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Kunst als Sozialtapete

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Olaf Metzel im Kunstraum Innsbruck

Ein bedeutender Deutscher Gegenwartskünstler stellt zurzeit im Kunstraum Innsbruck aus. Olaf Metzel, dessen Werk man als spröde und sicher nicht so leicht zugänglich bezeichnen könnte.

Sind es doch meistens Interventionen im öffentlichen Raum, Mauern, von denen der Verputz abgehackt wurde und die so ihre „Verwundungen“ zeigen. Es geht um politische Befindlichkeiten, ausgedrückt etwa in Symbolen des Nationalsozialismus, mit denen etwa ein noch bis weit in die siebziger Jahre hinein ein bruchloses Denken ausgedrückt werden soll. Bruchlos nämlich im Bezug auf den eben erst als überwunden geglaubten Faschismus, der sich aber immer noch in den Köpfen sowohl der damals Herrschenden als auch der von diesen Beherrschten finden lässt, und das in vielen Fälle leider immer noch tut.

Eine Kunst, die Fragen stellt. So etwa den der Künstler anlässlich der Fußball-WM 2006 in Nürnberg aus lauter ausgedienten Stadionsstühlen zusammengebaute Skulptur, mit der er den dortigen „Schönen Brunnen“ sozusagen umhüllt hatte, sehr zum Leidwesen der Bewohner/innen, die ihren Schönen Brunnen durch diese künstlerische Intervention verschandelt sahen, was zu heftigen Reaktionen geführt hatte.

Etwas, was der Künstler ja wohl beabsichtigte, indem er etwa den Finger auf offenen Wunden legt, und den Wohlfühlraum mit alter und meistens nicht mehr die Gegenwart und jüngere Geschichte reflektierender zum „Ästhetikum“ geronnener Kunst, aufbricht und oft auch neu verortet.

Alles das, was den sogenannten „sozialen Raum“ bildet, ist Gegenstand der künstlerischen Intervention, ist Ausdruck des Disputes, der geistigen und auch verbalen Auseinandersetzung mit den Bewohnerinnen und Bewohnern einer Stadt. Und meistens nicht ohne Rückblende auf die Vergangenheit und die Zeitgeschichte.

So nahm der Künstler auch an den großen internationalen Kunstausstellungen wie etwa der documenta 8 in Kassel oder der Skulptur.Projekte im westfälischen Münster teil.

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Was nun die Ausstellung im Kunstraum betrifft, so ist diese einmal sehr reduziert, sie besteht einmal aus einer Sozialtapete, einem aufgerissenen Wandteil, der sich auf eine Arbeit aus den Achtziger Jahren bezieht, wo es darum ging, einen damaligen Berliner Innensenator aufgrund seiner rassistischen Aussagen über Türkische Gastarbeiter zu hinterfragen bzw. sich eben mit diesen künstlerisch auseinanderzusetzen. Nur wirkt diese Arbeit im sterilen Galerieraum doch etwas hilflos und fordert kaum zu einer kritischen Reflexion heraus.

Ein Umstand, der Kunst, die einmal für den Öffentlichen Raum geschaffen wurde, und zwar nicht nur aus Behübschung oder Verschönerung, sondern als Denkanstoß, als Provokation, und hier auch der öffentlichen Auseinandersetzung standhalten musste, im Galerieraum ihrer kritischen Potenz verlustig geht und hier nur mehr als Dokumentation wirkt. Als solche funktioniert die Ausstellung für mich auch. Dasselbe kann auch über die in Anlehnung an Marcel Duchamps Urinal gestaltete Wand, Milieufragen benannte Skulptur gesagt werden, die sich kritisch mit den Geschlechterrollen auseinandersetzt. Mehr die Sinnlichkeit geht vielleicht noch am Ehesten von der Arbeit Frauen putzen besser aus.

Eine Arbeit aus dem Jahre 2002, die sich auf einen Artikel in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG bezieht, der sich mit dem Putzverhalten von Frauen aus wissenschaftlicher Sicht beschäftigte .Zu sehen sind dabei  überdimensionale, an die Decke und die Wände gespießte Putzutensilien. Ihren Charme bekommt diese Arbeit aber eben aus ihrer Platzierung im kleinen Raum der Galerie,

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Ein Besuch der Ausstellung lohnt sich aber auch nicht zuletzt wegen der dort zur Ansicht aufliegenden Bücher und Kataloge, in denen das Werk Metzels, wie es in den verschiedenen deutschen Städten als „Kunst im öffentlichen Raum“ zu sehen ist oder zu sehen war, nachvollzogen werden kann. Und hier funktioniert diese Kunst auch ganz anders, dort ist sie zum Teil Provokation, zum Teil aber auch Schönheit für diejenigen, es sehen können und wollen, zumindest offen sind für Neues, noch Un(vorher)gesehenes.

„Kunst ist der einzige Freiraum zwischen Knast und Klapsmühle, d.h. man hat alle Möglichkeiten, die sich einem bieten, und man soll sie exzessiv nutzen.“ Dieses Zitat Olaf Metzels trifft seine Intention, Kunst aus den hehren Räumen der Museen und Galerien wieder hinaus ins Leben zu bringen. Wo das Spannungsverhältnis der Rezipienten mit ihr ganz ein anderes ist als eben in den „geschützten Räumen der Museen und Galerien.

Was natürlich auch eine allemal spannende Frage wäre, würde über diese Kunst in öffentlichen Räumen per Volksentscheid abgestimmt werden, hätten es solche Werke wie eben die von Olaf Metzel wohl sehr schwer. Nichtsdestotrotz ist eine Auseinandersetzung mit ihnen sehr wichtig und auch zumindest für die unumgänglich, für die Kunst mehr ist als der Mehrwert einer Aktie.

Auch ein Katalog ist zur gegenwärtigen Ausstellung eben erschienen und kann im Kunstraum erworben werden.

Noch bis 28. März 2015.

Fotos: Helmut Schiestl

Helmut Schiestl

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