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Und immer der Körper…

Körper_Skulptur

Diese Woche fand im Rahmen der Ausstellung „Mapping The Body – Der Körper in der heutigen Lebenswelt“ in der Galerie im Taxispalais ein bemerkenswerter Vortrag zu einem der gezeigten Kunstwerke statt. Es handelt sich um die Ausführungen von Cassils zur Werkgruppe „Cuts: A Traditional Sculpture“. Cassils, künstlerische Persönlichkeit, die sich bewusst keinem der Geschlechter zuordnen möchte, fokussiert dabei die Frage danach, das Nicht-Repräsentierbare (Zwischengeschlechtlichkeit/Transgender) darzustellen.

Das ist an sich durchaus interessant. Ich muss zugeben, dass mein Zugang zum Thema Körper ein anderer ist und ich dennoch den einstündigen Vortrag mit anschließender Diskussion als außerordentlich bereichernd empfunden habe.

Ausgehend von Inspirationsquellen aus den 60er Jahren bis zur Jahrtausendwende, geschlechtlichen Rollenklischees und ihren künstlerischen Hinterfragungen wurde deutlich, dass das Werk, welches in Innsbruck ausgestellt ist, gesellschaftliche Normalisierungs- und Normierungsstrategien aufgreift und auf’s Glatteis führt, sich darüber hinaus aber auch auf die Dynamiken des Bodybuildings einlässt und den eigenen Körper als zu gestaltende Skulptur bearbeitet.

Mit dem Ziel, einen hypermaskulinen Mann aus dem eigenen Körpermaterial zu formen, hat sich Cassils einem striken Trainings- und Ernährungsplan verschrieben sowie Steroide zu sich genommen. Die vier ausgestellten Fotoreihen dokumentieren aus allen vier Perspektiven die Veränderungsprozesse, welche Cassils Körper in dieser Zeit vollzog.

Interessanterweise scheint sich trotz aller Technisierung der menschliche Körper heute (vielleicht mehr denn je?) als ein kulturell (beweglicher) Punkt darzustellen zwischen dem Innen und dem Außen, zwischen einem verinnerlichten Zwang einerseits und einer nach außen getragenen Befreiung andererseits. So sehr zuvor als Dualismen verstandene Maßstäbe wie z.B. jung/alt, gesund/krank, weiblich/männlich, schön/häßlich in den Erscheinungsformen des Körpers in Auflösung begriffen sind, werden sie durch Eigenmanipulation noch weiter auflösbar.

Körper_Waden

Der Vortrag hat sehr zum Nachdenken und Diskutieren angeregt: wie prozesshaft sind eigentlich unsere Körper, wie fragil unsere Konzepte und Urteile? Cassils arbeitet auch als Trainings-Coach und die Auslotungen, die in der präsentierten Arbeit durchgeführt werden, dürften für diejenigen die sportlich aktiv sind, anregende Impulse bieten, auch das eigene Körperhandeln zu befragen.

Die Ausstellung selbst habe ich als nicht so gelungen empfunden, da die Thematik in einer Breite künstlerischer Zugänge in Beliebigkeit zu zerfallen droht, wo Anknüpfungspunkte, Konzentration und Tiefe förderlicher gewesen wären. Die Arbeiten stehen eher additiv nebeneinander und der Zugang für durchschnittlich Interessierte fällt schwer, so dass sich schnell ein Eindruck von Oberflächlichkeit einstellt.

Doch mit etwas Geduld und Muße finden sich Perlen unter den Exponaten. Die Ausstellung ist bis zum 28. August geöffnet, so dass es noch Gelegenheit gibt, sich ein eigenes Bild zu machen und den Körper als beweglichen Punkt wahrzunehmen. Am 23. August findet im Rahmen der Katalogpräsentation noch ein weiteres Gespräch statt. Diesmal mit Michael Fliri, der auch am Eröffnungstag der Ausstellung die Performance „Returning from Places I’ve Never Been II“ durchführte (ein Foto der Performance ist auf der Ausstellungswebsite und dem Flyer zu sehen)

Ein Beitrag von Riri

MAPPING THE BODY
Der Körper in der heutigen Lebenswelt

11. Juni – 28. August 2016

Galerie im Taxispalais
Galerie des Landes Tirol
Maria-Theresien-Straße 45
6020 Innsbruck
Austria

Öffnungszeiten

Di – So 11–18 Uhr
Do 11–20 Uhr

LeseRAUM
Di – Do 11–18 Uhr

Zwei Abbildungen (beide CreativeCommons0, Public Domain: Freie kommerzielle Nutzung
Kein Bildnachweis nötig) von https://pixabay.com/

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