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Hedda Gabler im THEATER praesent

Hedda Gabler

Von einer sehr spannenden neuen Theaterproduktion ist zu berichten, die derzeit im Innsbrucker THEATER PRAESENT noch bis 21. Juni gezeigt wird.

Dieses sehr rührige und innovative Theater hat sich dabei Henrik Ibsens Hedda Gabler angenommen. Ein Stück, das bereits 1890 – also schon vor weit über hundert Jahren das Licht der Bühne erblickt hat, aber immer noch Gültigkeit hat und so wie viele andere Stücke dieses norwegischen Bühnenautors, der übrigens öfters seinen Urlaub im südtirolerischen Gossensaß verbracht hatte. gespielt wird.

In dem Stück geht es um Hedda, eine junge Frau, die den gelehrten Jørgen Tesmann geheiratet hat und mit ihm von einer längeren Reise zurückgekehrt ist. Jørgen Tesman, ein strebsamer Wissenschaftler, den Hedda aber nur seiner Kariere wegen geheiratet hat und den sie nicht wirklich liebt, schreibt an einem neuen Buch und möchte natürlich auch gerne, dass seine Frau ihm ein Kind schenkt, wozu auch seine Tante drängt.

Da kündigen sich Thea Elvstedt, eine am Lande lebende und mit einem älteren Mann verheiratete Frau und der Kulturwissenschaftler Ejlert Løvborg, mit dem diese eine große Geistesfreundschaft verbindet, an. Die beiden besuchen Hedda, die sowohl Thea als auch Ejlert Løvborg schon lange kennt, und mit ihm in früheren Jahren ein Liebesverhältnis gehabt hat.

Løvborg ist ein Genie, der ebenfalls ein Buch geschrieben hat, seinen „richtig großen Wurf“ aber noch als Manuskript – in der konkreten Aufführung in Form eines USB Sticks – mit sich trägt wie eine schwangere Frau ihr Kind. Und später wird dann auch wirklich in der Auseinandersetzung zwischen Løvborg und Thea vom „gemeinsamen Kind“ die Rede sein, da Thea an der Entstehung dieses noch nicht veröffentlichten Buches zumindest ideell beteiligt war.

Sicher ist das ein bisschen dem Genie- und Musenkult der vorletzten Jahrhundertwende geschuldet, aber seien wir ehrlich, wie oft entstehen Texte, seien sie nun wissenschaftlicher oder belletristischer Natur, nicht im geistigen Austausch mit einer geliebten Person.

Leider hat Løvborg, der früher sehr dem Alkohol zugetan war, und bei einem Fest, das er zusammen mit Heddas Mann besucht, einen Rückfall, und verliert dann eben jenes Manuskript, ein Umstand, der dann zur dramatischen Steigerung des Stückes nicht unwesentlich beiträgt.

Als dritter Mann im Bunde ist dann noch der Richter Brack, der in der Rolle eines sozusagen Allwissenden, der die Verhältnisse der Protagonisten mehr oder weniger gut kennt – schließlich spielt das Stück ja in einer kleinen norwegischen Provinzstadt – den Überblick hat und es geschickt versteht, sich nicht uneigennützig in das Geschehen einzumischen.

Diese Konstellation gibt den weiteren Handlungsverlauf vor, der, so viel sei noch verraten, ein tragisches Ende finden wird. Das Stück spielt innerhalb zweier Tage, und gerade diese kurze Zeitebene macht es daher äußerst spannend und verlangt von den fünf Darsteller/innen sehr viel ab. .

Was nun die Inszenierung im Theater Praesent anlangt, in dem die Darsteller/innen Daniela Bjelobradic, Caroline Mercedes Hochfelner, Benjamin Lang und Max Pfnür unter der Regie von Johannes Gabl eine sehr beeindruckende Leistung zeigen, so würde ich diese als sehr gelungen bezeichnen, schafft sie es doch, das Stück vom Staub der vergangenen Jahrhundertwende zu befreien. So hat etwa der Regisseur das Stück in die Jetztzeit angesiedelt. Man kommuniziert mit i-Phone und Handy, und der „allwissende“ Richter wird mittels Video an die Wand projiziert. Das Manuskript Løvborgs, das dieser schließlich verliert, ist nicht mehr auf Papier geschrieben sondern ein USB-Stick. Ein Regieeinfall, an dem man jetzt vielleicht bemängeln könnte, dass es ja eben in Zeiten der Digitaliserung kaum mehr ein Manuskript bzw. ein Text verloren gehen kann. Aber lesen und hören wir nicht immer wieder von verlorenen oder gestohlenen Laptops und sonstigen elektronischen verloren Datenträgern, aufgrund dessen ganze Romane und Doktorarbeiten schon unwiederbringlich dahin waren? Also geschenkt. Die Aktualität des Stückes scheint mir in dieser Inszenierung jedenfalls gut herausgearbeitet. Die Schauspieler/innen schaffen vor allem in den emotionalen Szenen eine äußerst berührende Dichte.

Die auf das knappste reduzierte Bühne, die natürlich auch den beschränkenden Verhältnissen eines Kleintheaters geschuldet ist, wird in jedem Winkel genutzt. Klebestreifen werden zur Gestaltung des Raumes wie z.B. Fenster verwendet, ein toller Regieeinfall! Der schwarz ausstaffierte Raum, um den herum die Zuseher/innen gruppiert sind, steigert die Spannung und Dichte des Stückes natürlich noch um ein Vielfaches.

Ich habe das Stück letztes Jahr in Wien im Theater in der Josefstadt gesehen. Dort hat es mich, obwohl auf einer großen Bühne gespielt und von hochprofessionellen Schauspieler/innen in Szene gesetzt, lange nicht so berührt als eben in dieser Aufführung.

Also kurz und gut: Große Empfehlung!

Foto: THEATER praesent

Noch bis 21. Juni!

Helmut Schiestl

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