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SPÖ Tirol: Eine Partei schafft. Sich ab?

Auf rotem Teppich im Schwarzen Adler: Die Pressekonferenz der SP Tirol ...

Auf rotem Teppich im Schwarzen Adler: Die Pressekonferenz der SP Tirol …

Die Stimmung bei der gestrigen Pressekonferenz der SPÖ Tirol, bei der deren Vorsitzender Ingo Mayr seinen Abschied verkündete, war, sagen wir: durchwachsen. (Und übrigens: bitte wie kann man auf die Idee kommen, eine solche Pressekonferenz ausgerechnet im „Romantikhotel Schwarzer Adler“ abzuhalten?“). Irgendwie fühlte man sich an Großbritannien nach dem „Brexit“-Entscheid erinnert: eitle Männer fahren die Karre an die Wand und eine Frau darf nun die „Mission Impossible“ starten. Dabei ist derjenigen, die nun das Ruder übernehmen soll, Einiges zuzutrauen. Doch der Reihe nach.

Man könnte das Aus des SP-Tirol-Vorsitzenden ja auch ganz positiv sehen: nämlich, dass in der SPÖ Tirol nicht einfach alle Vorgereihten in blindem Gehorsam auf ihr Mandat verzichten, um dem Parteichef den Einzug in den Landtag zu ermöglichen – so wie es bei der FPÖ Tirol und ihrem Markus Abwerzger der Fall war. Man könnte das alles ja auch wirklich so sehen wie es Ingo Mayr selbst sieht: nämlich, dass er ja nicht zurücktritt sondern am Landesparteitag in gut einem Monat halt einfach „nicht mehr wieder kandidiert“. Man könnte das alles ja auch als letztliche Erfüllung des Mayr’schen Vorhabens sehen, die SPÖ Tirol „jünger, weiblicher, linker“ zu machen (immerhin ist die designierte Nachfolgerin ein ganzes halbes Jahr jünger, ein ganzes Geschlecht weiblicher und – wenn man Tirol von Deutschland aus betrachtet auch links von Innsbruck zuhause: Lienz)

Stille Teilhaberin der Pressekonferenz nahe am Notausgang: die langjährige SP-Abgeordnete Gabi Schiessling

Stille Teilhaberin der Pressekonferenz nahe am Notausgang: die langjährige SP-Abgeordnete Gabi Schiessling

Es bräuchte also ziemlich Einiges an edlem Roten oder die viel zitierte „rosarote Brille“, um den jüngsten Entwicklungen innerhalb der Genossinnen und Genossen noch irgendetwas Positives abzugewinnen.
Denn in Wahrheit befindet sich die Tiroler SPÖ in ihren letzten Atemzügen.
Und dabei dachte man als Beobachter, dass es nach der „Ära“ Hannes Gschwentner nicht mehr tiefer gehen könnte.
Da geht die langjährige und über die Parteigrenzen anerkannte Abgeordnete Gabi Schiessling (nach offizieller Darstellung weil sie im Zivilberuf, den sie seit Jahren ausübt, plötzlich ganz viel zu tun hat) und will ihrer Partei mit ihrem frei werdenden Landtagsmandat vielleicht auch wirklich aus der Zwickmühle helfen. Und dann:
nix ist es mit dem (demokratisch ohnehin bedenklichen) Einrücken des Parteichefs in den Landtag.
Nein, es bricht vielmehr das totale Chaos aus:

Bewegte Zeiten, werte Rote ...

Bewegte Zeiten, werte Rote …

Ein im Streit ausgetretenes Parteimitglied tritt am Tag der Pressekonferenz der Partei wieder bei und wird Bundesrat. Ein Bundesrat „darf“ wieder zurück in den Landtag, – und das alles, nur um das „Nachrücken“ in den Landtag des eigentlich logischen Nachrückers, eines jedoch ungeliebten Parteimitglieds, zu verhindern. Der hatte sich nämlich auch noch erdreistet, nicht einfach so auf sein ihm zustehendes Mandat zu verzichten. Die Rache der Partei ist genauso demokratisch wie brutal: und willst du nicht weichen, so wirst du gewichen (siehe Absatzanfang). Was muss da alles an zerschlagenem Porzellan, verletzten Eitelkeiten, ja: Feindschaft statt roter „Freundschaft!“ herum liegen und fliegen. Auch wenn man’s weiß: man will’s nicht wissen. Ach, beinahe vergessen: ein ehemaliger Landtagsabgeordneter stellt wegen der jüngsten Vorfälle seine Parteimitgliedschaft ruhend (nur der vorläufigen Vollständigkeit halber).

spoe4 Nun also soll die Bürgermeisterin von Lienz, Elisabeth Blanik, herbstkompatibel die Kastanien aus dem Feuer holen. Und es ist ihr Einiges zuzutrauen. Wenn da nicht, ja wenn da nicht die knappe Zeit zur Landtagswahl wäre (allerhöchstens noch eineinhalb Jahre). Und wenn da nicht, ja wenn da nicht diese vielen verletzten Eitelkeiten wären. Und wenn da nicht, ja wenn da nicht, Leute aus dem rechten Flügel der SP Tirol wären, die glauben, die aktuelle Stimmungslage in der Bevölkerung für ihre Zwecke nützen zu können. Es soll ja Schlimmeres geben, als bei der Wahl um den Parteivorsitz auch wirklich eine Wahl zu haben und nicht nur einen Vorschlag abzunicken – eine Wahl zwischen Blanik und rechten Scharfmachern im roten Tarnmantel wäre aber der endgültige Abgesang auf die Tiroler Sozialdemokratie.

Vielleicht, ja vielleicht gibt es aber eine gute Version von „sie werden sich noch wundern, was alles geht“ und die designierte SP-Tirol Vorsitzende Elisabeth Blanik bringt ihre Partei wieder dorthin, wo sie hin sollte: Richtung Sozial und Demokratie. Zuzutrauen ist es ihr. Und es muss schnell gehen. Sonst droht der Tiroler Sozialdemokratie nach der kommenden Landtagswahl die Einstelligkeit. Oder sogar: Die Einstellung.

Markus Koschuh

3 Comments

  1. Die Einstellung – ein gar mehrdeutiges Wort! Die „innere Einstellung“ dürfte sich in der Politik in den letzen zwei Dekaden wohl eher zum monetären Vermehren und Anhäufen mehr oder weniger sinnvoller Titel und Ämter geändert haben. Die „politische Einstellung“ geht(zumindest bei den Bundes-Schwarzen-Mandern) klar erkennbar nach rechts, ich erinnere an dieser Stelle jedoch an „Schmied und Schmiedl“! Die Wiener Abteilung der einstigen staatstragenden Partei darbt seit längerem dahin, auch ihr droht, wie den Tiroler Roten, die „finale Einstellung“. Die „Einstellung des Bürgers“ ist je nach Bildungs- und Empathieniveau abbivalent von „Die Flüchtlinge sind an allem schuld“ bis „Wacker Innsbruck – wir schaffen das!“.

  2. Also mich würde es wundern, wenn es die SPÖ Tirol bei dem Personal überhaupt noch in den nächsten Landtag schafft: Opportunisten wie Gschwentner haben die Partei abgewirtschaftet und Opposition können sie einfach nicht.

    Elisabeth Blanik wünsche ich viel Erfolg, aber es wird mehr als ein (gar nicht mehr wirklich) neues Gesicht brauchen, um diese Partei zu retten!

  3. Markus Abwerzger hat schon am Kufsteiner Prateitag der FPÖ von

    von einer „Vorarlbergisierung“ der SPÖ gesprochen.

    Nicht einmal die eigenen Leute konnten mit diesem Begriff etwas

    anfangen und mussten vom Parteichef auf den Inhalt dieser

    Botschaft extra hingewiesen werden.

    Jetzt weiß man es wirklich.

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