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Isst du noch oder dinnierst du schon?

_MG_7404Auf den Herdplatten köchelts, die Teller stehen bereit, in den Räumen der Pradler Schutzengelkirche in der Gumppstraße 67 werden Tische und Stühle zurecht gerückt. Zwei Mal pro Woche, mittwochs und freitags ab 19 Uhr, hat dort der Dinnerclub seine neue Heimstätte gefunden. Zuvor war der Dinnerclub im nun geschlossenen (und hoffentlich bald neu gebauten) Integrationshaus der Caritas untergebracht.
Heute kochen Menschen aus dem Flüchtlingsheim Kleinvolderberg auf. Im Dinnerclub kann es schon mal syrisch, somalisch, ugandisch oder auch bodenständig tirolerisch hergehen. Das Ziel ist jedes Mal das gleiche: Menschen zueinander bringen – auf dass ein bisschen Geld für KöchInnen oder diverse Projekte zusammen kommt.

Dinnerclub 020216 c Niewo„Wir haben keine Gabeln mehr!“ „Wo sind noch mehr Suppenschüsseln?“ „Wer hat fürs Getränkekammerl den Schlüüüsssssel?“ Dieses und Ähnliches mag einem Gastro-Profi ein müdes Lächeln abringen, doch im Dinnerclub ist alles ein bisschen anders: Es geht etwas langsamer, entschleunigter zu. Die ehrenamtlichen HelferInnen kommen oft frisch aus der Arbeit in den Dinnerclub-Dienst. Die Suppe kann auf dem Weg zum Tisch schon mal essfertig abkühlen – doch es ist dies und noch so vieles mehr das Erfolgsgeheimnis des Dinnerclubs: es geht vielleicht nicht immer hoch professionell zu, es passieren manchmal Pannen (dass einem, wie das mir passiert ist, beim eiligen Servieren ein kleines Mädchen mit Karacho auf Kniescheibenhöhe „begegnet“ und das volle Tablett am Boden landet), aber: es menschelt. Und es menschelt sehr.

_MG_7447Die Suppe muss raus. Gut 100 hungrige Mäuler gilt es heute zu verköstigen. Dann eine Frage, die man in einem Haus des Glaubens nicht so laut stellen sollte: „Gibt es einen zweiten Schöpfer?“ Doch apropos Glauben: der spielt beim Dinnerclub eigentlich keine Rolle. Ja, der Dinnerclub war und ist ein Projekt der Caritas der Diözese Innsbruck. Doch seit seiner Gründung vor 15 Jahren ist es das Ziel des Dinnerclubs, Menschen aus allen Glaubensrichtungen ebenso wie „Ungläubigen“ einen Platz zum Z’ammkommen zu bieten. Der Dinnerclub ist ein Ort, an dem für einen Abend lang alle gleich sein dürfen: der Landesbeamte sitzt neben dem ehemaligen Lehrer aus Aleppo, ein junger Sudanese neben einem Banker aus dem Tiroler Unterland.

Mit 5 Euro Unkostenbeitrag für’s Essen ist der Dinnerclub auch für jeden und jede leistbar.
Und so soll es auch bleiben:
JedeR, der oder die per Essen etwas Gutes tun will, soll die (finanzielle) Möglichkeit dazu haben. Und jedeR, der und die kommt, ist über diesen Unkostenbeitrag einen Abend lang „Mitglied“ im Dinnerclub – der Dinnerclub wird so zur offensten „Geschlossenen Gesellschaft“, die es gibt.

Suppenteller abräumen, Geschirrspüler einräumen, Hauptgang raus: Falafel mit diesem Salat, von dem man nie genug bekommen kann. Den „Mitgliedern für einen Abend“ schmeckt’s hervorragend, nur die Live-Musik lässt zu wünschen übrig. Weil es sie nicht gibt. Stattdessen wird auf Deutsch, Englisch und anderen Sprachen miteinander geredet und gelacht. Für mich als Sprachverliebten ein Erlebnis. Wie heißt’s: Mitm Redn kemmen die Leut zamm.

_MG_7435Zum Abschluss, nach kurzer Präsentation des Koch- und HelferInnenteams sowie Eröffnung einer wirklichen sehenswerten Vernissage von Tammam Hammoud dann noch der Schrecken jedes Dinnerclubs: die Nachspeise. Die Damen zieren sich, die Herren opfern sich. Und kein Schnapserl zur Hand. Dafür noch mal ein Berg Teller für die Geschirrspülmaschine, die ohne Pause läuft. Und es läuft wie geschmiert. Kein Murren, kein Jammern.

Denn: Der Dinnerclub ist anders. Vielleicht langsamer. Bestimmt entschleunigter.
Ganz sicher aber menschlicher.

Mehr Info zum Dinnerclub, Reservierungen, Koch- HelferInnen- oder Sponsorenangebote via http://www.caritas-integrationshaus.at/dinnerclub/

Alle Fotos (c) Niewo.

Markus Koschuh

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