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Sternenstaub

Sophia wünschte sich auf Facebook ein Kleid aus Sternenstaub. Und wer es ihr bezahlte, konnte sie haben für eine Nacht oder auch für mehr. For ever and day … schrieb darauf einer auf ihre Seite, die sie natürlich gleich mal löschte.
 

Sophia trug ein Sternenhemd und betätigte den Zapfhahn. Das eine war der Wunsch, das andere die Wirklichkeit. Der Dichter zog sich zurück und schüttelreimte was die Begabung nur so hergab. „Ich muss mich erst wieder freischaufeln, dann hab ich Zeit für deine Wünsche“ , hörte er einen am Nebentisch sagen. Der Dichter sah auf Sophias Gesicht, wie sie den Zapfhahn bediente, die Gläser füllte, und dachte, ich werde auf ihre Facebookseite dichten: „Das Geheimste ist das Wünschen und das Geborgensein im Osterei.“ Sophia verstand es nicht. Egal. Es war kein Geld im Spiel. Der Dichter trank ein Glas Riesling. Dann dichtete er weiter. Einer hielt ihm eine Feder hin, wie aus Ironie. Der Dichter lehnte dankend ab und sagte: „Ich schreibe seit Jahren schon mit einem BIC. Darauf lachten alle, die es sahen und hörten. Die Feder verschwand darauf wieder. Sophia aber blieb still und zapfte weiteres Bier. Sie schrieb erneut auf ihre Facebookseite: „Wer kauft mir ein Kleid aus Sternenstaub?“ Im Hintergrund leise Musik. Einer bewegte sich dazu leicht im Takt.

 

Sophia zerbrach ein Glas hinter der Theke. Und hörte Radio Teheran. Aber das meinten vielleicht nur einige, die sich mit der Sprache nicht so recht auskannten. „Ich würde ihr gern ein Liebesgedicht auf ihren Rücken schreiben“, dachte der Dichter. Und wusste, wenn er einen Preis bekommen oder einen Bestseller geschrieben hätte, könnte er es tun. „Aber von einem bedeutungslosen Dichter will sie sicher kein Liebesgedicht auf ihrem Rücken haben.“ Auch wenn sich ein BIC-Kugelschreibergedicht ohnehin leicht wegwaschen lässt. 

Sophia sah ihn an. Fragte den Dichter, ob er noch ein Bier wolle. Der Dichter bejahte, legte ein paar  Pfefferkörner auf seinen Schreibblock, damit niemand das Geschriebene lesen konnte, während er auf die Toilette ging.  
 

Der Dichter liebte Sophia, nur Sophia wusste das nicht. Oder wusste es und tat nur so als wüsste sie es nicht, als merkte sie es nicht. Ob er sie mal fragen sollte, ob er ihre zarte Hand küssen dürfe? Und wenn sie ja sagte, wie er das dann deuten durfte. Oder ob sie ihm ihre Nummer gab, so dass er sie mal anrufen konnte. Und wenn er sie dann anrief, und sie sich nicht meldete, so dass er lange wartete, den stummen Ton lang den Hörer an seine Ohrmuschel hielt, bis er die Stille des Todes herauszuhören begann.

Als der Dichter von der Toilette zurückkam, hatte Sophie die Scherben des zerbrochenen Glases schon wieder aufgekehrt. Und den Besen an die Wand gelehnt. Sophia ließ immer wieder ein Glas zu Boden fallen, wie dem Dichter schon länger auffiel. Er wusste nicht, wieso eigentlich. Ob es Absicht war oder eben doch nur Missgeschick. Und da der Dichter Sophia heimlich liebte, wagte er sie auch nicht danach zu fragen, weil er sie damit nicht in Verlegenheit bringen wollte.

 

Helmut Schiestl

One Comment

  1. warum stupst er sie nicht einfach an oder schickt ihr ein Liebesgedicht per Mail – schüchterne Männer sind charmant, aber manchmal einfach zu umständlich …

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