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Über den Hass im Netz

fakefuck

Ungenierte Aufrufe zur Gewalt, diffamierende Beleidigungen und Verhetzung von Volksgruppen oder Minderheiten. All das erwarte ich mir im Kommentarbereich einer nicht moderierten FB-Seite rechter Recken, aber nicht bei jener der Auflagenstärksten Zeitung Tirols. Doch was sich gerade im Kommentarbereich der TT abspielt, ist ein unmoderierter Horror an den schlimmsten Auswüchsen gescheiterter Netzkultur und digitaler Unfähigkeit zu agieren.

Jeden Tag veröffentlicht die Online-Redaktion der TT (ist dies mehr als ein Praktikant, der zufällig auf FB registriert ist? So kommt es mir zumindest vor) die reißerischsten Artikel aus Chronik und Politik auf ihrer Facebookseite. Sei es nun der versuchte sexuelle Akt mit einer Stute, die neuesten Zahlen zum Luft 100er oder das Dingfestmachen von Drogendealer. All dies und noch mehr scheint die Tiroler Bevölkerung sehr zu treffen, explodieren die Kommentare gerade unter diesen Artikel zu Höchstzahlen. Wirft man nun aber einen Blick auf die Kommentare, so kommt einem das bloße Grauen auf. Exemplarisch hier nun ein paar Artikel, die die Bandbreite der puren Hasspostings aufzeigen.

Stein des Anstoßes für diesen Artikel war das Posting der Tiroler Tageszeitung zu ihrem Artikel Unbekannter wollte sich in Mutters an Pferd vergehen

Paraphilien sind ein gefundenes Futter für die Chronik einer Zeitung und solche Artikel bringen Klicks. Sie bringen auch Kommentare auf Facebook, die gelinde gesagt über die strenge schlagen. Da fordern die einen die Penetration eines mutmaßlichen Täters durch ein Pferd, während andere gleich die Kastration angewendet sehen wollen. Frappierende Ähnlichkeiten also zu den typischen Anti-Kinderschänder-Postings auf Facebook.


„Na gut das i kamaras hob . So a drecksau . Der soll kommen , dann soll sich einer von unseren Hengsten an ihm vergehen“ – F. M.

„Schrecklick so eine gehört Kastriert“ – M. v. B.

„Alles abschneidn..dann kann er sich an nix u.niemandem mehr vergehn!“ – F. B.

„Finden und kastrieren… Ar……“ – K. M. S.

„Spieß umdrehen. .. der keart vor oder unter a Pferd…“ – H. M.

All diese Kommentare stehen nun schon seit Stunden online, häufen Likes an und die Redaktion der TT scheint kein Problem damit zu haben. Doch lassen wir mal den Benefit of the Doubt gelten, vielleicht hatte man einfach noch keine Zeit, den Artikel zu moderieren. Weiter zurück liegt ein Artikel über die Kritik von Amnesty International bezüglich der Zustände in Traiskirchen

Natürlich lässt dies die Wogen hochkochen, mit denselben hirnrissigen Argumentationen der Nächstenliebe für Obdachlose und den Sozialschmarotzern der Wirtschaftsflüchtlinge. Doch es häufen sich auch Kommentare, wie jener, dass die Mitarbeiter_innen von Amnesty International doch zum IS gehen sollten (hmm, welchen Outcome der Autor wohl implizieren möchte), oder rassistische Märchen werden aus dem Ärmel gezogen, um Ressentiments und abartige Argumentation zu rechtfertigen. Beide Kommentare sind seit Tagen einsehbar.

„Die Leute sollen bei der IS mal hinfahren und die Menschenrechte durchsetzen, ansonsten sollen sie still sein oder die Asylanten selbst zu sich nehmen!!“ – A. H.
„Grausam is dass ma um 23:00 Uhr im Nightliner an Busfahrer zur Hilfe eilen muss weila 4 Marokkaner mehr als 3 mal HÖFLICH gebeten hat in Joint im Bus nid zu rauchen und de ihm daraufhin anspucken und a Flasche aufn Kopf haun. Die Furcht vorm bekannten is umso grösser Ana. Der Busfahrer war übrigends Türke und i hab ohne Tuch etc Mund zu Mund beatmung gmacht. Bevor wieder jemand sag i Hass Ausländer.“ – A. K.

Aber nicht nur Minderheiten und Flüchtlinge sind das Ziel des Hasses. Bestenfalls überlappen sich diese Gegebenheiten und ein Rundumschlag gegen alles Ungewollte wird getätigt. Da werden Ausländer_innen schon mal als Ratten bezeichnet, links denkende Menschen als Landesveräter_innen stilisiert und die Presse erzählt ja eh nur Lügen. Andere fordern derweil mehr Polizeiwillkür oder laden die Diskussion rassisch auf, unterstellen Kinderentführung oder –vergewaltigung ausländischen Täter_innen.

„Immer die Misshandlungen durch die Polizisten fällt euch von der Lügenpresse nichts anderes ein.Unsere Poolizei setz jeden Tag das eigene Leben aufs Spiel für diese Ratten die durch die Linken in unser Land geschleuß werden.Es dauert nicht mehr lange bis das eigene Volk austeht weil es so nicht mehr weiter geht.“ – J. K.

„vielleicht hat er es verdient. komisch nur solche sachen werden breit geschlagen. aber wenn gewisse mädchen belästigen,wenn Osterreicher wzusammengeschlagen werden, wenn kinder vermisst uvm. werden sagen sie nicht viel. besser solche sachen gross verbreiten und nicht verduschen!!!“ – S. S.

Selbst direkte Aufrufe zum Mord werden nicht immer gelöscht und können tagelang online eingesehen werden. Am liebsten richten sich solche Kommentare an die bösen, bösen Politiker_innen.

„POLITIKER GEHÖREN GEHÄNGT. . DIE ECKELHAFTEN BESTIEN…… WER IS SCHLIMMER DIE IS ÄRSCHE ODER DIE POLITIK?“ – M. B.

Warum trage ich dies nun zusammen und schreibe diesen Artikel? Für mich geht es um die Empörung über die nicht stattfindende Moderation. Dies muss sich ändern, denn viele der sich online befindenden Kommentare sind nicht nur strafrechtlich Besorgnis erregend, sondern auch auf anderen Ebenen mit stärkster Vehemenz zu bestreiten. Diese Empörung schafft nur die Öffentlichkeit, die gegen die derzeitige Handhabe der TT-Redaktion anstehen muss. Es kann nicht sein, dass solche Postings nur bei ihrer Meldung entfernt werden, wie mir vor kurzem zugetragen wurde. Die Moderation der Facebook-Seite liegt ganz klar in der Verantwortung der TT, die von sich aus solche Kommentare beobachten und in den meisten Fällen auch entfernen muss.

Die Facebookseite der TT steht dieser Problematik natürlich nicht allein gegenüber, denn auch bei vielen anderen Outlets lässt sich quasi keine Moderation der Kommentare finden, was es jedoch keinesfalls entschuldigt. All diese Seiten müssen ihrer Pflicht nachkommen, damit solche Aktionen wie jene von Sascha Tahler nicht mehr nötig sind. Dadurch wird die Tätigkeit aus dem Kreis privater Personen, die gegen diese Hasspostings angehen, auf eine offizielle und institutionelle Ebene gehoben, die der Problematik auch besser entgegenwirken kann. Dafür braucht es die empörte Öffentlichkeit, die die Outlets zu stattfindenden Moderation drängen, denn ohne Druck von außen wird sich kein betroffenes Medium von selbst darum kümmern.

DEJAN LUKOVIC

Gast

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