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Landkarten im Kopf

Für ihr Video-Projekt „Gedachte Stadt“ ließ Ursula Schachenhofer zehn InnsbruckerInnen einen Plan ihrer Stadt aus dem Gedächtnis zeichnen. Sie will damit zeigen, wie unterschiedlich die Wahrnehmung von ein- und demselben Ort ist und wie verschieden unsere individuellen „Navigationssysteme“ funktionieren. 

Im Provi-Interview stellt die junge Innsbrucker Medienkünstlerin sich und ihr Schaffen vor:

Wie eine Stadt aussieht, hängt davon ab, wie sie gesehen wird. Und vor allem: von wem. Orientierung in bestimmten, insbesondere sehr vertrauten Gegenden schaffen individuell erinnerte Pläne im Kopf, auf unseren alltäglichen Wegen leitet uns eine Art „unbewusstes Navigationssystem“. Wie diese Pläne, ja ganzen Landkarten aussehen und wie wir uns damit zurechtfinden, will Ursula Schachenhofer mit ihrem experimentellen Video-Kunst-Projekt „Gedachte Stadt“ erkunden. Mehrere BewohnerInnen Innsbrucks wurden dafür von ihr gebeten, einen möglichst konkreten Plan ihrer (Wahl-)Heimat zu zeichnen.

Es gehe der jungen Künstlerin dabei im Grunde darum, „zu fassen, wie es im Gehirn ausschaut, zu thematisieren, was Menschen ausmacht“. Auch in früheren Projekten startete sie bereits den Versuch, etwas so Flüchtiges wie Gedanken einzufangen, festzuhalten und vor allem den Prozess ihres Entstehens filmisch aufzuzeichnen. So bestand ihr Vordiplomsprojekt an der HfG (Staatliche Hochschule für Gestaltung) Karlsruhe aus der mehrtägigen Performance „about:blank“ – einem Experiment, das darstellen sollte, „was den ganzen Tag so vorgeht in meinem Kopf“. Schachenhofer schrieb dazu fünf Tage lang eine weiße Wand nach der Methode der „Écriture automatique“ mit ihren auftretenden Gedanken voll, überschrieb diese dann wiederum mit neuen Gedanken, bis nur noch eine schwarze Fläche blieb, die wiederum weiß beschrieben werden könnte. Die filmische Dokumentation davon wurde im Zeitraffer gezeigt.

Auch in ihrem aktuellen Projekt „Gedachte Stadt“, gefördert von der Stadt Innsbruck im Rahmen der stadt_potenziale 2013, wurde der Prozess des Plan-Erstellens, des Erinnerns und Abrufens von bestimmten Orten aus mehreren Kamera-Blickwinkeln festgehalten. „Das Gespräch, das die TeilnehmerInnnen während des Zeichnens mit mir führen, was sie zum Dargestellten erzählen, ist Teil des Ergebnisses.“ Das Kontaktverhältnis zwischen Umfeld und GestalterIn spielt in ihren Arbeiten eine große Rolle, „deshalb wollte ich dieses Projekt unbedingt in Innsbruck, meiner Heimatstadt, umsetzen“. Die Wahl-Karlsruherin betont, wie wichtig es sei, zu wissen, von welchen konkreten Innsbrucker Plätzen die TeilnehmerInnen sprechen, nicken zu können, wenn ein erinnerungsträchtiger Ort genannt wird.

Die Ergebnisse des Projekts, das für Schachenhofer selbst immer ein künstlerischer Prozess mit ungewissem Ausgang ist, werden voraussichtlich diesen Sommer in einem Galerieraum in Innsbruck präsentiert, „vielleicht auch auf bestimmten öffentlichen Plätzen, die von vielen TeilnehmerInnen genannt und gezeichnet wurden“. Im Vordergrund hierbei steht für sie, auch die BetrachterInnen dazu anzuleiten, über die Frage „Wie sehe ich meine Stadt?“ nachzudenken.

Mehr über und von der jungen Künstlerin findet ihr auf

ursulaschachenhofer.wordpress.com

Anja Larch

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