3

Traglufthalle in Hall in Tirol muss sofort geschlossen werden

Traglufthalle_Schlafkojen-nach-oben-offen_web

In Hall in Tirol dient eine Traglufthalle als Unterbringungsort für über 240 Flüchtlinge. Es sind dort ausschließlich Familien mit Kindern untergebracht. Anfang Februar wurde diese erste Traglufthalle Österreichs bezogen.

Die Funktionsweise einer Traglufthalle besteht im Wesentlichen darin, dass im Innenraum (den Schlaf- und Wohnräumen) durch konstanten Überdruck die Außenwände aufgeblasen werden. Traglufthallen sind nicht für eine Verwendung als dauerhafter Wohn- und Lebensraum konstruiert.

Wir haben uns vor kurzem mit einem Experten getroffen, der uns die aktuelle Situation am Standort Hall in Tirol in der Traglufthalle als sehr prekär schilderte: Seit fast zwei Wochen sind keine Angestellten der TSD (Tiroler Soziale Dienste GmbH) mehr vor Ort. Der Heimleiter, als auch die MitarbeiterInnen, leiden an verschiedenen Krankheitssymptomen (wie z.B. Tinnitus) und erhöhter Infektanfälligkeit, die in Zusammenhang mit der Arbeit innerhalb der Traglufthalle in Verbindung stehen könnten.

Außerdem herrscht innerhalb der Traglufthalle dauerhafter Überdruck. Die Luft ist sehr trocken und der Geräuschpegel enorm hoch. Die Schlaf-Kojen sind nach oben hin offen, Geräusche aus der ganzen Halle sind in allen Schlafkojen zu hören. Es gibt keinerlei Privatsphäre.

Die Menschen in der Traglufthalle dürfen aus Sicherheitsgründen keine Messer und keine Wasserkocher verwenden, was eine angemessene Essenszubereitung verunmöglicht bzw. deutlich erschwert. Die Traglufthalle ist als Selbstversorger-Heim konzipiert. Viele der in der Traglufthalle lebenden Flüchtlinge sind schon nach wenigen Tagen erkrankt und können während der Nacht gar nicht oder nur sehr wenig schlafen.

Angesichts dieser Zustände fordern wir die sofortige Schließung der Traglufthalle in Hall und die Unterbringung der dort lebenden Flüchtlinge in nicht gesundheitsgefährdende und adäquate Unterkünfte. Traglufthallen können kein Konzept der Unterbringung für Menschen auf der Flucht sein!

Wir stellen uns weiterhin gegen die Abschottungspolitik Europas und treten für eine globale Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit und gleiche Rechte aller Menschen ein.

Ein Artikel der Plattform Bleiberecht

Gast

3 Comments

  1. Die Kritik an den Traglufthallen ist natürlich berechtigt und es ließen sich weitere Argumente gegen Massenquartiere, insbesondere Traglufthallen, hinzufügen. So zum Beispiel die Dauerbeleuchtung bei nach oben offenen Kojen, die den Schlaf empfindlich stören. Die Forderung müsste m.E. hingegen lauten, zuerst menschengerechtere Alternativen zu schaffen, nicht als ersten Schritt die Traglufthallen zu schließen. Sonst begibt man sich unversehens und ungewollt in Gesellschaft von Leuten, die aus ganz anderen Gründen für die Schließung der Traglufthallen sind. Deren Motivation könnte kurz mit „Ausländer raus“ zusammengefaßt werden, selbst wenn sie dies mit einer Argumentation gegen Massenquartiere tarnen (so geschehen unlängst bei einer angeblichen Initiative von Anrainern, die einerseits – fälschlicherweise damit „argumentieren“, dass es sich um ausschließlich lauter junge Männer handele, andererseits aber geschickt eine Verteilung auf ganz Tirol fordern, wobei ihnen klar sein dürfte, dass das auf Grund der geschürten Antistimmung in vielen Dörfern sehr schwierig ist).

    Bei den Alternativen kommen die „Mühen der Ebene“ ins Spiel: Wie können wir menschenwürdigen Wohnraum mobilisieren und öffnen (z.B. stehen viele Häuser, Wohnungen, Geschäfte, Gebäude leer), wie politische Entscheidungen herbeiführen, die genügend Finanzierung sicherstellen und letztlich auch, wie eine breitere gesellschaftliche Akzeptanz erreichen. Private und zivilgesellschaftliche Initiativen gibt es ja schon eine ganze Menge, da sollten wir dafür sorgen, dass wir auch besser öffentlich wahrgenommen werden!

  2. Jetzt krieg ich dann den Blues mit den Schwarzen: Vor zwei Wochen regt sich der Gemeinderat der Jungen ÖVP in einem Leserbrief darüber auf, dass die Grünen die alljährliche Innuferreinigung missbrauchen würden. Deswegen ist die Innuferreinigung, schreibt Lorenz Jahn, abgesagt worden. Er schaltet dann eine Woche lang ein gesponsortes Facebook-Posting seiner Wahlkampfseite „Ja zu Jahn“, in der er den Leserbrief noch weiter verbreitet, aber die Stelle mit der vermeintlichen Absage der Innuferreinigung schwarz durchstreicht, weil ja falsch. Geschalten wird diese Werbung mit Parteigeldern, ist anzunehmen.

    Am Samstag vereinnahmt dann die ÖVP die Bürgerinitiative in Arzl gegen die Traglufthalle parteipolitisch: Der ÖAAB-Stadtteilchef Schöpf ist der Sprecher der Bürgerinitiative. Gemeinderat Christoph Appler ist bei der Demo anwesend. Vizebürgermeister Franz Gruber versucht vergeblich, sich Schulter an Schulter mit den Demonstranten zu stellen. Die halbe Stadt-ÖVP marschiert auf, gemeinsam mit Fritz Dinkhauser und Rudi Federspiel. Es ist eine Gaudi zum Zuschauen, wenn es nicht so traurig wär. Und auch noch mit dabei: Die Identitären, eine rechtsradikale Gruppe, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Bereitwillig überlässt die Bürgerinitiative mit dem ÖVP-Sprecher Schöpf auch noch einem Vertreter der Rechtsextremen die Bühne und das Mikro und schreitet auch nicht ein, als der einen Bürgerkrieg heraufbeschwört und davon redet, dass bald die Flüchtlinge in den Wohnungen und die Tiroler in der Traglufthalle wohnen würden.

    Wo bleibt der Leserbrief, in dem sich der Innuferreinigungs-Beschwerer Lorenz Jahn auch über die parteipolitische Vereinnahmung einer rechtsradikalen Demonstration durch die Stadt-ÖVP, beschwert?

    Anonym, Innsbruck

Schreibe einen Kommentar zu Wilfried Hanser Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert