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In der Waffenhandlung

 

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Hubert ging in die Waffenhandlung und wollte sich eine Waffe kaufen. Er wusste aber nicht, was er sagen sollte. So er vor dem Waffenhändler … und sagte nichts. So schwieg er einfach und tat verschämt, so als wenn er in einen Drogeriemarkt gegangen wäre, um sich Kondome zu kaufen.  Das gefiel dem Waffenhändler gar nicht und er sah Hubert tief in die Augen und fragte ihn, was er denn möchte. Das gefiel wiederum Hubert, und er sagte, dadurch etwas ermutigt, er hätte gern eine Waffe. Ganz leise flüsterte er das. Und darauf fragte der Waffenhändler, ob er denn einen Waffenschein habe. Darauf hielt ihm Hubert einen schon etwas verwaschenen Wisch unter die Nase, in dem etwas von Erlaubnis und Berechtigung zu lesen stand. Der Waffenhändler lächelte ein irgendwie verlegenes Lächeln. Er strich sich prüfend über den Bart und meinte: So einfach ginge das nicht.

Hubert aber fragte den Waffenhändler, was ihn denn von anderen Waffenkäufern unterscheiden würde. Darauf lachte der Waffenhändler ein irgendwie schmutziges Lachen. „Na ja, wie Sie schauen, wie Sie reden, wie unsicher Sie sind.“  Und vielleicht schießen Sie sich am Ende damit gar noch in den eigenen Kopf.“ sagte der Waffenhändler. „Aber mein Kopf gehört mir“, sagte darauf Hubert. Und außerdem würden sich nicht auch andere manchmal in den eigenen Kopf schießen. „Aber nicht aus Versehen“, erwiderte da der Waffenhändler. „Das ist ein Vorurteil“, sagte Hubert. Und nach einer Pause des Nachdenkens: „Kommt die Waffel von der Waffe oder kommt die Waffe von der Waffel?“ Darauf schwieg der Waffenhändler und strich sich erneut den Bart. So schwiegen die beiden eine Weile.

Hubert sagte schließlich: „Es gibt etwas, was beide Dinge verbindet: nämlich besitzt die Pistole bzw. der Revolver im Griff ein Waffelmuster. Und da erhebt sich die Frage: kommt nun dieses Muster von der Waffel und gab so der Waffe ihren Namen oder aber… der erste Waffelbäcker hatte eine Pistole bzw. einen Revolver und dachte sich, ich mache daraus ein Waffeleisen! Und machte daraus dann Waffeln und probierte die Waffeln, und sah, dass sie gut waren und verkaufte dann die Waffeln, nachdem er sie seinen Kindern angeboten hatte und auch diese sie für gut befunden hatten. Das war schon ein ordentliches Ding, das der Waffenhändler da gemacht hatte. Da gab es nun mal keinen Zweifel. Und die Waffeln verkauften sich gut. Und der Waffenhändler machte viele Waffeln und ward bald einmal ein reicher Mann.

Oder aber war die Geschichte vielleicht so gegangen: Der Waffelhändler oder Waffelbäcker besah sich sein Waffeleisen, und meinte, er könne daraus vielleicht auch etwas anders machen. Er nahm also zwei Waffeleisen, gab einen Bolzen, eine Feder und vorne eine Kugel hinein, schweißte sie zusammen, und schoss damit auf seine Frau oder vielleicht auch auf seine Kinder. Und als die Frau bzw. die Kinder tot waren, war der Waffelhändler sehr traurig und dachte bei sich: Da hab ich jetzt aber etwas sehr Schreckliches gemacht. Aber die Nachbarn kamen gleich hinzugeeilt und trösteten den Waffelhändler, indem sie ihm versicherten, dass er soeben eine wunderbare Erfindung gemacht hatte. Und sie kauften ihm gleich ein paar dieser neuen Wunderwaffeln ab. Da war der Waffelhändler wieder getröstet und freute sich auf sein soeben kreiertes Produkt und machte gleich eine Serienanfertigung davon und wurde in weiterer Folge dann sehr reich.“  Da unterbrach der Waffenhändler Hubert erstmal und meinte, wenn er, Hubert, eine Waffe kaufen möchte, dann solle er dies tun, ihn aber mit diesen seinen Spitzfindigkeiten in Ruhe lassen. Das gefiel wiederum Hubert nicht und er verließ das Geschäft, ohne eine Waffe zu kaufen.

Also kam Hubert ohne Waffe nach Hause. Im Grunde genommen hatte er sich nur nicht getraut, eine Waffe zu kaufen. Das sagte er aber niemandem, das gestand er sich nicht einmal selber ein.

© Helmut Schiestl

Helmut Schiestl

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