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Kunst und Kultur in Tirol (7): 10 Jahre Westbahntheater – Stimmen und Emotionen

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10 Jahre Westbahntheater – das sind 49 Produktionen, 840 Vorstellungen und 40 000 ZuschauerInnen.

Die Feierlichkeiten zu 10 Jahren Westbahntheater – das sind Stimmen, Erinnerungen, Streiche und Sketche, Musik, Videoübertragungen und lustiges Beisammensein, das sind Geburtstagstorten und viel Gelächter, das sind Konrad Hochgruber, Thomas Gassner, Dieter Seelos, Martin Wesely und viele Andere.

Vor zehn Jahren haben Konrad Hochgruber, Eric Ginestet und Thomas Gassner das Westbahntheater aufzubauen begonnen. Ziel war es, eine weitere Theaterplattform in Tirol zu gründen, die SchauspielerInnen, RegisseurInnen und SchriftstellerInnen die Möglichkeit bot, in professionellem Rahmen vor Publikum zu treten. Unter den SchriftstellerInnen aus Tirol sind unter Anderen Bernhard Aichner, Clemens Aufderklamm und Christine Frei zu nennen. Die Stücke waren nationaler wie auch internationaler Art, insgesamt standen 100 professionelle KünstlerInnen auf der wohnzimmergroßen Bühne. Das Besondere am Westbahntheater war und ist die  Kombination zwischen Profis und Laien. Das Westbahntheater ist bekannt für seine Experimentierfreude.

Am ersten Abend der Feierlichkeiten habe ich mich ein bisschen umgehört:

Franz Sulzenbacher, Laienschauspieler: Beim Westbahntheater habe ich ursprünglich angefangen, um meine angeborene Schüchternheit zu überwinden. Das Theater gibt meinem Leben eine zusätzliche Struktur. Ich habe in mehreren Stücken mitgespielt, auch in den Märchenaufführungen zu Weihnachten. Man lernt viele nette Leute kennen, kann in andere Rollen schlüpfen, lernt viel dabei. Das Westbahntheater siedle ich in der guten Offszene an, wobei man sagen kann, dass es in ebendieser Offszene in Innsbruck sogar Vorreiter ist. Bei einer Jubiläumsfeier des Westbahntheaters sind alle unter sich, TechnikerInnen, SchauspielerInnen, Angehörige. Es werden bestimmt einige Erinnerungen wieder wachgerufen.

Josef Zelger, Zuschauer: Das Westbahntheater ist ein experimentelles Theater. Mich interessiert es, wenn jemand etwas Neues macht und etwas versucht. Deshalb komme ich her. Ich erlebe, dass es hier Menschen gibt, die sich darüber Gedanken machen. So werden auch immer wieder Stücke von neuen AutorInnen aufgeführt.

Birgit Melcher, Profischauspielerin: Ich habe einmal in der Produktion Macht/schule /theater mitgewirkt – in diesem Projekt habe ich es sehr interessant gefunden, verschiedene LehrerInnen- und Elternpersönlichkeiten darzustellen und ständig in andere Rollen zu schlüpfen. Neben zwei Profis und unter der Regie von Konrad Hochgruber haben die SchülerInnen der Schule mitgespielt. Weiters habe ich im Westbahntheater den Monolog Second Life von Martin Kolosz gespielt. Darin habe ich eine ehemalige Schauspielerin verkörpert, die sich das große Leben und Familie erträumt hat, die dann in der Ehe unglücklich wird und dem zu entfliehen versucht, indem sie im Dachboden probt. Das Stück war eine große Herausforderung für mich. Die Positionierung des Westbahntheaters in der Tiroler Theaterszene sehe ich vor allem in der Förderung von AutorInnen, die ihren Weg machen wollen oder ihren Weg schon eingeschlagen haben. Durch die Kombination von Profi- und Laienensemble gibt es sehr viele DarstellerInnen. Es ist sehr pur hier aufzutreten, das Publikum ist nahe.

Helga Famira, Laienschauspielerin: Ich war Hausfrau und Mutter. Nachdem das abgeschlossen war, habe ich ein Studium absolviert. Danach habe ich mich in der Volkshochschule zu einem Schauspielkurs angemeldet. Auch die drei weiteren Kurse im Westbahntheater habe ich besucht und mit der Abschlussproduktion beendet. Mittlerweile habe ich mehrere Rollen gespielt, und ich muss sagen, die Ausbildung und die Theaterarbeit haben meinem Leben noch mehr Farbe und Freude gegeben.

Christine Stöckl, Laienschauspielerin und Kostümbildnerin: Mein Kindheitstraum war immer Theater spielen, aber ich war zu schüchtern. An meinem vierzigsten Geburtstag wollte ich meinen Traum endlich anpacken, haben den viersemestrigen Kurs absolviert und gleich darauf eine Rolle in einem Stück gespielt. In einer Produktion ist dann plötzlich die Kostümbildnerin ausgefallen, woraufhin Konrad mich gefragt hat, ob ich das übernehmen könnte. Seitdem mache ich für verschiedene Stücke die Kostüme.

Harry Wenzel, Laienschauspieler: Ich bin durch einen dummen Zufall zum Westbahntheater gekommen. Vor etlichen Jahren konnte ich eines Morgens nicht schlafen und bin um 6.30 ins Büro gegangen. Ich bin zum Drucker gegangen, um einen Ausdruck zu holen, und da stand ein Kollege, der eine Rolle mit dem Drucker als Gegenpart geprobt hat. Er hat mir vom Westbahntheater erzählt und so bin ich Stück für Stück dazugekommen. Ich habe entdeckt, dass es eine schöne Bühne ist, sich selbst zu erfahren, sich selbst zu entdecken. Es ist ein Ort, an dem man viel ausprobieren kann. Ich habe sehr viele nette Menschen kennengelernt. Ich denke, dass das Westbahntheater als Vorreiter für junges, neues, innovatives Theater mit vielen neuen Stücken und einer gelungenen Kombination aus Profis und Laien, welche einen unheimlichen Reiz ausübt, immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Gabi Schiestl, Laienschauspielerin: Als Lehrerin habe ich eine Fortbildung besucht, wie man Theateraktivitäten in den Unterricht einbringen kann. Theaterspielen wollte ich als Hobby immer schon mal ausprobieren. Ich habe den viersemestrigen Kurs besucht und danach bin ich direkt ins Ensemble eingetreten. Im Landestheater fällt mir auf, dass ZuschauerInnen an verlorenen Posten sitzen, nicht immer alles sehen oder verstehen, im Westbahntheater bin ich gefangen von den Geschehnissen auf der Bühne, die so nahe sind. Ich bin immer mittendrin, ob ich mitspiele oder nicht. Ich denke, dass das Westbahntheater immer bekannter wird: Am Anfang gab es noch hauptsächlich jüngeres Publikum, mittlerweile kommen auch ältere ZuschauerInnen. Durch den Bekanntheitsgrad steigt auch der Ruf.

Didi Scherz, Veranstaltungstechniker: Ich habe – damals noch im Bierstindl – in zwei Stücken mit Nicolas Dabelstein zusammen gearbeitet, der wie auch Konrad Hochgruber an der Schauspielschule Innsbruck arbeitet. An der Schauspielschule fand sich ein Aushang, dass ein Techniker fürs Westbahntheater gesucht wird. Nicolas hat mich vorgeschlagen. Nun bin ich seit vier Jahren als Ton- und Lichttechniker dabei. Ich mache Ton und Licht für mehrere kleine Theater. Das Westbahntheater ist eine wichtige Stütze für mich. Jedes kleine Theater hat seine eigenen Schwerpunkte, der des Westbahntheaters liegt auf einer Mischung von Schrägheit und Tiefgang. Die Stücke müssen nicht ernsthaft erdrückend, sondern dürfen gerne unterhaltsam sein, ohne aber belanglos zu wirken. Das Westbahntheater hält sich schon überdurchschnittlich lange. Es ist mittlerweile bekannt, hat sich ein Netzwerk aufgebaut, ein Tool von SchauspielerInnen, AutorInnen, RegisseurInnen und Publikum. Für mich ist es eine Plattform für Entwicklung, ein persönliches Labor, mit Licht zu experimentieren und Erfahrungen zu sammeln. Die finanziellen Mittel von kleinen Theatern sind begrenzt, weshalb auch die Arbeit mit Licht eine besondere Herausforderung ist.

Konrad Hochgruber, Leiter des Westbahntheaters: Ein schöner Abend mit viel Nostalgie, mit vielen netten Menschen, WegbegleiterInnen und Publikum. Ein Abend, der uns widerspiegelt, indem wir Neues ausprobieren und auch einmal die Musik fürs Theater in den Vordergrund stellen. Ich finde es schön, dass wir uns heute trauen, Überlänge zu produzieren.

 

Zehn Jahre Westbahntheater müssen natürlich weiter gebührend gefeiert werden – und zwar am Sonntag, den 22. Juni um 20 Uhr im Westbahntheater mit dem OHA!-SPEZIAL zum 10-jährigen Jubiläum: Er ist wieder da! Der Überraschungsabend im Westbahntheater! Im Rahmen der Europäischen Theaternacht erwartet euch ein Mix aus Musik, Theater, Clownerie und Tanz.

Kartenreservierung unter Tel. 0650/92 512 55 oder online auf www.westbahntheater.at

Barbara Zelger

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