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D.U.D.A

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Ein Film zum Wiederkennen und Wiedererleben läuft derzeit im LEOKino. Der Berliner Filmemacher Malte Ludin hat ein sehr liebevolles Porträt des 2001 verstorbenen Tiroler Jazzmusikers und Komponisten Werner Pirchner gestaltet.

D.U.D.A. heißt der Streifen, der sich um den in den frühen siebziger Jahren entstandenen, die Tiroler Heimattümelei und das Schützenwesen kritisch aufs Korn nehmende, Film Der Untergang des Alpenlandes dreht. Diesen in Rückblenden immer wieder einholt und mit Bildern aus der Gegenwart abklärt.

Dunkel kann ich mich noch an die Uraufführung dieses Films erinnern, der interessanterweise nicht in einem Kino stattgefunden hatte.  Den Cinematograph gab’s damals wahrscheinlich noch gar nicht. Und in D.U.D.A wird die „Uraufführungsstätte“ ja kurz „begangen“, es handelt sich heute um irgendeinen als Keller genutzten unterirdischen Raum. Genaueres erfährt man darüber nicht.

Neben Gesprächen mit Akteuren von damals, Freunden und Weggefährten Pirchners wird die Tiroler Landschaft mit dem Zug bereist, der Schauspieler und Kabarettist Erwin Steinhauer singt als Bahnwärter verkleidet eine herzzerreißend schöne Arie aus der Bühnenmusik  zum Fritz von Herzmanofsky-Orlando-Stück Kaiser Josef und die Bahnwärterstochter, die Werner Pirchner zu dessen Aufführung bei den Telfer Volksschauspielen 1982 geschrieben hat.

Felix Mitterer erzählt noch im Kostüm seiner letzten Glanzrolle, als der „Affe Rotpeter“ aus Kafkas Bericht an eine Akademie aus seinen Jahren mit dem Tiroler Musiker, und der ehemalige Kapellmeister der Bundesbahnmusikkapelle erzählt von den schwierigen Probenarbeiten für ein Stück, das Pirchner für diese Blasmusik geschrieben hat, das war in den späten siebziger Jahren, und die Klangspuren noch weit weg, wo es auch immer wieder spannende Aufführungen von zeitgenössischer Musik durch Tiroler Blaskapellen gibt oder zumindest gegeben hat. Erst im Nachhinein merkt man, wie wichtig diese Versuche waren, hier neues Terrain zu erkunden.

Wobei man sagen muss, dass Werner Pirchner ja weniger ein Avantgardemusiker war, sondern einer, der einen guten Jazz gespielt hat, ehe er sich der sogenannten E-Musik zugewandt hat, und hier große Erfolge erzielen konnte. Man denke etwa nur an Stücke wie Wem gehört der Mensch?, Emigrantensinfonie oder Shalom – um nur einige Stücke zu nennen, oder die Ö1-Signets, die  Werner Pirchner in seinen letzten Lebensjahren komponiert hat . Was ihm bis zu seinem leider viel zu frühen Lebensende geblieben war, ist die Ironie, die sich nicht zuletzt in den Titeln seiner Werke ausdrückt. Wenn es etwa heißt Noten für die Pfoten oder 3 Klare für Klarinette, dann merkt man doch immer wieder, wie da der Schalk im Nacken des Meisters saß, ohne dass dabei aber die Ernsthaftigkeit des Werkes Schaden genommen hätte.

Wer Werner Pirchner noch kannte, und ihn in seinen vielen Interviews hören konnte, weiß um seine Sensibilität vor allem in politischen Dingen, der rückwärts gewandten Optik diverser Wort- und Tatmächtiger in diesem Lande und wie schwer sich das Land mit der Aufarbeitung seiner Vergangenheit bis weit in die neunziger Jahre hinein tat und zum Teil noch immer tut..

Der Film erzählt nicht zuletzt auch mit vielen Rückblenden, wie sehr Tirol sich auch verändert hat, vor allem in den touristischen Gebieten, aber auch wie viel Unberührtes und Naturbelassens es doch auch noch gibt. Sehr berührend auch die Szene, in der der Schauspieler Tobias Moretti davon erzählt, wie Werner Pirchner schon schwer erkrankt, kurzerhand eine Melodika an sein Beatmungsgerät anschloss und  ihr so noch ein paar Töne entlockte. Ein Orpheus, dessen Leben noch bis in seine letzten Atemzüge der Musik gehörte.

Seine damalige Sicht auf das Tiroler Heimatklischee und Nachkriegsmentalität hat dem Land und vor allem seinem Kulturleben auf alle Fälle  gut getan. Auch die Kirche bekam ihr Fett ab, wenn es etwa im Halben Doppelalbum heißt: Mein Gewissen erlaubt es mir nicht, einer Organisation anzugehören, „welche Menschen gefoltert, geviertelt enthauptet“ etc. hat.

Ein Pflichtfilm für alle, die an der kulturellen Entwicklung Tirols der letzten vierzig Jahre interessiert sind, aber wohl auch für alle Musikliebhaber/innen.

Foto: Filmhomepage

http://www.youtube.com/watch?v=Lb-YE45RW6s

Helmut Schiestl

2 Comments

  1. Er war ein Großer! Umso wichtiger, dass diesem liebenswerten Rebell ein filmisches Denkmal gesetzt wurde – ANSCHAUEN!! (auch wenn die Legendenhäkelei mancher Zeitgeisterfahrer ein bisschen nervt)

  2. Mir hat der Film über den Tiroler Ausnahmemusiker sehr gut gefallen, die Beschallung im Leo macht die musikalischen Einlagen um so beeindruckender.

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