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Kunst in Zeiten der Krise

Nach über zweimonatigem Pandemiebedingtem Stillstand beginnt das kulturelle Leben in unserer Stadt wieder aufzublühen. Die „Kunsttempel“ wie die TIROLER LANDESMUSEEN mit ihren fünf Häusern oder die Kunsthalle Tirol – ehemals Galerie im Taxispalais haben wieder geöffnet. Und die Galerie artdepot, ist überhaupt gleich in die Riesengasse der Altstadt in schicke neue Räume gezogen.

Dieses Wochenende eröffnete der Kunstraum mit einer neuen Ausstellung.  Wenn man die Auswahl der ausstellenden Künstler/innen mit der Corona-Pandemie in Verbindung bringen will, etwa mit der Symbolsprache ihrer Kunst, dann kann man doch beim einen oder der anderen „Zeitgemäßes“ finden. Etwa in der Kreuzskulptur, die Bischof Hermann Glettler in der neuen artdepot-Galerie geschaffen hat. Kleine Kreuze, die von Sargdeckeln stammen, die im Krematorium beim Verbrennen der Toten wieder von jenen abgenommen wurden um hier in einer skulpturalen Form zu einer neuen Form zu finden. An der Wand befestigt würde man sich das sakrale Kunstwerk vielleicht auch in rotierender Form vorstellen können, mechanisch angetrieben ein Gottesrad oder Schicksalsrad abgebend.

Mario Dalpras filigrane Schönheiten könnten uns wieder an die Zerbrechlichkeit des Lebens gerade in Zeiten der Seuche gemahnen. Der Karfreitagsakt von Peter Raneburger reißt Fragen nach Schönheit und Leid abseits von den Produkten und Idealen der Schönheitsindustrie an. Und in Alois Schilds Vierfachkapriole könnte man eventuell ein Symbol für das Covid-19- Virus sehen. So könnte es vielleicht aussehen, würde es den Nanobereich verlassen. Oder hieße das doch, die Kunst ein wenig überinterpretieren?

Das sind nur wenige Beispiele der sehenswerten Ausstellung, die die Galeristin Birgit Fraisl in ihrer neuen Galerie in der Riesengasse präsentiert. Schöne Räume in einem alten gotischen Haus, wo die Kunst auch gut zur Geltung kommt. Da kann man für die Zukunft nur viel Erfolg wünschen.

Eher schwer zugänglich finde ich die zurzeit in der Kunsthalle Tirol im Taxispalais ausgestellten Siebdruckarbeiten der amerikanischen Künstlerin Corita Kent. So etwas wie spirituelle Pop-Art könnte man die ausgestellten Arbeiten bezeichnen. Die Künstlerin versuchte mit ihrem Werk mit den damals modernen graphischen Mitteln ihre Botschaften für den Frieden und soziale Gerechtigkeit einzusetzen. Sie lebte dreißig Jahre lang als Nonne und setzte sich für die Integration moderner Kunstmittel auch in der Kirche ein. Man muss das dicke Ausstellungsheft zur Hand nehmen und damit die einzelnen Arbeiten durchgehen, um so in den Kosmos der Künstlerin eintauchen zu können. Es werden aber auch Führungen vom Team der Kunsthalle angeboten. Deren Termine man über die Homepage der Kunsthalle Tirol abfragen kann. Leider wollte der Rezensent gestern an einer solchen teilnehmen, hatte alelrdings vergessen, sich rechtzeitig anzumelden, was coronabedingt jetzt notwendig ist.

Geradezu als Eye-Catcher geben sich dagegen die großformatigen Bilder der in Innsbruck lebenden taiwanesisch-österreichischen Malerin Ina Hsu, die seit diesem Wochenende im Innsbrucker Kunstraum ausgestellt sind. Das Animalisch-Tierische hat es Künstlerin angetan. Es ist die Sehnsucht nach einer harmonischen Tier-Mensch-Beziehung, die sich die Künstlerin da nicht ohne Ironie zurechtgemalt hat.

Unser Verhältnis zur Natur hat ja gerade in diesen Zeiten der noch nicht überstandenen Pandemie und ihrem tierischen Ursprung des Virus in vielen Diskursen Eingang gefunden, eine völlige Neudefinition desselben wird immer wieder angedacht und von vielen als Gebot der Stunde empfohlen. So gesehen ist diese Ausstellung wohl zum rechten Zeitpunkt gekommen, um unseren Blick auf das Tier und seinen natürlichen Lebensraum zu reflektieren. Eine von der neuen Kunstraumleiterin Ivana Marjanovic liebevoll geschriebene Ausstellungsbroschüre informiert über Intentionen und Hintergründe des Schaffens der Künstlerin und kann als gute Einführung in deren Bilderkosmos gelesen werden.

 

Helmut Schiestl

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