland von niemandem zu fürchten braucht – außer vor denen, die diese Wahl die keine ist in welcher Form auch immer boykottieren und dem Zirkus der Konservativen so die Teilnahme verweigern.
Gastautor: Moritz Hackl

14 Comments

  1. Dann wählen wir am besten Donald Duck!

     

  2. Stimmt schon, man kann zwischen hellschwarz und dunkelschwarz wählen. Nicht wählen allerdings ist das schlimmste. Ich persönlich finde einen der beiden Kandidaten sympathischer als den anderen. Unterm Strich geht es bei der BM Wahl darum. Was kann ein BM schon entscheiden? Ob in der Altstadt die Lokale um 10 oder um 10.15 zusperren? Ob die Kindergärten teuer oder unleistbar sind? Ob der Bauhof Samstagvormittag offen hat oder nicht?

    Wirklich wichtige Fragen wie Wohnungspreise und Verkehrskonzept, darauf hat der Innsbrucker Bürgermeister soviel Einfluss wie ein Furz aufs Weltklima!

  3. cholera. 

     

    in vielem hast du recht

    aber etwas durchschaust du (absichtlich?) nicht. es geht doch nicht um innsbruck, innsbruck bekommt den schwarzen bürgermeister, den es verdient. es geht ums land, das, was da abgefeuert wird, ist der auftakt zu den landtagswahlen nächstes jahr. da gehts ums überleben der jagdgesellschaft des herrn platter gegen den etwas urbaneren teil der övp. oder glaubst du, die hauen die mörderkohle der moserhioding etc in den rachen, nur weils lustig ist? wos doch gar keinen roten, grünen, blauen kandidaten mehr gibt. es geht tatsächlich um pest oder cholera. die cholera ist ein dünnpfiff, bakteriell, cholera ist heilbar.

    aber die pest ist eine seuche, und die will die landtagswahl gewinnen. 

    insofern hat der pleifer kurz und bündig recht. seine wahlempfehlung heißt ja: kein schwarzer bürgermeister,  gelb-grün-rot und dem platter und der headquarter-övp die stirn zu bieten. sein plakat ist ein zartes kleines und wunderbar reduziertes kunstwerk. auch wenn er mir in seiner wehleidigkeit manchmal ziemlich auf den keks geht: die aktion war/ist genial. und man kanns in imsterberg und schönwies genauso aufhängen:

    bitte keinen schwarzen bürgermeister.mit dem hintertürchen einer schwarzen bürgermeisterin, die auf grund der wüsten erfahrungen in diesem wahlkampf, der ein övp-interner machtkampf war,  sicherlich lernfähigkeit demonstriert hat. 

    sie wird verlieren.

    wir (leider) auch.

     

     

  4. Lieber Moritz, eines bin ich zur zeit sicherlich nicht: unterbeschäftigt. und wahlempfehlungen gebe ich keine ab. ich beziehe aber klar stellung, das schon. wer das als wahlempfehlung wertet, hat ohne mein wissen eine religion des koschuhismus gegründet. viel spaß beim abendmahl.

    im gemeinderat wären fi-övp und övp jedenfalls auf unterstützung angewiesen. dass das nicht per automatismus die fpö oder ein federspiel wird, dagegen will ich auftreten. und tue das auch. die verarsche der wählerInnen hat 1994 mit der abpsaltung der fi von der övp begonnen. und sie funktioniert so lange, bis die leute das endlich bemerken. also wird sie noch lange funktionieren. leider. das hindert mich aber nicht daran, am sonntag wählen zu gehen. solange es zwei kandidatInnen bei einer wahl gibt, werde ich zur wahlurne schreiten (auf parteitagen der övp wird man mich deshalb sicherlich nie sehen).

  5. Das Problem an deinem Kommentar ist, dass der letzte Satz – und damit deine Schlussfolgerung und Handlungsempfehlung – nicht stimmt. Nach 15 Jahren Erfahrung in der Politik frag ich dich: Hast du jemals von einer Politikerin / einem Politiker gehört, die / der sich ernsthaft vor NichtwählerInnen fürchtet? Eben. NichtwählerInnen sind im politischen System schlicht irrelevant. Aber das, nehme ich an, weißt du eigentlich eh selber. 

    Also hast du nur die Wahl, dich selber aus dem Spiel und damit deiner Verantwortung zu nehmen – oder ein kleineres Übel zu wählen. Keine Angst, man geht daran nicht zu Grunde und macht sich nicht mal die moralische Weste schmutzig.

  6. Wurscht ist es mir nicht, wer in den nächsten sechs Jahren Stadt-Chef(in) ist – beide sind doch recht unterschiedliche Persönlichkeiten. Außerdem würde ich die Unterscheidung zwischen bürgerlich und konservativ treffen – wobei die Trennlinie ziemlich genau an der Abgrenzung von der FPÖ verläuft. Sicher könnte ich mir auch eine bessere Aus-Wahl vorstellen, aber Demokratie ist eben kein Wunschkonzert.

     

    Für alle, die es interessiert, gibt es heute, 25.4. ab 18 Uhr die TT-Wahldebatte in den Stadtsälen und hier per Livestream: http://www.tt.com/Nachrichten/4682435-2/live-schlagabtausch-zwischen-oppitz-plörer-und-platzgummer.csp

  7.  Ihr seid so LUSTIG!

    hahaha

    am Wochenende fährt ganz Innsbruck an den Gardasee!

    Da wählt keine Sau, und uns wird man dann weiß machen, dass wir eine Wahlbeteiligigung von 50% hatten. Keine 25 werden es werden. Ich bin dafür dass wir alle Wähler vor den Wahllokalen stoppen um ein Zeichen zu setzen.

    ICH (also nur ich) will weder die eine noch den anderen. Das ganze hat absolut nichts mehr mit Demokratie zu tun, aber eh schon WURSCHT! INN´S WURSCHT!

  8. ja, so ist es eben: Gast 23 findet uns vielleicht super, Gast 24 nervt es oder bleibt neutral. Zumindest beschäftigst du dich mit uns – eigentlich (ganz unironisch gemeint) auch schon eine Ehre. Seien wir froh, dass es unterschiedliche Meinungen gibt – ich habe noch immer was daraus gelernt.

  9. Ich begrüsse es, dass ich hier weitgehend anonym Kommentare abgeben kann.

    Für Artikel, die auf povinnsbruck publiziert werden, schlage ich aber eine konkretere Namensnennung vor als "gast (not verified)" oder es gibt einen Hinweis, weshalb der Autor/die Autorin anonym bleiben möchte.

     

    Zum Text: Ich war gestern bei der Podiumsdiskussion in den Stadtsälen; die "Schreihälse" waren auf der Seite von Platzgummer, das Mikro von COP schlecht justiert. CP hat die Fassung verloren, als es um Zahlen ging und meine Laune, ihn zu wählen, weil ich Pleifer nicht mag, hat sich verflüchtigt.

    A wilde Truppe.

    Zur Wahl gehe ich in jedem Fall, das F-Argument zieht nicht, mit der Frauensolidarität hat mann in fast 50 Jahren so seine Erfahrungen gemacht und Weiß wählen mag ich nicht.

    COP, kleinlaut.

  10.  popstars

    lassen sich

    heute

    gerne doubeln.



    in videos

    aka

    öffentliche auftritte.



    grad so wie politiker

    oder solche,

    die gerne welche werden würdlen,



    bürgermeister und so,

    und zur erreichung dieses zieles

    amerikanische werbeagenturen engagieren,



    die ihrerseits wiederum –

    wenn die kohle stimmt

    (fragen sie bei der övp nach den zahlen von 2012,

    dafür verwendet die partei schließlich ihre zahlungen) –



    traktor-demonstrationen organisieren,

    handgemalte transparente (vorsicht, demonstrationen!) aufhängen,

    über die fassade der parteizentrale den kandidaten ausrollen

    oder studentInnen mit dem portrait des kanditaten

    auf rädern durch die stadt schickt…



    das suggeriert volksnähe.



    platzgummer schoß bei der euro vor vier jahren

    ein defizit ins stadt-/landbudget

    (fragen sie bei der partei nach den zahlen von 2008/09/10/11/12 –

    schulden werden sozialisiert),

    dass er von der partei fallen gelassen wurde

    und gar selbst zurücktrat.



    aber wir würden ihm als bürgermeister bestimmt vertrauen!



    ist das nun POP?

     





    rufus wainwright tells you a story about that,



    und zwar beim hörabend



    pop OUT OF THE GAME



    am



    donnerstag, 26. april 2011 um 19 uhr im arcustik.



    tausend küsse für helena bonham carter,

    die weine kommen von

    hirsch (gv 10 heiligenstein) und pitti (cs 99).



    politics could taste way much better, somehow…

    gehen sie am sonntag zur wahl!



    eintritt: € 5,- (entfällt beim kauf einer CD oder LP nach freier wahl.)



    ich freue mich auf ihren besuch!

    rupert heim

    — 

    arcustik

    tonträger • hörabende • tickets • musikmagazin • weinklang

    domplatz 3

     

  11. ich geb dem autor schon recht, dass die auswahl schwachomat ist, aber unterschiede sehe ich schon noch. wenn sich die övp die wahl untereinander ausmacht, wird die stadt schwarz, die oppitz ist zwar keine gelbe sonne, aber im zweifelsfall für mich die bessere. immerhin hat sie sich gegen an platten gstellt und den penz ausgeschlossen.

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