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Kriegsrelikte II: Fliegeralarm!

Oft begreifen Menschen die Konsequenzen ihres Handelns erst, sobald sie von diesen selbst betroffen sind. Oder dieselben Mittel gegen sie selbst zum Einsatz kommen. Viele TirolerInnen waren begeisterte NationalsozialistInnen – eingepfercht zwischen „Dritten Reich“ und einem Italien unter Benito Mussolini.

Der Dezember 1943 war wohl der schlimmste, den Innsbruck je erleben musste. Die Alpenfestungsstadt musste verstehen, dass wer Wind sät, den Sturm zu ernten hat. So kam es, dass eine der grausamsten Errungenschaften des deutschen Blitzkrieges – der industrielle Angriff aus der Luft – sich gegen seine UnterstützerInnen wandte. Die strategisch wichtige Brennerroute geriet ins Visier des allierten Widerstandes und die Bahnwege bzw. Bahnhöfe entlang des Brennerüberganges wurden systematisch ausgebombt bzw. zerstört. Der eine oder andere „Kollataralschaden“ wurde gerne in Kauf genommen und war mitunter Antwort auf das Flächenbombardement von London und gegen die englische Zivilbevölkerung. (Foto: Soldatendenkmal St. Nikolaus)

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Ein noch bestehendes Erbe sind Sirenen, welche über die ganze Stadt verteilt, auch heute noch jeden Samstag 12.00Uhr in schrillem Ton das Wochenende ankündigen, Feuerwehren alarmieren, aber auch allgemeinen Katstrophenalarm signalisieren.

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Zur damaligen Zeit bedeutete das heulende Horn: „Fliegeralarm“. Wurde dieser ausgelöst blieben den Menschen meist nur wenige Minuten od. Sekunden um sich in irgendeinen schützenden Unterstand zu begeben und ihr nacktes Leben zu schützen. Zu diesem Zweck trieb die Wehrmacht Stollen in Felsen, oder versuchte Keller zu befestigen. Der „Luftschutzbunker“ war die letzte Hoffnung der gepeinigten Bevölkerung. (Fotos: Bunker Innstraße, Sillschlucht)

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Im Großraum Innsbruck gab es circa 20 solcher Bunker mit unterschiedlicher Tiefe und Fassungsvermögen. Diese Stollen sind heute weitgehend im Besitz der BIG (Bundesimmobiliengesellschaft) und allesamt gesperrt, oder zur kreativen Nachnutzung freigegeben – z.b. für Champignonzucht.

Früher oftmals an Häuserfassaden zu finden, heute nur noch vereinzelt, aber für Unwissende umso irritierender, wenn weiße Pfeile an einer Fassade oder Hauseingängen aufgetragen sind. Diese Pfeile markierten einen „Luftschutzkeller“ – Noch heute z.b. im Pradler Saggen, Hötting usw. zu bestaunen.

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Was bleibt?

Für die meisten ist diese Dunkelste aller Zeiten nur noch ein Schwarz/Weiß-Filmchen in dem ein schnauzbärtiger Choleriker die Massen beschreit.  Für andere ist die Gefahr des rachsüchtigen, neidischen und gewalttätigen Tieres in uns allgegenwärtig.

Aktuelle Entwicklungen lassen den Schluss zu, dass der Mensch aus der Geschichte nichts lernt, zumindest nicht aus der kollektiven – maximal aus der eigenen.

Doch ist es notwendig, dass erst jeder Einzelne, jede Generation – das Grauen des Krieges erfährt, um zu begreifen das dies nicht der Weg der Menschheit sein kann? Frieden ist ein Bemühen – ein Bemühen das jeden Tag hart erarbeitet werden muss!

Die Inschrift am Gedenkstein lautet: „O Mensch steh still, bedenk es Gut – in Deiner Hand der Friede ruht!“

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In diesem Sinne

Friedliche Weihnacht und Guten Rutsch – 2015!

LG, Martin Kapferer

 

Fotos: Eigenproduktionen (Soldatendenkmal St. Nikolaus, Bunker Innstraße/Sillschlucht, Fassadenmarkierungen Saggen…)

P.S: Historisch/wissenschaftliche korrekte Publikationen gibt es zuhauf und Interessierten sei das Institut für Zeitgeschichte der Uni Innsbruck ans Herz gelegt.

 

Martin Kapferer

5 Comments

    • …Es gibt sicher umfangreichere, besser recherchierte und wissenschaftlich einwandfreiere Publikationen – aber die Verquickung/Aktualität mit den „Resten“ vllt. nicht in dieser Form – und soll nur ein bloggender Anstoss für evt. angehende, jüngere Studierende der Zeitgeschichte sein… 😉

    • Hallo Hr. Duregger – danke fürs Feedback…die Fotos wurden einfach „eingefangen“ und bilden zu 100% Realität ab. Sollten sie näheres Interesse haben kann ich ihnen die Orte gerne zielgenau bekannt geben…

  1. sg herr kapferer,
    ich suche diverse alte fotos zur illustration eines buches, das aus interviews von älteren mitbürgern besteht.
    kann ich eines oder mehrere ihrer fotos verwenden, wenn ich sie als quelle angebe?

    danke
    edith

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