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Glasiger Blick in die Vergangenheit

Die Tiroler Glasmalereianstalt feierte letztes Jahr 2011 ihr 150jähriges Jubiläum. Grund genug für diese Einrichtung, mittels einer schön gemachten Ausstellung im Innsbrucker ZEUGHAUS an diese Einrichtung, die es noch immer gibt, zu erinnern.
Schönes blüht oft im Verborgenen, so auch diese Produktionsstätte gediegenen Kunsthandwerks im Stadtteil Wilten, wo nebenan mittlerweile auch ein nettes Lokal gleichen Namens aufgemacht hat. 1861 gründete der aus einer Innsbrucker Glaserfamilie stammende Albert Neuhauser zusammen mit dem Nazarenermaler Georg Mader – von dem sich mittlerweile wieder zu kunstgeschichtlicher Aufmerksamkeit gekommene Fresken in verschiedenen Tiroler Kirchen befinden – die Tiroler Glasmalerei- und Mosaikanstalt. In einer Zeit, die sich kunstgeschichtlich in einer Art Rückwärtsbewegung befand, wo man die Gotik und Renaissance wiederentdeckte und so auch das Glas in meistens dunklen Farben liebte, im Gegensatz zum hellen Barock etwa.
 
 
In der Gotik war die Glasmalerei ja erst mal richtig zum Einsatz gekommen, um das sakrale Programm der Kirchen mittels schillernden Farben und prägnanten Darstellungen biblischer und heiliger Szenen zu illustrieren.
So ist auch die Ausstellung im Innsbrucker Zeughaus ein Blick in die Vergangenheit, wo eben vor allem die Kirche bedeutendster Auftraggeber dieser Institution war und es immer noch ist. So finden sich neben Glasfenstern aus verschiedenen Tiroler Kirchen, bis herauf in die zwanziger und dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, die diversen Renovierungen und Neugestaltungen der Kirchen in den siebziger und achtziger Jahren weichen mussten und deshalb im Original in der Ausstellung zu sehen sind, nur wenige profane Auftragsarbeiten,
 
Die es dann aber doch historisch-ikonographisch in sich haben. So taucht natürich auch mal Andreas Hofer und die Darstellung des Tiroler Bauern- und Bürgerstandes, wie er in der Zwischenkriegszeit ja auch ausgiebig gepflegt wurde, in der Ausstellung auf. Höchst interessant fand ich auch eine ebenfalls profane Arbeit, die in der Ausstellung zu sehen ist: nämlich die Glasfenster des Trauungssaales im alten Innsbrucker Rathaus, die knapp nach dem Anschluss an Hitlerdeutschland 1938 angefertigt wurden und dort noch bis Anfang der Jahrtausendwende zu sehen waren. Sie zeigen das Programm der Familienideologie des Faschismus. Stramme Soldaten bewachen Mütter mit ihren Kindern.
 
Nichtsdestotrotz fanden die Produkte der Tiroler Glasmalereianstalt reisenden Absatz bis nach Übersee. So befindet sich ein Werk sogar in der Holy Trinity Church in Brooklyn/New York und der St. Joseph Cathedral in Manchester/New Hampshire. Ebenfalls in der Ausstellung vertreten ist eine personifizierte Darstellung des Achensees von Max Spielmann für das Gebäude der TIWAG. Eine Computeranimation des größten Glasfensters, das die Glasmalereianstalt angefertigt hat, das Fenster für die Marienkathedrale in Rostock ergänzen die sehenswerte Ausstellung, wobei die Moderne ein wenig untergeht, lediglich die Tiroler Malerin Chryseldis Hofer-Mitterer ist mit einer Arbeit darin vertreten. Eben doch ein wenig rückwärts geblickt, aber deshalb nicht weniger interessant.
 

www.tiroler-glasmalerei.com/

Helmut Schiestl

2 Comments

  1. die kunst aller epochen war zuerst repräsentation der herrschenden, reklame für ihr system. wer es bezahlen kann, den durchwirkt das licht – die andren sieht man eben nicht.

  2.  Der Beitrag gefällt mir, weil kurz und prägnant. Im Zusammenhang mit der Ausstellung sind mir die (Beton-) Glasfenster in der Kirche MARIA AM GESTADE besonders unter die Haut gegangen. Die "Weiler-Botschaften" bei sonniger Nachmittagsbeleuchtung geben einem , an "tägliche Digital-Schrott-Eindrücke" Gewöhnten,  außerordentlich intensive "Anstöße zum Nachdenken". (So ganz privat für mich)

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