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Innsbruck, deine Plätze … Haydnplatz

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Wieder mal zieht es uns bei unserer Plätzewanderung hinunter in den schönen Saggen. Dort gibt es ja einige schöne und stilvolle Plätze wie etwa den Claudiaplatz mit dem markanten Gebäude der Bundesbahndirektion, dem wir uns ein anderes Mal widmen wollen, oder den Martin-Luther-Platz der schon vor einigen Monaten in diesem Forum eine Besprechung erfahren hat.

Wenden wir uns heute dem Haydnplatz zu, der seinen Namen einem der bekanntesten österreichischen Komponisten aus der Klassik verdankt, so wie im Stadtteil Saggen ja viele Straßen nach Komponisten und Schriftstellern benannt sind, wohl eine Tradition der Spätromantik folgend, in der dieser Stadtteil ja in seiner heutigen Form entstanden ist.

Ob Josef Haydn, nach dem der Platz benannt ist, jemals in Innsbruck weilte, entzieht sich meiner Kenntnis, er stammte ja aus Niederösterreich, weilte längere Zeit in London und verdingte sich längere Zeit als Hofkapellmeister beim Fürsten Esterhazy in Eisenstadt, ehe er selbständig wurde und im für Tirol so geschichtsmächtigen Jahre 1809 nach einem sehr erfolgreichen Schaffen, in Wien verstarb. Neben vielen schönen Orchesterwerken wie Sinfonien, Oratorien und Kammermusiken verdankt im Europa eine seiner schönsten Nationalhymnen, die ehemalige österreichische Kaiserhymne, die eigentlich Teil des sogenannten „Kaiserquartetts“ ist und jetzt als Hymne Deutschlands firmiert. Was wenigere wissen, ist, dass er auch eine Oper „Die Welt auf dem Monde“ geschrieben hat, noch lange vor Georges Méliès’ Stummfilmklassiker „Die Reise zum Mond“.

Benannt wurde der Platz erst in den Fünfziger Jahren nach dem österreichischen Komponisten, nachdem das bereits in den dreißiger Jahren von der Stadtgemeinde beschlossen worden war. Aber damals war der Platz wahrscheinlich noch zu wenig repräsentativ, stammen doch viele seiner Gebäude doch erst aus der Zeit der Zwanziger und Dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Vorher war es eine ziemlich freie Fläche, die selbst noch während und nach des Zweiten Weltkrieges als Kartoffel- und Krautacker genutzt worden. war.

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Die schöne Grünanlage, die ein Brunnen mit einer hübschen Mädchenfigur des Bildhauers Hans Plangger ziert, und zum Teil als Kinderspielplatz verwendet wird, umrahmen teils recht schöne Häuser aus der Gründerzeit, dem sogenannten „Heimatstil“, die man in vielen Straßenzügen Saggens, aber auch Pradls und Wiltens finden kann. So kennzeichnen die Häuser an der Nordseite – die Häuser Haydnplatz 1 und 2 – noch die Anfänge der Bebauung aus den Jahren 1910, während dann der Erste Weltkrieg der Stadtentwicklung vorerst mal ein Ende setzte, und diese sich dann erst in den frühen Zwanziger Jahren mit durchwegs interessanten Bauten fortsetzen konnte.

Auch eine Kirche war hier mal geplant, diese hätte ursprünglich den Platz in westlicher Richtung abschließen sollen, ihr Bau kam dann aber – infolge der nationalsozialistischen Machtergreifung nicht mehr zustande. Die etwas weiter südlich in der Erzherzog-.Eugen-Straße gelegene Liebfrauenkirche, die heutige Pfarrkirche von Saggen, wurde ja erst in den Jahren 1964-67 errichtet. Ein ziemlich schmuckloser Betonbau, wie er für diese Zeit charakteristisch ist.

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Vielleicht lässt sich gerade am Haydnplatz die Zäsur der NS-Zeit und des Zweiten Weltkrieges für die Stadtentwicklung aber auch für ihre Geschichte gut beobachten.

Da wäre einmal das Haus Haydnplatz Nr. 8 Es wurde nach Plänen des bekannten Innsbrucker Architekten Franz Baumann, dem Innsbruck unter anderem die Bergstation Hafelekar sowie die Stationsbauten der Nordkettenbahn, und die Universitätsbrücke verdankt errichtet, ist ein schöner Bau mit einer aufgelockerten Fassade und großen Fenstern, der doch Zeugenschaft für eines der dunkelsten Kapitel der neueren Geschichte Innsbrucks trägt. Wurde hier doch der Innsbrucker jüdische Geschäftsmann Alfred Graubart in der sogenannten Reichskristallnacht im November 1938 von Nationalsozialisten schwer misshandelt, während nur unweit davon, in der Gänsbacherstraße 5, in derselben Nacht sein Bruder Richard Graubart von den Nazis brutal ermordet wurde.

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Nicht unerwähnt bleiben darf bei Besprechung dieses Platzes natürlich seine soziale Komponente die hier Haydnplatz 5 heißt. Ein Gebäude, das früher das Innsbrucker Sozialamt beherbergte, in dem alle Menschen, die soziale Hilfe brauchten, in langen Gängen warten mussten, ehe ihnen zustehende Hilfe gewährt wurde oder auch nicht. Alles war früher dort untergebracht gewesen, von der Gebührenbefreiungsstelle bis zur „sozialen Intensivstation“, und die Räumlichkeiten vermittelten den Kunden den Eindruck, als „Bittsteller“ dort aufzutreten und der Gnade der Beamten und Beamtinnen vollkommen ausgeliefert zu sein. Das dürfte sich – so hofft der Schreiber dieser Kolumne wenigstens – seit dem Umzug des Sozialamtes in den Neubau in die Ing.-Etzel-Straße wohl verbessert haben.

Verblieben sind an der obengenannten Adresse lediglich noch eine Anlaufstelle für Obdachlose, für ihre Beratung, Schlichtung bei Nachbarschaftskonflikten, Vermittlung ambulanter Dienste, Krisenintervention und medizinische Beratung. Selbst ein „Mittagstisch“ wird hier für Bedürftige angeboten.

Verlassen wir den Platz vielleicht noch mit einem Blick auf das stattliche Eckhaus zur Erzherzog-Eugen-Straße (Haydnplatz 9), als „Beamtenwohnhaus“ im Auftrag des Fabrikanten Enzio Foradori errichtet. Mit Veranden, Balkonen und Steinbalustraden erweckt dieser Bau beinahe den Eindruck eines herrschaftlichen Wohnsitzes und lässt so den Fabrikanten in einem angenehmen Licht erscheinen, für seine „Beamten“ wohl gut gesorgt zu haben, zumindest was die Qualität ihrer Wohnverhältnisse betrifft.

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Helmut Schiestl

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