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Märchen

Together holte in seiner Dienststelle noch seine letzten Sachen ab und war glücklich. Neulich erst hatte Arcana ihm wieder zu einem ihrer Papiereintöpfe eingeladen. Und da Together ein höflicher Mensch war, hatte er die Einladung angenommen, obwohl er eigentlich nicht wollte.

 

Und schon nach den ersten paar Bissen war ihm schlecht geworden und er hatte Arcana mit ihren Papiereintopf wieder verlassen, war hinunter ins Foyer gegangen, hatte dort seine Freundin Scagarax getroffen und zu ihr gesagt, dass Arcana schon wieder Papiereintopf gekocht hätte und er das nicht mehr aushalten würde. Darauf hatte Scagarax zu ihm gesagt: „Gut, dann kündige halt!“ Und darauf Together: „Genau, das werde  ich tun“. War zum Vorstand gegangen und hatte um seine Entlassung gebeten und diese auch bekommen. Dann war Together  zu seiner Großmutter gegangen, die zwar noch immer lebte, die er aber schon zig Jahre nicht mehr besucht hatte, nicht aus Gleichgültigkeit oder Verbitterung, sondern einfach, weil sich das ab einem gewissen Alter, das diese mittlerweile erreicht hatte, nicht mehr schickte.

 

Die Großmutter war schon weit über hundert Jahre alt, und wahrscheinlich kannte sie ihn auch gar nicht mehr, weil sie nur noch mit dem Sterben beschäftigt war, weil jeder nur mehr mit dem Sterben beschäftigt ist, wenn er einmal ein gewisses Alter erreicht hat, weil womit sonst sollte man sich da noch beschäftigen, wo doch alles im Leben sonst Wichtige von Tag zu Tag unwichtiger wird und immer weniger Bedeutung bekommt.

 

Und tatsächlich hatte Together seine Großmuter auch so angetroffen, wie er vermutet hatte. Sie kannte ihn nicht mehr und reagierte auch nicht mehr auf ihn. So setzte er sich zu ihr, schaute ihr eine Weile in ihre tiefliegenden Augen, die sie zwar geöffnet hatte, aber nicht mehr bewegte, und machte sich dann bald mal wieder fort.

 Aus einer noch unveröffentlichten Erzählung.

Helmut Schiestl

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