Auch im Westen Innsbrucks befinden sich einige interessante neuer Kirchenbauten, nicht zuletzt hat sich die Stadt ja auch in diese Himmelsrichtung ausgebreitet, und wo neue Stadtteile entstehen, befinden, ist auch Bedarf nach neuen Sakralbauten.
Die Pfarrkirche zum Guten Hirten im Westen Innsbrucks, die viele hier vielleicht gar nicht kennen, oder höchstens wegen ihrer gestauchten Turmkonstruktion – die letztlich aber dem nahe gelegenen Flughafen geschuldet war, in dessen Nähe keine Gebäude höher als 18 Meter sein dürfen – wollen wir uns heute widmen. Da man mit dem Bau zu der Zeit, als diese Verordnung in diesem Sinne geändert worden war, schon weit fortgeschritten war, kaufte die Flughafenleitung den Turm kurzerhand und „stutzte“ ihn sozusagen auf das erlaubte Maß zurecht. Ein kleiner Schildbürgerstreich, dem der Kirchenbau aber vielleicht gerade dadurch seine charakteristische Haube verdankt, die man als Schwesternhaube – also Assoziation zum nahegelegene von Josef Lackner errichteten Ursulinenkloster – oder eben auch als Anlehnung an ein Flugzeug sehen kann.
Als die Kirche errichtet wurde, war man darüber natürlich erst mal verärgert, wie auf diese Weise ja auch der Bau im Sinne des Architekten – es handelt sich dabei um den 1914 in Meran geborenen Karl Haas, der in München studiert hatte und eine Zeit lang Mitarbeiter bei Lois Welzenbacher war, ehe er ab 1951 selbständig für den Wohn- und Siedlungsbau tätig war und an der Höheren Technischen Lehranstalt unterrichtete.
Der Grundstein für die Kirche wurde bereits 1957 gelegt, nachdem bereits in der Zwischenkriegszeit Geld für eine Kirche in diesem Gebiet gesammelt worden war. Der Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg hatten diese Pläne vorerst zunichte gemacht und nach dem Krieg wurde dann erneut begonnen, für diesen aufstrebenden Stadtteil in den frühen fünfziger Jahren vorerst eine Notkirche zu bauen. Ehe dann eben in einem Architektenwettbewerb Karl Haas mit seinem Projekt mit der Ausführung betraut worden war.
Der sechseckige frei überspannte und nur mit vier dünnen Stahlsäulen getragene Bau wirkt sehr luftig und leicht, wozu nicht zuletzt die großen hellen Fenster beitragen. Der schmucklose bühnenartige Altarraum, der nach oben durch eine sich nach vorne neigende Faltendecke geschlossen ist, wird im Osten durch einen Vorhang abgegrenzt, der den dort zelebrierten liturgischen Handlungen etwas Theatralisches verleiht, so könnte es zumindest ein nicht gläubiger Mensch sehen. Der Hochaltar selbst besteht lediglich aus einer einzigen Marmorplatte, worauf der Tabernakelschrein nach Entwürfen des Schwazer akademischen Bildhauers Fred Hochschwarzer steht. Die großen Fenster wurden von der Kitzbühler Bildhauerin Hanna Koller entworfen. Sie zeigen hellfarbene Pflanzenornamentik, durch die sich die die Kirche umgebenden Berge abzeichnen, was der Kirche einen guten Gesamteindruck vermittelt.
Nicht unerwähnt bleiben sollten auch die großen Kreuzwegbilder des Berliner akademischen Malers Friedrich, auf denen Jesus eher alt aussieht, was vielleicht eher der Intention geschuldet ist, in ihm den Menschen neben uns zu sehen, als der real existiert habenden Person. Sie wirken jedenfalls sehr dramatisch und einnehmend, nicht zuletzt wohl, weil sie die biblische Botschaft in das Jetzt übertragen und so einen guten Kontrast zur lichten abstrakten Architektur abgeben.
Quelle: Norbert Moeller: Moderner Kirchenbau im Raum Innsbruck seit 1945. – Veröffentlichungen des Innsbrucker Stadtarchivs, Band 14. Innsbruck, 1983.
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