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Projekt A – „Aus Liebe zur Freiheit…..“ Österreichpremiere am Polit-Film-Festival Innsbruck

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17:00 ist eigentlich für die arbeitende Bevölkerung sehr früh an einem Dienstag, aber ein fast voller Kinosaal zeigte, dass sich viele gerne die Freiheit genommen haben bei der Österreichpremiere von Projekt A dabei zu sein. Ganz dem Inhalt des Films entsprechend, haben wir uns von der Herrschaft von Arbeit losgelöst und uns die Freiheit genommen am Tag 2 des Politik-Film-Festival mit dabei zu sein.

Wir sind eingetaucht in die Welt der Anarchie und haben anarchistische Projekte in Europa besucht. Und das ganz bequem vom Kinosessel im Leokino aus. So bequem ging es dann im Film Projekt A von Moritz Springer und Marcel Seehuber nicht zu. Die ProtogonistInnen zeigen sehr viel Mut und Ausdauer, um ihr Bild einer anderen Gesellschaft zu verwirklichen. Sie bezeichnen sich als GraswurzelaktivistInnen. Sie träumen die Utopie von einer Gesellschaft ohne Herrschaft und Ausbeutung nach dem Prinzip gegenseitiger Hilfe.

Da ist zum Beispiel die Aktivistin und Autorin Hanna Poddig, die Castor-Transporte (Anmerkung: Atommüll-Transporte) blockiert, indem sie sich an die Gleise kettet und gewaltfrei Katz und Maus mit Polizisten spielt. Hanna meint im Film: „Ich glaube das ätzende Dinge schon schneller kaputtgehen, wenn ab und an Sand ins Getriebe gestreut wird.“

Da sind die AktivistInnen in Athen, die den Parko Navarinou geschaffen haben, einen 2009 besetzten Parkplatz, der von ihnen zu einer blühenden öffentlichen Gemeinschafsfläche umgestaltet wurde. Sie würden keinen Vertrag annehmen zur Nutzung des Parkes, denn sie leben den Gedanken, dass alles allen gehört und wir hier sind, um es zu leben.

Da sind die Menschen der Confederación General del Trabajo (CGT), der Anarchosyndikalistischen Gewerkschaft in Barcelona, die heute rund 60.000 Mitgliedern zählt und damit zwar weit weg von den 500.000 Mitgliedern in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts ist, aber motiviert an der Transformation der Gesellschaft arbeitet.

Da sind die Menschen der Cooperativa Integral Catalana (CIC) in Barcelona, die in La Garrotxa ein Ökodorf gründen, von Selbstversorgung leben und mit diesen dezentralen Strukturen Menschen in Barcelona versorgen wollen sowie alternative Währungssysteme wie Bitcoins oder virtuelle Euro eingeführt haben.

Da ist das Kartoffelkombinat in München, das eine regional-saisonal-biologisch Versorgungsstuktur auf Genossenschaftsbasis aufbaut. Vom ersten Samen bis zum fertigen Gericht wird von den Genossenschaftsmitgliedern mitbestimmt und mitgestaltet.

Projekt A ist ein sehenswerter Film – für AnarchistInnen und solche, die es noch werden wollen. Aber auch all jene, die ihre Komfortzonen niemals verlassen haben. Sie werden vielleicht bestätigt sein in ihren Vorurteilen und sich gemütlich wieder ihrem Leben widmen mit der brüchigen Sicherheit, dass sie alles haben was sie brauchen und mit dem System zufrieden sind. Aber unsere Welt ist krank und das ist ein Faktum. Ob der Anarchismus jemals so stark wird, um die Welt nach seinen Werten zu prägen, ist offen. Dennoch: Die ProtagonistInnen von Projekt A zeigen, dass eine andere Welt möglich ist. Zumindest in kleinen Einheiten, die Positivbeispiele und Bestärkung zum Weitermachen sind. Es ist keine Welt der Superreichen und Schönen, es ist ein bescheidene Welt, es ist eine politische Welt, es ist eine kritisch-beäugte Welt, es ist eine Welt, die keine Ausbeutung zulässt, eine Welt in der es bunt und kreativ ist, in der ein herrschaftsfreier Raum als Ort dessen gesehen wird, was allen Menschen eigentlich zusteht – ein gutes Leben!

Danke an die Filmemacher, die ein mehrheitlich positives und ansatzweise auch differenziertes Bild einer Szene schaffen, die keine Bedeutung auf der großen weltpolitischen Agenda zu haben scheint, trotzdem oder vielleicht gerade deshalb mit kleinen Aktionen Strukturen ins Wanken oder zumindest zeitweise zum Stillstand bringt.

Politik-Film-Festival
Politik von unten: Protest – Aktivismus – Revolution
Das Polit-Film-Festival fand heuer unter dem Titel „Politik von unten: Protest – Aktivismus – Revolution“ statt und widmete sich ausschließlich Dokumentarfilmen, die ein breites Spektrum gegenwärtiger und historischer Formen des Protests, des zivilen Ungehorsams, des politischen Aktivismus sowie revolutionärer Bewegungen abdecken.

GUDRUN DANTER

Gast

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