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Innsbruck, deine Plätze … Pradler Platz

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Unsere Platzwanderung zieht uns wieder mal nach Pradl. Mit über 30.000 Einwohnern Innsbrucks größtem Stadtteil . Sein Namen rührt wahrscheinlich vom lateinischen Wort, predele, her, was eine Bezeichnung für ein landwirtschaftliches Gut ist und erstmal 1173 urkundliche Erwähnung fand. Andere Deutungen gehen auf den romanischen Begriff Pratum zurück, was für eine Wiese stehen würde. Das Dorf Pradl entstand jedenfalls aus einem den Grafen von Andechs gehörenden Gutshof, der in der Nähe der späteren Sillbrücke gelegen war.

Um 1600 entstand daraus eine Brückensiedlung, die ursprünglich zur Gemeinde Amras gehörte. Aus dem ursprünglichen Bauerndorf war dann mit dem Aufkommen der Industrie und der Eisenbahn im beginnenden 19. Jahrhundert ein rasch expandierender Stadtteil geworden, der als solcher 1904 Innsbruck eingemeindet worden ist

Auch wenn Pradl über weniger alte historische Bauten verfügt wie etwa Wilten mit seinen beiden großen Kirchen und dem Stift oder Amras mit dem Schloß Ambras, so hat dieser Stadtteil doch einiges Sehenswertes zu bieten, vor allem wirkt er durch seine Abtrennung durch die Eisenbahnlinie vom Kern Innsbrucks fast wie eine andere Stadt. Und das Vorhandensein von noch vielen kleinen Läden,vor allem in der Pradler Straße, erinnert mich immer wieder ein wenig an Wien und seine um den Ring gruppierten Bezirke mit ihren alten Geschäften, so dass ich Pradl für mich schon als Klein-Wien bezeichnet habe.

Nun in Pradl haben wir uns ja schon vor einigen Monaten mit dem Leipziger Platz beschäftigt, der auch wirklich ein Platz ist, sozusagen das „Portal“ für den Stadtteil Pradl.

Der Pradler Platz hingegen, dem wir uns heute zuwenden wollen,. macht zumindest auf den ersten Blick nicht viel her. Ja eigentlich ist es gar kein richtiger Platz, viel eher eine Art städtebaulicher Zwischenraum, der einerseits von der neuromanischen Pradler Pfarrkirche und andererseits dem Bau der Leitgebschule – benannt nach dem Schriftsteller Josef Leitgeb – ausgefüllt wird. 1905 wurde diese Schule vom Architekten A. Ringler errichtet, dem Innsbruck auch den schönen fast sakral anmutenden Bau der Handelsakademie verdankt. Und so treten diese beiden fast gleichaltrigen Bauwerke in einen geschwisterlichen Dialog und prägen somit diesen Platz, der im Nordosten noch von einer hübschen Grünanlage abgeschlossen wird.

Die den Platz dominierende Pradler Pfarrkirche wurde in den Jahren 1905 – 1908 nach Plänen vom Nürnberger Baumeister Josef Schmitz im Neuromanischen Stil errichtet. Neben einer Kopie des berühmten Mariahilfbildes von Lukas Cranach im Innsbrucker Dom beherbergt die Kirche gemäßigt moderne Kunstwerke vorwiegend aus der unmittelbaren Nachkriegszeit von Hans Buchgschwendtner. Interessant ist auch der der blau gerahmte Deckenhimmel, der dem Langhaus einen fast surrealen Touch verleiht. Schon aus diesem Grund lohnt sich ein Besuch!

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Die den Platz grenzende Pradlerstraße, war ehemals ein „Fürstenweg“, der später zur Straße ausgebaut wurde. Interessant an ihr ist, dass sie in ihrem nördlichen zur Sill hinführenden Teil eher noch bäuerlichen Charakter hat, während sie in ihrem südlichen Teil städtisch ist, mit einigen typischen Gründerzeithäusern und eher schlichten Wohnbauten aus der Nachkriegszeit. Beachtenswert ist z.B. das Haus Pradlerstraße 31. Im Stil der Neuen Sachlichkeit in den Dreißiger Jahren errichtet, wurde es im Zweiten Weltkrieg durch Bomben schwer beschädigt und in den fünfziger Jahren wieder aufgebaut. Seine Erker tragen Steinreliefs mit pittoresken Heiligendarstellungen, die die Fassade auflockern und einen interessanten Blickfang abgeben.

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Das Haus Nr. 38 trägt schöne Fresken des in Pradl ansässig gewesenen Malers Rafael Thaler, der von 1870 bis 1947 lebte und viele Tiroler Kirchen mit seinen Fresken austattete. Die auf diesem Haus zeigen einen etwas grimmig dreinschauenden Weinhändler und eine die Malerei verkörpernde Muse.

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Wenn wir die Pradler Straße weiter Richtung Norden hinuntergehen, gelangen wir schließlich in das noch erhaltene sogenannte Alt-Pradl. dort, wo wir noch den Charakter des ehemaligen Dorfes erkennen können.

Das Brückenplatzl etwa wird von ein paar alten ehemaligen Bauernhäusern gebildet, die den Charme dieses alten Stadtteils noch erhalten haben, und die man fast als „Herz von Altpradl“  bezeichnen könnte.

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Reizvoll ist etwa das Hotel Altpradl, ein typisch spätgründerzeitlicher historistischer Bau mit einer Neorenaissancefassade und den für den Historismus typischen Dreiecksgibeln

Direkt am Brückenplatzl steht auch noch eine Figur des Heiligen Nepomuk von Innsbrucker Bildhauer Franz Roilo, von dem die Kopien der Reliefs am Goldenen Dachl stammen, deren Originale schon lange im Tiroler Landesmuseum aufbewahrt werden.

Quellen: „Die profanen Kunstdenkmäler der Stadt Innsbruck Außerhalb der Altstadt“. Bearb. von Johanna Felmayer. Schroll Verlag. Wien 1981.

Gertrud Pfaundler-Spath : Tiroler Lexikon.. Studien Verlag, Innsbruck 2005.

Helmut Schiestl

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