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Liebe ist die beste Medizin

Mal ehrlich, wollten Sie nicht auch schon mal ihre nächsten Angehörigen, oder ihre Partnerin oder Partner damit täuschen, indem Sie sich totstellen, um dabei herauszufinden, ob der oder die Hinterbliebene auch wirklich um Sie trauert, oder nicht vielleicht sogar Freude bei jener/jenem ausbricht, vor allem dann, wenn Sie diesem oder dieser etwas zu vererben haben? Oder sie möchten vielleicht auch gerne mal ihrer eigenen Beerdigung zusehen, vielleicht auf einem Baum unbeobachtet sitzen und mal zuschauen, was da dann wohl alles so abläuft. Wer überhaupt dabei ist, wer wie redet über Sie als Verstorbenen, wie die Grabreden sein werden usw.

Nun, diese Fragestellung ist vielleicht der Kern des neuen Stückes Die beste Medizin vom Innsbrucker Autor Michael Amerstorfer, das zurzeit im Innsbrucker Bogentheater aufgeführt wird. Und es ist eine zeitgenössische Fassung von Molières berühmten  Stück  Der eingebildete Kranke , übrigens dessen letztes, in dem er noch selbst die Hauptrolle gespielt hat und bei einer Aufführung auch gestorben ist.

Kurz zum Inhalt:  Der Frühpensionär Herr Antler hat genug Zeit um sich beinah obsessiv seinen Wehwehchen zu widmen, fehlt nur noch ein Arzt in der Familie, der eine lückenlose Betreuung garantiert. Wie gut, dass Antlers Tochter Anna im heiratsfähigen Alter ist, sie soll vom angehenden Arzt Thomas zum Traualtar geführt werden. Damit sich die beiden kennen lernen und näher kommen können, gibt Antler kurzer Hand ein Fest. Dabei hat er die Rechnung aber ohne seine Privatsekretärin Klara und die geheime Liebe Annas gemacht. Dann muss Antler auch noch seine hypochondrischen Züge vor seinem Bruder verteidigen und die Liebe seiner jungen Ehefrau wird auf einmal in Frage gestellt. Wie soll das nur enden?

Nun, wie das alles enden wird sei hier natürlich nicht verraten. Nur so viel,  dass das zum überwiegenden Teil doch recht junge Ensemble das unter der Leitung von Stephanie Larcher-Senn  die doch recht gelungen in die Gegenwart umgesetzte Komödie sehr engagiert und mit viel Verve rüberbringt. Vor allem gut fand ich Markus Moosbrugger als Herr Antler,  Luzia Pirschner in der Rolle seiner  Krankenschwester und Amelie Prugger als Antlers Tochter. Aber auch der Rest des Ensembles, bestehend aus Simone Osterauer, Isabella Walder, Benjamin Nicolussi Castellan, Renè Orbini, Alexander Alscher,  Arthur Mohl, Alexander Hessenberger und  Daniel Rihm,  machen ihre Sache gut und geben dem Stück ihren Drive. Ja, der eingebildete Kranke ist 2018 angekommen und hat nichts von seiner bemitleidenswerten Selbstverliebtheit verloren.

Und haben Sie sich inzwischen schon überlegt, wie Sie es anlegen, um Ihre Liebste mit einem kleinen Totstellreflex zu überraschen oder ihren Liebsten mit einem schmachtenden Ohnmachtsanfall aus der Reserve locken?  Nun, vielleicht wird heutzutage diffiziler um diverse Erbschaften gekämpft,  aber was die grundlegenden familiären Beziehungen betrifft, oder auch die Hintergründe und Motive von Liebe, die Abhängigkeiten von Zuwendung und Vertrauen, so hat die molièrsche Komödie wohl nichts von ihrer Brisanz und Gegenwärtigkeit verloren.  Und auch wenn wir heute weniger abhängig sind von diversen Quacksalbern und Kurpfuschern, die uns das Geld aus der Tasche ziehen, so bleibt die vielleicht nicht weniger problematische  Abhängigkeit von der Medizinindustrie, die uns immer wieder hilflos macht in unseren Entscheidungen unsere Gesundheit betreffend – man denke etwa nur an die in den Medien immer wiederkehrenden Impfdebatten – so hat das Stück hier durchaus noch Gegenwartsbezug.

Nächster Termin: Mittwoch, 7. Februar, 20.00 Uhr.

Helmut Schiestl

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